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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Feuchtigkeit in der Luft nahm ständig zu.
    » Halt! « Die Stimme klang leise. » Wasser wird dein Feuer löschen, so wie das große Meer des Todes das Leben verschlingen wird, das du kennst .«
    Taliesin atmete schwer, denn die Luft verwandelte sich in Nebel. Im nächsten Augenblick erlosch seine Flamme.
    »So sei es«, keuchte er und hustete. »Wasser löscht das Feuer, und der Tod wird diesen Körper in seine Elemente auflösen. Aber im Wasser ist Luft verborgen, und die Elemente können sich wieder verbinden, um eine neue Flamme zu nähren!«
    Das hatte er als Druide gelernt, doch es fiel ihm schwer, daran zu glauben. Er rang in der Dunkelheit nach Licht und Luft, aber das Wasser füllte ihn. Er sank in die Tiefe, tauchte ein in ein dunkles, traumloses Meer.
    Taliesin hatte nicht erwartet, daß es so sein würde.
    Der Funken Leben, der Taliesin gewesen war, fragte sich, was aus seiner Harfe geworden sei. Er konnte nicht einmal mehr seinen Körper spüren. Er hatte versagt. Man würde vielleicht seinen erstarrten Körper auf dem Tor finden und sich wundern, daß ein Mensch inmitten von Felsgestein ertrinken konnte. Sollten sie sich wundern. Er überließ sich ohne jedes Gefühl diesem fast komischen Gedanken. Taliesin schwebte und hatte nichts dagegen, daß sich an diesem Ort jenseits aller Erscheinungen Wille, Erinnerung, ja selbst sein Bewußtsein allmählich auflösten. Er fand Frieden.
    Er hätte bis ans Ende der Ewigkeit dort bleiben können, wenn nicht die Stimmen gewesen wären.
    » Kind der Erde und des Sternenhimmels, erhebe dich!«
    »Wieso willst du einen zu dir rufen, der mit der Welt und ihren Qualen abgeschlossen hat? Laß ihn sicher in meinem Kessel ruhen. Er gehört durch alle Zeit und Ewigkeiten MIR .«
    Ihm kam es vor, als habe er diese Worte schon einmal gehört. Aber vielleicht täuschte er sich auch, denn damals war es eine männliche Stimme gewesen, die das Licht gebracht hatte.
    » Er hat sich der Sache des Lebens geweiht. Er ist verpflichtet, das heilige Feuer in die Welt zu tragen! «
    Auch das hatte er schon einmal gehört. Aber von wem sprachen die Stimmen?
    » Taliesin, der Merlin von Britannien ruft dich zu sich! « Die Stimme hallte wie ein Gong.
    » Taliesin ist tot «, erwiderte die weibliche Stimme. » Ich habe ihn verschlungen .«
    » Sein Körper lebt, und er wird in der Welt gebraucht .«
    Er hörte mit größerem Interesse zu, denn ihm fiel ein, daß er vor langer Zeit einmal den Namen ›Taliesin‹ gehabt hatte.
    » Er ist gegangen! « rief er. » Sie wollten mehr, als er geben konnte. Nehmt den Körper, den er zurückgelassen hat, und benutzt ihn nach eurem Willen .«
    Es herrschte lange Schweigen. Dann hörte er zu seiner Überraschung das tiefe Lachen eines Mannes.
    » Auch du mußt zurückkehren, denn ich werde deine Erinnerungen brauchen. Laß mich ein, mein Sohn, und fürchte dich nicht ... «
    Die Leere um ihn herum begann sich mit einem starken, goldenen Licht, einer Erscheinung, zu füllen. Taliesin war in der Dunkelheit ertrunken, jetzt brannte er im Schein der aufgehenden Sonne. Die Dunkelheit hatte ihn eingehüllt, doch die Strahlen drangen langsam, aber sicher bis zu seiner Mitte. Er hatte Angst, doch ihm war bewußt, daß er sich bereit erklärt hatte, diese Inbesitznahme zu akzeptieren. In einem letzten Akt der Selbstaufgabe öffnete er das Tor und ließ den anderen ein.
    Flüchtig sah er das Gesicht des Merlin, dann wurden die beiden Wesen eins.
    Der Raum um ihn herum erstrahlte. Der Merlin öffnete die Augen und sah wie durch Wasser hindurch schimmernd und verschwommen das erste rosige Licht des Morgens.

    Sie hatten ihn seit Sonnenuntergang gesucht, als Taliesin nicht zum Abendessen erschienen war. Keines der Boote fehlte, also mußte er sich noch auf der Insel befinden. Es sei denn, seine Leiche trieb irgendwo im Wasser.
    Viviane weinte. Sie machte sich Vorwürfe, und ihr schlechtes Gewissen quälte sie erbarmungslos. Jetzt verstand sie, welche Sorgen er sich gemacht haben mußte, als sie davongelaufen war. Wäre sie ein Barde wie er gewesen, hätte sie versucht, ihn nach Hause zu singen. Aber Taliesins Harfe war mit ihm verschwunden. Das machte ihr Hoffnung, denn selbst wenn er den Tod gesucht hatte, so hätte er niemals zugelassen, daß auch das Instrument zerstört würde.
    Viviane trat aus dem Haus, nachdem sie Morgause noch vor dem Morgengrauen gestillt hatte. Die Fackeln der Suchenden erschienen im Obstgarten. Die Flammen flackerten fahl im ersten
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