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Die heißen Kuesse der Revolution

Die heißen Kuesse der Revolution

Titel: Die heißen Kuesse der Revolution
Autoren: Brenda Joyce
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Kindesbeinen an. Früher war sie in jedem Geschäft und in jedem Salon mit offenen Armen und einem freundlichen Lächeln begrüßt worden. Aber damit war es vorbei.
    Die Revolution in Frankreich und die Kriege auf dem Kontinent hatten das ganze Land gespalten.
    Und nun musste sie auch noch dafür bezahlen, das Pferd in dem Mietstall unterstellen zu dürfen, obwohl die Familie keinen Penny entbehren konnte. Seitdem überall in Europa Krieg herrschte, waren die Preise für Lebensmittel enorm gestiegen, von den Kosten für Kleidung, Holz, Futter und mehr ganz zu schweigen. Zum Anwesen der Greystones gehörten zwar eine gut gehende Zinn- wie eine Eisenerzmine, aber ihr Bruder Lucas hatte den größten Teil der Gewinne gut angelegt, um die Zukunft der Familie zu sichern. Lucas war sehr genügsam, alle in ihrer Familie waren sehr genügsam mit Ausnahme von ihrem Bruder Jack, der so unvorstellbar unbekümmert und waghalsig war, dass er zwangsläufig Schmuggler werden musste. Und er war ein guter Schmuggler. Lucas hielt sich mal wieder in London auf, so nahm sie jedenfalls an. Sie wunderte sich, wie oft er inzwischen nach London reiste. Und so wie sie ihren Bruder Jack kannte, war er vermutlich gerade wieder auf dem Meer und segelte dem Zolleintreiber davon.
    Julianne verscheuchte ihre Sorgen über die unerwarteten Ausgaben für das Pferd ebenso wie die Erinnerung an das unerfreuliche Aufeinandertreffen mit dem Hutmacher. Vielleicht würde sie ihrer Schwester später davon erzählen.
    Sie lief eilig zurück über die Straße, wischte sich den Staub von der Nase und schlug ihre Röcke aus. Die ganze Woche über hatte es nicht geregnet, und alle Wege waren unfassbar staubig. Ihr Kleid war nicht länger elfenbeinfarben, sondern staubbeige.
    Während sie sich dem Schild neben dem Eingang der Gastwirtschaft näherte, spürte sie eine freudige Erregung. Sie hatte dieses Schild selbst bemalt.
    „Gesellschaft der Friends of the People “, stand darauf. „Neuzugänge willkommen. Keine Mitgliedsbeiträge.“
    Auf den letzten Satz war sie besonders stolz. Mit Zähnen und Klauen hatte sie mit ihrem lieben Freund Tom Treyton um die Frage der Mitgliedsbeiträge gerungen. Hatte nicht der moderate Reformer Thomas Hardy mit seiner London Corresponding Society im ganzen Land dasselbe getan? Sollte nicht jeder Mann und jede Frau an einer Verbindung teilnehmen dürfen, die sich der Gleichheit, Freiheit und den Menschenrechten verschrieben hatte? Das Recht oder die Möglichkeit, eine Sache zu unterstützen, die allen die Freiheit bringen sollte, durfte niemandem verwehrt sein, nur weil er oder sie sich die monatlichen Beiträge nicht leisten konnte.
    Julianne betrat den dunklen, kühlen Saal des Inn und erblickte Tom sofort. Er war etwa so groß wie sie, hatte lockiges blondbraunes Haar und ein angenehmes Gesicht. Sein Vater war ein vermögender Gutsbesitzer, der es sich leisten konnte, seinen Sohn an der Universität in London studieren zu lassen. Julianne hatte angenommen, dass Tom nach seinem Abschluss in London bleiben würde, doch stattdessen war er heimgekehrt und hatte hier eine Kanzlei eröffnet. Seine Mandanten waren größtenteils Schmuggler, die sich hatten erwischen lassen. Unglücklicherweise war ihm bei seinem letzten Fall kein Erfolg beschieden gewesen. Zwei seiner Mandanten waren im Sinne der Anklage für schuldig befunden und zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. Jeder wusste, dass der Staat im Recht war.
    Tom stand in der Mitte des Saals, alle anderen Besucher saßen an Tischen oder auf Bänken. Julianne merkte sofort, dass der Zulauf erneut schwächer geworden war. Nur etwa zwei Dutzend Männer hatten sich versammelt. Sie waren allesamt Minenarbeiter, Fischer und Schmuggler. Seit Großbritannien der Kriegs-Allianz gegen Frankreich beigetreten war, hatte eine Welle des Patriotismus das ganze Land erfasst. Menschen, die zunächst für die Revolution gewesen waren, entdeckten plötzlich Gott und Vaterland für sich. Julianne vermutete, dass dies in Kriegszeiten unvermeidbar war.
    Jetzt hatte auch Tom sie entdeckt. Mit erfreutem Gesicht eilte er auf sie zu. „Du bist aber spät! Ich hatte schon Angst, es wäre etwas vorgefallen und du würdest gar nicht mehr zu unserer Versammlung kommen.“
    „Ich musste mich mit Milly begnügen, und die kann leider nicht mehr so schnell traben.“ Sie senkte die Stimme. „Mr Colmes wollte mir nicht gestatten, den Wagen vor seinen Laden zu stellen.“
    Toms blaue Augen funkelten.
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