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Die Heiratsschwindlerin

Die Heiratsschwindlerin

Titel: Die Heiratsschwindlerin
Autoren: Sophie Kinsella
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großziehen, die ihn liebten, und die Galionsfigur einer zufriedenen, stabilen Familie sein. Er würde das Leben führen, das sein Vater nie hatte – und sein Vater würde ihn beneiden und ihn dafür hassen.
    Also hatte er seinen eigenen kleinen Verlag gegründet. Er fing mit drei Infobroschüren für Spezialisten an, einem akzeptablen Profit und hohen Erwartungen. Doch die hatten sich nie erfüllt. Nach drei mühsamen Jahren warf der Verlag keinen Profit mehr ab. Am Ende des vierten liquidierte er.
    Noch immer erfüllte ihn tiefe Demütigung, wenn er sich an den Tag erinnerte, an dem er seinem Vater gestehen musste, dass er Pleite gemacht hatte, an den Tag, an dem er das väterliche Angebot hatte annehmen müssen, seine Wohnung zu verkaufen und nach Pinnacle zurückzuziehen. Sein Vater hatte ihm ein großes Glas Whisky eingeschenkt, Klischees über das Auf und Ab des Lebens von sich gegeben, ihm einen Job bei Pinnacle Enterprises angeboten. Simon hatte das unverzüglich mit ein paar gemurmelten Worten abgelehnt. Er konnte seinem Vater kaum in die Augen schauen, konnte überhaupt kaum jemandem in die Augen sehen. An diesem Tiefpunkt verachtete er sich selbst fast so sehr wie seinen Vater. Seine Enttäuschung über sich war grenzenlos.
    Schließlich fand er einen Job als Werbevertreter bei einer kleinen, wenig profilierten Fachzeitschrift. Er war zusammengezuckt, als Harry ihm gratulierte, zusammengezuckt, als er beobachtete, wie sein Vater durch die reizlose kleine Veröffentlichung blätterte und nach Worten des Lobes suchte. »Es ist kein großartiger Job«, hatte Simon eingeräumt. »Aber zumindest habe ich Arbeit.« Zumindest hatte er Arbeit, zumindest hatte er zu tun, zumindest konnte er anfangen, seine Schulden abzuzahlen.
    Drei Monate darauf hatte er Milly kennen gelernt. Ein Jahr später hatte er um ihre Hand angehalten. Erneut hatte ihm sein Vater gratuliert, hatte ihm angeboten, ihm beim Verlobungsring unter die Arme zu greifen. Doch Simon lehnte ab. »Ich mach das auf meine Art«, hatte er gesagt und seinen Vater mit einem neuen Selbstvertrauen fast provokativ angesehen. Wenn er seinen Vater schon nicht beruflich schlagen konnte, dann eben in puncto Familienleben. Er und Milly würden eine vollkommene Ehe führen. Sie würden einander lieben, einander unterstützen, einander verstehen. Sorgen würden besprochen und Entscheidungen gemeinsam gefällt werden, aus ihrer Zuneigung würden sie keinen Hehl machen. Kinder würden das Glück steigern. Nichts durfte schiefgehen. Simon war einmal gescheitert; ein zweites Mal durfte das nicht geschehen.
    Plötzlich riss ihn erneutes Gelächter aus dem Zimmer seines Vaters aus seinen Gedanken, eine gemurmelte Unterhaltung folgte und dann ein Bimmeln, das Signal, dass sein Vater den altmodischen Hörer seines Privattelefons aufgelegt hatte. Simon wartete noch eine Weile, holte tief Luft, ging auf die Tür zu und klopfte.
    Als Harry Pinnacle das Klopfen an der Tür hörte, fuhr er zusammen, was gar nicht seine Art war. Rasch verstaute er die kleine Fotografie, die er in der Hand gehalten hatte, in der Schreibtischschublade vor sich und schob sie zu. Sicherheitshalber sperrte er sie dann auch noch ab. Ein paar Augenblicke saß er gedankenverloren da und starrte den Schubladenschlüssel an.
    Es klopfte noch einmal, und er sah auf. Er drehte sich mit seinem Stuhl vom Schreibtisch fort und fuhr sich durch das ergrauende Haar.
    »Ja?« Er beobachtete, wie die Tür aufging.
    Simon kam herein, machte ein paar Schritte auf seinen Vater zu und sah ihn wütend an. Es war immer das Gleiche. Er klopfte an die Tür seines Vaters, und dieser ließ ihn warten wie einen Bediensteten. Nicht ein Mal hatte Harry ihn gebeten, das Klopfen sein zu lassen. Kein einziges Mal hatte er bei seinem Anblick erfreut gewirkt. Immer wirkte er ungeduldig, so, als würde Simon ihn bei einer entscheidenden geschäftlichen Transaktion stören. Aber das ist völliger Blödsinn, dachte Simon. Das stimmt überhaupt nicht. Du bist lediglich ein arroganter Scheißkerl.
    Sein Herz schlug schnell; er steuerte auf Konfrontationskurs. Aber er brachte es nicht über sich, einen der hämischen Gedanken zu äußern, die ihm durch den Kopf gingen.
    »Hi«, sagte er mit angespannter Stimme. Er umklammerte die Lehne eines Lederstuhls und starrte seinen Vater zornig an, in der vagen Hoffnung, auf diese Weise eine Reaktion provozieren zu können. Aber sein Vater starrte einfach nur zurück. Nach einer Weile legte er
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