Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hazienda des Gluecks

Die Hazienda des Gluecks

Titel: Die Hazienda des Gluecks
Autoren: Violet Winspear
Vom Netzwerk:
einem einzigen Blick zum Schweigen bringen, mh?"
    "So ungefähr." Sie wandte ihren Blick von Gil ab, und sah statt dessen die bunten Flaschenkürbisse an der Wand an.
    Die leuchtenden Farben weckten in ihr einen leisen Neid. Gil war so frei wie ein Vogel im Wind und genoss ein unbeschwertes Leben. Wahrscheinlich verdiente er in dem Laden gerade genug, um Miete, Kleidung und Essen zu bezahlen, und Colette musste daran denken, wie sehr sie selbst mitunter an ihrer Fähigkeit gezweifelt hatte, sich mit eigener Arbeit über Wasser zu halten. Dann hätte sie ihre Unabhängigkeit behalten und sich nicht so verzweifelt darum bemühen müssen, Don Diablo zu entkommen.
    "Wissen Sie, wo Ihr Mann die Papiere aufbewahrt?" fragte Gil. "Sie können sich doch sicher Zutritt dazu verschaffen?"
    "Er hat sie in seinem Schreibtisch verschlossen, und Sie können sich vorstellen, dass ich nicht wage, nach ihnen zu fragen. Er würde sofort wissen, was ich vorhabe."
    "Er gibt sich also keinerlei Illusionen hin, was Ihre Gefühle für ihn betrifft. Er weiß, dass Sie ihn hassen, aber er lässt Sie trotzdem nicht frei. Na, das ist typisch für diese Sorte Männer; sie billigen einer Frau keine Rechte und Gefühle zu. Sie wollen ein Mädchen nur für - ich werde es lieber nicht in Worte fassen. Ich möchte es Ihnen ersparen, rot zu werden, Colette; denn Sie wissen ja bestimmt gut genug, was ich meine, oder?"
    Sie wusste es, und sie verspürte keine Lust, diesen Aspekt ihrer Ehe mit Gil zu erörtern.
    Sie erhob sich und ging langsam zur Tür, die zum Hof führte. Sie stand offen, und der Duft von Nelken und Rosen strömte ins Zimmer. Die Blumen wuchsen in üppiger Pracht rings um einen alten Brunnen und rankten sich an den Wänden empor. Wieder ertappte sich Colette dabei, dass sie Gil insgeheim um sein sorgloses, fröhliches Leben beneidete.
    "Mir gefällt dieses Haus", rief sie aus. "Und was ist mit Ihnen, Gil? Leben Sie gern hier in Mexiko?"
    "Sicher. Es hat seine Vorteile. Hier lebt man ein bisschen billiger als in den Staaten. Es gibt so viel Früchte, und ich bin ganz verrückt nach Maiskolben und Chili. Die Kleidung ist aus leichtem Stoff und nicht teuer. Außerdem sind Sonnenschein und Meer ja immer umsonst."
    "Und dann gibt es noch die hübschen mexikanischen Mädchen", lächelte sie. "Manche sind ganz unglaublich attraktiv mit ihren rabenschwarzen Haaren und den riesigen dunklen Augen."
    "Stimmt, aber haben Sie gesehen, wie sie werden, wenn sie erst mal dreißig sind? Sie werden auch noch hübsch sein, wenn Sie sechzig sind." Er trat zu ihr. "Eine schlanke, feingliedrige alte Dame mit silbergrauem Haar."
    "Werden Sie jetzt nicht sentimental, Gil", tadelte sie scherzend. Hoffentlich nahm er sich keine Freiheiten heraus. Sie konnte nicht leugnen, dass sie ja freiwillig mit in seine Wohnung gekommen war, und es war durchaus verständlich, wenn er annahm, dass sie ein wenig Trost bei jemandem suchte, der nicht so ernst und streng wie ihr Mann war. Trotzdem - es durfte einfach nicht sein! Gil Howard musste unbedingt auf Abstand gehalten werden.
    Die Wärme hatte sich in eine drückende Schwüle verwandelt, die ihr vorhin noch nicht aufgefallen war. Sie sah zum Himmel hinauf. Über ihr spannte sich nicht wie sonst ein wolkenloses Blau, sondern safrangelbe Wolken verhüllten die Sonne.
    "Zieht ein Unwetter herauf?" Sie wandte sieh erschreckt an Gil. Dieser Gedanke beunruhigte sie ziemlich, denn sie musste bald aufbrechen. Sie hatte gehört, wenn es in Mexiko regnete, dann öffneten sich die Schleusen des Himmels, und das Wasser strömte in wahren Sturzfluten zur Erde nieder. Es wäre nervenaufreibend, wenn sie in einer solchen Sintflut nach Hause fahren müssten.
    "Gil", sagte sie. "Ich werde jetzt lieber gehen. Um vier Uhr muss ich wieder beim Wagen sein, sonst bekommt der Chauffeur es mit der Angst zu tun. Und wenn es einen Wolkenbruch gibt, dann sollten Juan Feliz und ich lieber die Heimfahrt antreten, bevor es anfängt zu gießen." Schnell verabschiedete sich Colette, nicht ohne das Versprechen, ab und zu bei Gil reinzuschauen.
    Colette stand auf der Terrasse, als sie den silbernen Wagen erblickte, in dem Don Diablo auf die Hazienda zurückkehrte.
    Der Wagen hielt auf dem Hof, und augenblicklich wurde die Tür aufgestoßen. Colette starrte hinunter auf den wohlvertrauten dunklen Kopf.
    Als ob er ihre Gegenwart gespürt hätte, sah er plötzlich hoch. Seine dunklen Augen bohrten sich in die ihren. Nicht ein Muskel bewegte sich in seinem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher