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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition)
Autoren: Jennifer Brown
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doch, wobei sie das Telefon weiter fest umklammert hielt. Ich fragte mich, ob sie es aus Versehen am Ende noch bis ins Büro mitnehmen würde, immer mit den Fingern auf den Tasten, um jeden Augenblick die Notrufnummer eintippen zu können.
    »In Ordnung. Ich warte unten auf dich.«
    Abwesend streifte ich mir die zerknitterten Jeans und das T-Shirt über. Meine Klamotten waren mir egal. Schließlich würde es nichts ändern, wenn ich mich gut anzog – ich würde mich nicht besser fühlen und weniger auffallen würde ich auch nicht. Ich humpelte ins Bad und fuhr mit der Bürste durch meine Haare, die ich vor etwa vier Tagen das letzte Mal gewaschen hatte. Ich machte mir auch nicht die Mühe, mich zu schminken. Ich wusste nicht mal genau, wo mein Make-up war. Schließlich hatte ich den Sommer nicht auf Tanztees verbracht. Die meiste Zeit über hatte ich nicht mal laufen können.
    Ich schlüpfte in ein Paar Leinenschuhe und schnappte meinen Rucksack – den neuen, den Mom vor ein paar Tagen gekauft hatte und der dort liegen geblieben war, wo sie ihn hingelegt hatte, bis sie am Ende selbst alles reingepackt hatte, was ich brauchte. Der alte Rucksack, der mit dem Blut   … na ja, der war wohl im Müll gelandet, zusammen mit Nicks
Flogging Molly
-Shirt, das sie in meinem Schrank gefunden und weggeworfen hatte, während ich im Krankenhaus festhing. Ich hatte geweint und sie wüst beschimpft, als ich nach Hause kam und merkte, dass das Shirt weg war. Sie kapierte einfach gar nichts – dieses T-Shirt hatte schließlich nicht Nick, dem Mörder, gehört. Es hatte dem Nick gehört, der mich mit Karten für das
Flogging Molly
-Konzert überrascht hatte. Dem Nick, der mich auf seine Schultern hatte klettern lassen, als sie
Factory Girl
spielten. Dem Nick, der vorgeschlagen hatte, wir könnten unser Geld zusammenlegen für ein T-Shirt und es abwechselnd tragen. Dem Nick, der das Shirt trug, als wir nach Hause gingen, der es mir aber gleich danach gegeben hatte – und später wollte er es nie mehr zurückhaben.
    Mom behauptete, sie hätte das Shirt auf Dr.   Hielers Rat hin weggeworfen, aber das nahm ich ihr nicht ab. Ich hatte den Eindruck, dass sie ihm immer wieder ihre eigenen Ideen in den Mund legte, um mich zum Mitspielen zu kriegen. Dr.   Hieler wäre sofort klar gewesen, dass dieses Shirt nicht Nick, dem Mörder, gehört hatte. Ich wusste ja nicht mal, wer Nick, der Mörder, überhaupt war. Dr.   Hieler verstand das.
    Kaum hatte ich mich angezogen, wurde ich so grauenhaft nervös, dass ich mich ernsthaft zu fragen begann, obich das hier durchziehen konnte. Meine Beine schienen zu schwach für den Weg zur Tür und ein Schweißfilm bedeckte meinen Nacken. Ich schaffte das einfach nicht. Ich konnte diesen Leuten nicht gegenübertreten, diese Orte nicht wiedersehen. Ich hatte nicht die Kraft dafür.
    Mit zitternden Händen grub ich in meiner Hosentasche nach meinem Handy und wählte die Mobilnummer von Dr.   Hieler. Er nahm gleich beim ersten Ton ab.
    »Tut mir leid, dass ich Sie störe«, sagte ich und ließ mich zurück auf mein Bett sinken.
    »Ich habe doch gesagt, du sollst dich melden. Weißt du noch? Ich habe darauf gewartet, dass du anrufst.«
    »Ich glaub, ich kann das nicht«, sagte ich. »Ich bin nicht so weit. Wahrscheinlich werd ich nie so weit sein. Es war wohl keine gute Idee, dass   …«
    »Val, hör auf«, unterbrach er mich. »Du kannst das. Du bist bereit. Wir haben alles durchgesprochen. Es wird hart, aber du kommst damit klar. Du bist in den letzten paar Monaten mit viel Schlimmerem klargekommen, stimmt’s? Du bist stark, Val.«
    Auf einmal hatte ich Tränen in den Augen, die ich mit dem Daumen wegwischte.
    »Konzentrier dich immer nur auf den einzelnen Moment«, sagte er. »Deute nicht rum an dem, was du erlebst. Schau dir einfach an, was da ist, okay? Und wenn du am Nachmittag nach Hause kommst, ruf mich an. Ich habe Stephanie gesagt, sie soll dich durchstellen, auch wenn ich gerade in einem Gespräch bin, in Ordnung?«
    »Okay.«
    »Und falls du tagsüber reden willst   …«
    »Dann ruf ich einfach an.«
    »Und denk an das, was wir besprochen haben: Auch wenn du nur einen halben Tag schaffst, ist es ein Erfolg, stimmt’s?«
    »Mom geht wieder arbeiten. Ganztags.«
    »Sie glaubt eben an dich. Wenn du sie brauchst, kommt sie nach Hause. Aber ich bin überzeugt, das wird nicht nötig sein. Und ich hab immer recht, das weißt du doch.« In seiner Stimme lag ein Lächeln.
    Ich kicherte, dann
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