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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)
Autoren: Anna Grue
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Zimmer, rief in der Agentur an und teilte mit, dass er mindestens ein paar Wochen krank sein würde. Danach telefonierte sie mit dem Ärztehaus und gab Bescheid, dass sie erst nachmittags kommen konnte. Die Helferin sollte versuchen, jene Patienten, die einen dringenden Termin hatten, auf die anderen Ärzte im Haus zu verteilen.
    Zurück im Schlafzimmer, legte sie sich neben ihren Mann, hielt seine Hand und redete leise auf ihn ein, bis das Beruhigungsmittel wirkte. Als die Tränen versiegt waren, half sie ihm, auf die Toilette zu gehen, dann begleitete sie ihn zurück ins Bett. An diesem Vormittag lagen sie nebeneinander, ohne viel zu sagen. Nach ein paar Stunden war Dan in einen tiefen Schlaf gefallen, und Marianne lief das kurze Stück über die Gørtlergade, bog links in die Algade und kam zum Rathausmarkt mit dem schönen niedrigen Eckgebäude, in dem sich ihre Praxis befand. Bevor sie sich um ihre Patienten kümmerte, hinterließ sie am Empfang des Ärztehauses eine Nachricht für eine ihrer Partnerinnen, die Psychiaterin Kirsten Loft. Sie wusste, dass eine Spezialistin hinzugezogen werden musste.
     
    Sieben Wochen nach Dans Zusammenbruch saßen sie eines Abends Mitte November mit ihrem besten Freund zusammen, dem Kriminalkommissar Flemming Torp. Sie tranken Irish Coffee, der offene Kamin strahlte Hitzewellen aus. Flemming hatte gerade die Scheidung hinter sich, und nur zu dritt zu sein, war ungewohnt und eigenartig – nach all den Jahren, in denen sie zu viert gewesen waren: im Urlaub, bei Weihnachtsfeiern, beim Badminton. Ihre Kinder waren zusammen aufgewachsen, und seit über zwanzig Jahren hatten sie mindestens einen Abend in der Woche gemeinsam verbracht. Die Lücke, die Flemmings Frau Karin hinterlassen hatte, war noch längst nicht geschlossen, aber das würde sicher noch kommen.
    »Freust du dich, bald wieder arbeiten zu können?«, erkundigte sich Flemming und trank einen Schluck des heißen Getränks. Ein kleiner Sahneschnurrbart zog sich über seine Oberlippe, Marianne gab ihm eine Serviette.
    Dan zuckte mit den Achseln. »Eigentlich nicht.«
    »Wie, du vermisst es nicht?« Flemming tupfte sich die Oberlippe sauber.
    »Ganz ehrlich? Nein«, antwortete Dan. »Wenn ich überhaupt wieder bei Kurt & Ko anfange, dann nur wegen des Geldes.«
    »Was für ein Unfug!«, ging Marianne dazwischen. »Wenn du keine Lust mehr hast, kannst du doch einfach kündigen. Wir können auch nur von meinem Einkommen leben.«
    »Davon leben? Ja, das sicher«, erwiderte Dan. »Aber so gut wie jetzt? Nein.« Er kraulte Luffe im Nacken. Der alte Labrador lehnte am Knie seines Herrchens, ein wenig beleidigt, weil er nicht aufs Sofa durfte. Es war eines von Mariannes eher obskuren Prinzipien: Wenn sie Gäste hatten, musste der Hund auf dem Fußboden bleiben.
    »Du könntest auch als Freelancer arbeiten«, sagte sie. »Einen gut dotierten Job würdest du jederzeit bekommen, das weißt du genau. Dann könntest du dir die Arbeit einteilen, damit so etwas nicht noch einmal passiert.«
    »Und was ist mit dem Firmenwagen? Und der Rente? Man muss ziemlich schuften, wenn das Einkommen als Freiberufler all das abdecken soll.«
    »Wir haben einen ausgezeichneten Wagen, der die meiste Zeit ohnehin nur in der Garage herumsteht und Staub frisst. Und deine Rente ist doch schon jetzt geradezu grotesk hoch«, widersprach sie und griff nach Flemmings Zigaretten. »Darf ich?«
    »Hast du nicht aufgehört?« Flemming gab ihr Feuer.
    »Ich bin nur eine Party-Raucherin.« Sie lächelte und stieß den Rauch in einem langen Strom aus.
    »Ja, und jeder Tag ist ein Fest«, sagte Dan. Er versuchte, munter zu klingen. »Wen willst du damit zum Narren halten?«
    »Ach, hör schon auf!« Marianne sah ihn wütend an. »Ich habe das durchaus im Griff.« Ihr gekräuselter, hellbrauner Pony stand in der Luft wie ein Strohdach im Sturm. Darunter blitzten ihre dunklen Augen mit einer gehörigen Portion Eigensinn. Etwas an diesem Blick erinnerte Dan an ein kleines, freches Shetlandpony, aber er wusste aus bitterer Erfahrung, dass er das auf keinen Fall sagen durfte, wenn sie in
dieser
Stimmung war.
    »Na dann«, sagte Flemming und trank den letzten Schluck Kaffee. »Ich muss sehen, dass ich nach Hause komme.«
    »Bist du mit dem Wagen da?« Marianne stand ebenfalls auf.
    »Zu Fuß. Das tut mir ganz gut.« Flemming klopfte sich auf den kleinen Rettungsring, der sich in den letzten Jahren über seinem Gürtel gebildet hatte. »Herzlichen Dank für das Essen,
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