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Die groeßten Faelschungen der Geschichte

Die groeßten Faelschungen der Geschichte

Titel: Die groeßten Faelschungen der Geschichte
Autoren: Frank Fabian
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schrieb er eine Geschichte Karls XII. und arbeitete über
das Zeitalter Ludwigs XIV. In der Schweiz entstanden seine berühmtesten historischen Werke. Obwohl Voltaire Geschichte für einen „Mississippi des Betrugs“ hielt, schrieb er die Geschichte Russlands und verfasste einen dicken Schmöker über das Zeitalter Ludwigs des XIII.
    Seine Vorgehensweise war ganz anders als die der anderen Herren Historiker. Vorher hatte man nur das Christentum zu verherrlichen gesucht. Demzufolge existierten, ein wenig überspitzt ausgedrückt, bei den christlich motivierten Geschichtswissenschaftlern nur Frankreich, Deutschland, England, Griechenland, Italien und Israel. Voltaire arbeitete von einem ganz anderen Blickwinkel aus. Für ihn gab es auch China, für ihn gab es Indien und für ihn existierte die gesamte Welt. Er suchte den Horizont zu erweitern und vom egozentrischen, eurozentrischen, „ego-europäischen“ Standpunkt abzurücken. Er studierte viel sorgfältiger als andere Historiker vor ihm die Quellen. Er las praktisch alles Erreichbare über einen Gegenstand, studierte Hunderte von Memoirenwerken und kontaktierte persönlich zahlreiche Augenzeugen. Er forschte überall nach Aufzeichnungen, las Lebenserinnerungen, holte Auskünfte von Ohrenzeugen ein und suchte Kontakt zu Persönlichkeiten, die etwas mit der Geschichte, die er schrieb, zu tun gehabt hatten.
    Außerdem war Voltaire der erste europäische Kulturhistoriker. Er betrachtete Geschichte nicht bloß als eine Addition von Kriegen, von Scharmützeln, von Gefechten und Schlachten, er spürte vielmehr auch kulturelle Ereignisse auf. Künstler schienen ihm wichtiger als Herrscher, Schriftsteller, Philosophen, Maler und Musiker bedeutender als jeder Fürst.
    Voltaire strich die Rolle der Vorsehung aus der Historie, er strich die Idee, alles sei von einem christlichen Verständnis aus zu interpretieren, und versuchte Geschichte tatsächlich zu begreifen . Damit griff Voltaire das Alte und das Neue Testament an. Er machte mit seiner spitzen Feder alles lächerlich, was zuvor der jüdisch-christlichen Geschichtsschreibung heilig gewesen war. Er versuchte, Vernunft und Verstehen in die Historie einzuführen, und revolutionierte auf diese Art die Geschichtsschreibung.

    Als Voltaire den Aberglauben und die Lügen der christlichen Geschichtsschreibung endgültig satt hatte, überschwemmte er ganz Europa mit seinen Schriften. Er ließ einen wahren Niagara von Flugschriften, Traktaten, Romanen, persönlichen Briefen, belehrenden Schriften, beißenden Kritiken, ätzenden Spottgedichten, bissigen Predigten, scharfzüngigen Erzählungen und intelligenten Fabeln auf die Welt herabstürzen. Teils veröffentlichte Voltaire unter seinem eigenen Namen, teils unter Pseudonymen. Er verwendete dabei über 100 Decknamen. Manchmal unterschrieb er mit Erzbischof, Pastor oder Mönch. Es war dies „die erstaunlichste propagandistische Mannigfaltigkeit, die je von einem einzelnen Menschen produziert wurde.“ 5 Voltaire unternahm also wirklich etwas gegen den Aberglauben. Und er wurde gelesen und gelesen. Seine Flugschriften erreichten Auflagen von 300.000 Stück! In der gesamten Literaturgeschichte ist kaum eine ähnliche Wirkung bekannt. Und das Ganze initiierte Voltaire – man muss es sich vorstellen! – in weit fortgeschrittenem Alter. Mit der Waffe der Ironie attackierte er alles, was gegen die Vernunft sprach.
    Eine seiner Waffen war das im Jahre 1759 veröffentlichte Buch Candide. Nach kürzester Zeit befahl der Genfer Große Rat die Verbrennung dieses Romans. Voltaire bestritt seine Autorenschaft. Im Rahmen einer Abenteuer- und Liebesgeschichte enthielt dieser Roman eine grausame Satire auf die beste aller Welten – eine Annahme des Philosophen Leibnitz. Das Buch Candide nahm den religiösen Aberglauben, die pikanten Liebesaffären in Klöstern, die hässlichen Standesvorurteile, das juristische Fehlurteil, die Bestechlichkeit der Richter, die Barbarei des Strafgesetzbuches, die Unmenschlichkeit der Sklaverei und die Gräuel des Krieges aufs Korn.
    Das Stück strotzt und trieft vor Ironie und intelligenten Bosheiten. Es enthält gleichzeitig das philosophische Glaubensbekenntnis, dass diese Welt eben doch nicht die beste aller möglichen ist, speziell wenn es sich um eine Welt handelt, in der vergewaltigt, gemordet und gefoltert wird – wie es der gute Candide, die Hauptfigur des Romans, beobachtet. Die Weltauffassung, hier auf unserer Erde sei alles wohl bestellt
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