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Die groeßten Faelschungen der Geschichte

Die groeßten Faelschungen der Geschichte

Titel: Die groeßten Faelschungen der Geschichte
Autoren: Frank Fabian
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walte ein gütiger Gott, erstach Voltaire mit dem Degen seines Sarkasmus. 6
    Seinen Slogan, das Losungswort und den Streitruf „Zermalmt die Niederträchtige!“ (hiermit deutete er auf die Kirche) wiederholte Voltaire in der Folge unaufhörlich und in allen Tonarten. Er kämpfte unnachgiebig gegen Fanatismus, Verfolgung und Inquisition. Er entlarvte die Priester, die die Geschichte geschrieben und verdreht hatten, immer wieder als Schwindler. Der Kampf gegen die Kirche nahm ihn so in Anspruch, dass er kaum mehr die politische Korruption bekämpfen konnte – vorher sein Lieblingssport. Jetzt hatte er die Kirche im Visier. Ihn wurmten die Unwahrheiten und die Lügen. Und so trug er die Fackel der Wahrheit eine große Strecke weiter.
    Seine Kritik auch gegen die Geschichtsschreibung hat bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Von Voltaire wahrscheinlich inspiriert stellte seine langjährige Lebensgefährtin beispielsweise fest: „… Eine lange Geschichte unserer modernen Völker habe ich noch nie bis zu Ende lesen können. Ich sehe darin nichts als Verwirrung, eine Reihe unbedeutender Ereignisse ohne Verbindung untereinander und ohne logische Folge und tausend ergebnislose Schlachten … Ich verzichte auf ein Studium, das dem Geist eine so unverdauliche Nahrung verschafft. “ 7
    Voltaire selbst kritisiert ebenfalls das rein additive Aneinanderreihen von bloßen, dummen Fakten, die zu keiner Erkenntnis führen – was nebenbei bemerkt bis heute 90 Prozent unserer Geschichtsschreibung ausmacht. Denn so viel ist wahr: Noch immer leidet die Geschichtsschreibung darunter, dass Daten und Fakten nicht ausgewertet und gewichtet werden. Das ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass viele Geschichtsschreiber fürchten, ihr Kopf könne hinter den Zinnen ihrer akademischen Geistesburgen abgeschlagen werden. Und so verzichten sie darauf, Fakten auszuwerten und wichtige Erkenntnisse in Stein zu meißeln – was Geschichtsschreibung zu einem gewissen Grad wertlos macht.
    Fassen wir zusammen: Voltaire forderte eine vollständig neue Geschichtsschreibung. Er gab zu, dass die Geschichtsschreibung nie den
Gewissheitsgrad wie etwa die Mathematik erreichen könne. Er plädierte dafür, nach den Ursachen eines Ereignisses Ausschau zu halten und ein möglichst hohes Maß an Wahrscheinlichkeit zu erreichen. Weiter plädierte er dafür, aus den Geschehnissen der Vergangenheit einen Nutzen für die Gegenwart zu ziehen.
    Er verlangte, wiederholen wir, grundsätzlich nicht nur die politische Geschichte zu untersuchen, sondern auch die Geschichte des Handels, der Industrie, der Wissenschaft und der Kunst.
    Er forderte dazu auf, in puncto christlicher Geschichtsschreibung auf die Barrikaden zu gehen. Voltaire schätzte die Geschichtsschreiber Thukydides, Xenophon (426–355 v. Chr.) und Polybios (200–120 v. Chr.), misstraute aber Mönchen und Priestern, die Geschichte geschrieben hatten. Er misstraute weiter „großen Denkern“, die versucht hatten, Geschichte auf eine simple Formel zu bringen. Hegel und Marx hätte er ausgelacht, und ihre Thesen innerhalb einer einzigen Minute mit dem spitzen Degen seiner Ironie erstochen. Trotz seines Standpunktes, den er auch verfocht, bemühte er sich um Objektivität und Toleranz. Aber er diente sich keiner politischen Strömung an, er war kein Parteigänger und katzbuckelte weder vor Päpsten noch vor Königen.
    Und worin bestand Voltaires eigene Geschichtsphilosophie? Worin bestanden seine konkreten Erkenntnisse – nachdem er viele Tausend Bücher studiert hatte?
    Der größte aller französischen Denker glaubte an die Vernunft. Er glaubte daran, dass sich der Mensch langsam und tastend nach „oben“ bewegen und die Menschheit peu à peu Einsichten gewinnen könne. Er lehnte den dumpfen Glauben an Wunder ab und begrüßte die Wissenschaft. Er stellte fest, dass Ideen die Welt verändert hatten, und schlussfolgerte messerscharf, dass deshalb auch in Zukunft vernünftige Ideen die Welt verändern könnten.
    Voltaire war außerdem der wichtigste Vorkämpfer und Vater der Menschenrechte. Seine Geschichtsphilosophie beeinflusste Jahrhunderte und löste im Grunde die Geschichtsphilosophie des Christentums
ab. Der versetzte er den Todesstoß, jedenfalls in intellektuellen Kreisen. Freiheit, Gerechtigkeit und Vernunft waren ihm die höchsten Ideale. Er glaubte daran, die Menschheit verbessern zu können. Nicht anders als Platon hielt er dabei den Einfluss auf gekrönte Häupter für
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