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Die Grabstein-Clique

Die Grabstein-Clique

Titel: Die Grabstein-Clique
Autoren: Jason Dark
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ein widerliches Weib, eine Schlange, die darauf aus war, Intrigen zu spinnen und andere Menschen fertigzumachen.
    »Nun ja, meine Liebe. Du bist nicht mehr so locker wie sonst. Du bist eher anders.«
    »Das bildest du dir ein.«
    »Nein.«
    Anne wollte etwas sagen. Wiederum zuckte der Schatten über den Tisch. Diesmal nicht so schnell. Ihr schien es, als würde er seine Bewegung unterbrechen und sich in dieser winzigen Ruhepause dermaßen verändern, daß sich aus ihm hervor eine Fratze bildete, die Ähnlichkeit mit einem Zerrbild des Teufels aufwies. Widerlich, im Prinzip. Aber Anne sah diese Fratze nicht als widerlich an. Sie kam ihr normal vor. Sie war einfach vorhanden, als wollte sie Anne begrüßen. »Du sagst ja nichts!«
    Lady Anne Forrester stand auf. »Ich finde es unfair, von dir beschuldigt zu werden.«
    »Nein, das ist eben so.«
    »Was meinst du?«
    »Andere sagen es auch.«
    Anne stemmte die Hände in die Hüften. Sie holte tief Luft. Das sarkastische Lächeln zeichnete ihre Lippen. »Was andere sagen, interessiert mich einen Dreck, liebe Margret.«
    Die Ältere schnappte nach Luft. Sie wußte zunächst nicht, was sie sagen sollte. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Dann schüttelte sie den Kopf, stieß die Luft durch ihre Nasenlöcher aus und hustete. Endlich konnte sie eine Antwort geben. »Was ist das für ein Ton, Anne? Den kenne ich an dir nicht. Das ist ungeheuerlich, ist das.«
    »Aber die Wahrheit.«
    Margret räusperte sich. »In einem derartigen Tonfall lasse ich nicht mit mir reden, Anne!« Sie stand ruckartig auf und strich ihren Kostümrock glatt, der sehr eng geschnitten war, aber trotzdem nichts von ihrer Gestalt sehen ließ, denn die Frau war einfach zu mager. Sie bestand nur aus Haut und Knochen.
    Anne lächelte nur. Es war ein Lächeln, das ihrer Besucherin nicht behagte, denn sie flüsterte plötzlich: »Verflixt, du machst mir angst, Anne. Richtige Angst…«
    »Wie das?«
    »Dein Lächeln stimmt nicht. Es erreicht deine Augen nicht. Es ist weder ehrlich noch echt.«
    »Wie schön. Bist du denn ehrlich?«
    »Ja.«
    Anne konnte über die Antwort nur bitter lachen. »Das sehen gewisse Personen ganz anders. Du bist ebenso verlogen wie die übrige Teegesellschaft, die sich immer trifft und…«
    »Halt jetzt deinen Mund!«
    »Wie du willst, Margret!«
    Die Besucherin zitterte. Auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet. Ihre dünnen Lippen waren noch blasser geworden, doch auf den Wangen zeichneten sich hektische, rote Flecken ab. Ein Zeichen ihrer inneren Erregung.
    »Ich gehe jetzt!«
    »Bitte.«
    Margret ärgerte sich über die Worte. Sie hatte erwartet, daß Anne sie zurückhalten würde, aber den Gefallen tat sie ihr nicht. »Und damit ist auch unsere lange Verbindung beendet.«
    »Ich kann dich nicht davon abhalten.«
    Margret rang nach Luft und Worten. Schließlich sagte sie: »Ich… ich schäme mich für dich, Anne. Ja, ich schäme mich. Du bist nicht mehr die Anne Forrester, die ich kenne. Du hast dich verändert, bist hart geworden und auch zickig, du bist…« Die nächsten Worte blieben ihr in der Kehle kleben, denn sie hatte etwas Ungeheures gesehen. Anne Forrester hielt mit der rechten Hand einen schweren Kerzenleuchter umklammert. Sehr langsam hob sie ihn an, mit fast zeitlupenhaften Bewegungen, und auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein Ausdruck ab, den Margret als Mordwillen interpretierte.
    »Was… was soll das?«
    Anne nahm den Leuchter und schwang ihn herum. Dann ging sie auf die ältere Frau zu. Mit tonlos klingender Stimme fragte sie: »Kannst du dir das nicht denken?«
    Doch, das konnte sie, und sie nickte auch. Margret ging zurück.
    »Verrückt, du bist verrückt, du bist ja völlig durcheinander, bei dir stimmt nichts mehr.«
    »Meinst du?«
    »Ja.« Margret schaute zu, wie Anne weiterging. Den rechten Arm hatte sie halb erhoben, den Leuchter ebenfalls. Sie hielt ihn schlagbereit, und es gab eigentlich nur ein Ziel für sie.
    »Jetzt leg ihn weg. Los, leg ihn weg!«
    Anne schüttelte den Kopf.
    Und Margret verfluchte ihr Alter. Der Raum war ziemlich groß, die rettende Tür zu weit entfernt, der Butler würde nicht kommen, und Margret fühlte sich plötzlich noch älter, als sie tatsächlich war. Sie würde es nie schaffen, die Tür zu erreichen. Anne war immer schneller, sie war auch viel jünger.
    »Bitte, Anne, ich…«
    »Nein!«
    Diese Antwort empfand Margret als furchtbar, als grauenhaft und als so endgültig. Ihr Gesicht war nur mehr eine
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