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Die Grabstein-Clique

Die Grabstein-Clique

Titel: Die Grabstein-Clique
Autoren: Jason Dark
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weiße Maske der Angst. Sie wollte der anderen noch sagen, daß sie schreien würde, aber das brachte wohl nichts.
    Niemand würde kommen…
    Und Anne Forrester sah wieder die Schatten, diezwischen ihr und Margret tanzten. Sie kamen von verschiedenen Seiten, trafen sich in der Mitte, wo eine Fratze entstand.
    Wieder dachte sie an das Foto!
    Und dann schlug sie zu.
    Margret schrie nicht einmal, als der schwere Kerzenleuchter ihre rechte Schulter erwischte und dort etwas zu Bruch ging. Sie stand für einen Moment da wie eine Puppe und fiel nicht einmal hin. Wieder holte Anne aus.
    Diesmal hielt sie den Leuchter mit beiden Händen umklammert. Und beim zweitenmal nahm sie sich ein anderes Ziel vor. Diesmal schrie Margret. Nicht einmal für die Dauer von zwei Sekunden. Ein harter und gleichzeitig dumpf klingender Laut unterbrach ihren Schrei, und Margret brach blitzartig zusammen.
    Sie würde sich nie mehr in ihrem Leben erheben, das wußte Lady Anne Forrester.
    Mit kaltem Blick schaute sie auf die Tote. Um deren Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet. Reue empfand sie nicht. Es kümmerten sie auch ihre Fingerabdrücke auf dem Leuchter nicht. Sie wußte genau, was sie zu tun hatte, denn die Befehle standen fest. Da war ein anderer, der sich um sie kümmerte und sich auch in der weiteren Zukunft um sie sorgen würde. Auf irgendeine Art und Weise wirkte sie sogar erleichtert, und als sie sich umdrehte, glich diese Bewegung dem Schwung einer Walzertänzerin, die im Tanz ihr Glück fand.
    Zu beeilen brauchte sie sich nicht. Der Butler würde sie nicht stören, sie befand sich allein im Haus, und bis jemand Margret, die Witwe, vermißte, würden ebenfalls noch Stunden vergehen.
    Sie hatte also Zeit.
    Anne verließ das Mordzimmer. Die Frau betrat das Schlafgemach und packte einige Sachen zusammen.
    Als sie die Kleidung in den Koffer drückte, hatte sie das Gefühl, ein Leben hinter sich zu lassen.
    Jetzt stand sie auf der Schwelle zu einer neuen Existenz. Und die würde ihr mehr bringen als die alte…
    ***
    Der Beifall hielt sich in Grenzen, Pfiffe durchbrachen ihn. Im Zuschauerraum waren einige Besucher aufgesprungen, um zu pfeifen oder zu klatschen.
    Das Ensemble stand zusammen mit dem Regisseur auf der Bühne und nahm die Ovationen entgegen. In der Mitte der Reihe hielt sich Skip Archer auf. Er hatte die männliche Hauptrolle gespielt, einen Priester, der gewissen Verlockungen erlegen war, vom Vatikan gejagt wurde, trotzdem eine Reformation wollte, letztendlich aber an den alten Konventionen und an der Macht der Kirche scheiterte. Ein modernes Stück, das sicherlich bald im Kreuzfeuer der Kritik stehen würde, weil es einfach zu offen war.
    Aber daran hatte man sich als Schauspieler gewöhnt. Man stand nicht mehr im Rampenlicht. Die Kritiker beschäftigten sich mehr mit dem Autor und dem Regisseur.
    Nur jetzt, auf der Bühne und vor dem Vorhang mit dem freien Blick ins Publikum, sah alles anders aus. Da brandeten die Stimmungen hoch und sorgten für ein Wechselbad der Gefühle, was Skip Archer auch nicht weiter störte.
    In der ersten Reihe hockten die Hyänen von der Presse, die natürlich keinen Cent Eintritt bezahlt hatten. Diese Typen bekamen immer Freikarten, und sie würden Zeter und Mordio schreien, sollte ihnen dieses Privileg gestrichen werden.
    Die Schauspieler zogen sich zurück, um sich einzeln dem Publikum zu stellen.
    »Das gibt Ärger«, sagte eine Frau, die die weibliche Hauptrolle gespielt hatte.
    Der Regisseur winkte nur ab und schickte sie nach draußen. Der Beifall war nicht schlecht.
    Skip Archer wartete noch. Er wollte als zweiter hinausgehen. Als seine Kollegin zurückkam, hielt sie sogar einen Blumenstrauß in der Hand. Sie lächelte.
    »War es schlimm?«
    Sie hielt den Strauß hoch. »Bezeichnest du das als schlimm?« fragte sie zurück.
    »Nein.«
    Der Inspizient tippte Archer auf die Schulter. »Los, Skip, du bist an der Reihe.«
    »Okay, ich gehe ja schon!« Skip verschwand winkend. Auch ihn empfing das Publikum mit einem freundlichen Beifall. Ihm wurden zwar keine Blumen auf die Bühne geworfen, doch es flogen auch keine Tomaten oder Eier. Und das war schon viel wert.
    Er verbeugte sich mehrmals in verschiedene Richtungen, wechselte auch seinen Platz, tat dies ganz automalisch, denn mit seinen Gedanken war er nicht bei der Sache.
    Etwas anderes war passiert.
    Zwischen ihm und den Zuschauern tanzten Schatten. Heftig zuckende Gebilde, pechschwarz, langgezogen wie Wellen, so liefen sie von
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