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Die Grabstein-Clique

Die Grabstein-Clique

Titel: Die Grabstein-Clique
Autoren: Jason Dark
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damit der Hölle einen Besuch abzustatten. Ihre Kleidung war schmutzig, das Gesicht zeichnete sich unter dem Rand der Haube überaus bleich ab. Sie schaute mich aus starren Augen an.
    Die zweite Person, die ich aus meinem Blickwinkel sah, war ebenfalls eine Frau.
    Blondrot umrahmten die Haare ein puppenhaftes Gesicht. Sie trug nur noch Fetzen am Körper. Unter einem Tuch schaute die Hälfte der linken Brust hervor. Das mußte Cora Vandell, die Stripperin, sein. Ich drehte mich.
    Der Mann geriet in mein Blickfeld. Schaupsieler war er, und Skip Archer hieß er. Sein schwarzes Haar wuchs dicht, wirkte wie in die Höhe gefönt, und er hatte bereits eine für mich sichtbare Veränderung durchgemacht. Archer hatte keine Hände mehr. Ihm waren dunkle Fellpranken gewachsen, mit langen, schwarzen, leicht glänzenden Nägeln, deren Spitzen leicht gekrümmt zu Boden wiesen.
    Blieb die vierte Person.
    Als ich sie anschaute, traf mich beinahe der Schlag. Ausgerechnet die adelige Lady Anne Forrester hatte es so furchtbar erwischt. Ihr Gesicht sah aus wie von zahlreichen Scherben zerhackt und war nicht mehr als eine rote, aufgequollene, blutige Masse, in der beide Augen eine unterschiedliche Größe aufwiesen. Sie bot einen widerlichen Anblick, und das vornehme Kleid paßte dazu wie ein Schneeball im Ofen.
    »Nettes Quartett«, meinte Suko.
    »Und bestimmt nicht ungefährlich.«
    »Darauf kannst du Gift nehmen.«
    Noch taten sie nichts, sie standen nur da, aber sie zuckten, ebenso wie wir, unter dem mächtigen Donnerschlag zusammen, der über den Himmel dröhnte. Sein Echo prallte auf die Erde nieder und verteilte sich im Gelände, bis es gegen die ferne Felswand geschleudert wurde und von dort noch einmal zurückkehrte.
    Und dann kam der Regen!
    Ich dachte noch darüber nach, weshalb es zwei Personen nur erwischt hatte und die anderen nicht, als mich der Guß mit einer elementaren Wucht traf.
    Im Nu hatte sich die Welt verwandelt. Die Umgebung kam mir vor wie unter einem nie abreißenden Wasserfall stehend. Der starke Regen war so dicht, daß alles andere verschwamm und sich in eine trübe Soße verwandelte.
    Aber es blieb nicht so.
    Immer wenn Blitze den dunkelgrauen Himmel zerrissen wie einen gewaltigen Vorhang, bedeckte ihr Licht den Erdboden sekundenlang mit einem flackernden Teppich, dessen helle Stellen durch den Regen schimmerten und einen nahezu geisterhaften Tanz vor unseren Augen aufführten.
    Wie unter einer Dusche standen wir. Suko bewegte sich als erster. Tropfnaß kam er zu mir und mußte schreien, als er sprechen wollte, denn der Donnerschlag riß ihm die Worte von den Lippen.
    »Wir müssen Sie holen, John! Du zwei, ich zwei!«
    »Okay.«
    »Ich nehme die Adelige und den Mann.« Damit war ich einverstanden. Wir trennten uns.
    Der Regen strömte aus den Wolken. Wind kam auf. Er fuhr in wilden Böen in die vom Himmel fallenden Wasserschleier hinein und trieb sie mit all seiner Kraft zur Seite, so daß sie sich beinahe querlegten. Der Regen jagte mit so einer Wucht aus den Wolken, daß der Untergrund es nicht schaffte, die plötzlichen Wassermassen aufzunehmen und sich sehr schnell schon die ersten großen Pfützen gebildet hatten, die aussahen wie kleine Seen, über deren Oberfläche der Wind strich und ein Wellenmuster erzeugte.
    Auch wenn sich die vier Gestalten nicht bewegten, so rechnete ich damit, daß sie auf keinen Fall harmlos waren.
    Sie sahen aus wie Wächter, vielleicht waren sie auch enttäuscht, daß wir ihnen den Weg zu ihrem Herrn und Meister genommen hatten. Ich konzentrierte mich auf die Nonne.
    Auch ihre Tracht hatte unter den Wassermassen gelitten. Sie klebte am Körper der Frau. Der Stripperin erging es nicht anders, sie kam auf mich zu.
    Ihre Bewegungen hatten nichts mehr mit denen einer Tänzerin gemein. Sie wirkten sehr steif, als wollte sie die Schritte durch den Regen erst noch üben.
    Wieder spaltete ein Blitz die Finsternis in meiner Nähe. Für einen Moment konnte ich die Frau mit dem Namen Cora Vandell besser erkennen. Auf mich wirkte sie wie eine Wachspuppe, doch ich sah auch, daß an ihrer rechten Schulter, vom Hinterkopf her, eine dunkle Flüssigkeit entlanglief.
    Das lenkte mich für einen Moment ab, denn Cora Vandell kam mir vor, als würde sie sich unter den Wassermassen in einem Stadium der Auflösung befinden.
    Sie griff nach mir.
    Ich nahm nicht das Kreuz, ich wollte mich vorher vergewissern, ob sie noch ein Mensch war oder der Teufel sie bereits in eine seiner schrecklichen
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