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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin
Autoren: Peter Prange
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widerlichen Rituale, um den Gott der Christenheit zu verhöhnen.«
    Schon bei der Begrüßung hatte Cornelius Scheppering den Ordensmeister als einen Mann nach seinem Geschmack empfunden. Carafa stand der Glaubenseifer ins hagere Gesicht geschrieben, und je länger er redete, umso mehr verstärkte sich dieser erfreuliche Eindruck zur Gewissheit: Kein Zweifel, hier sprach ein glaubensfester Gottesknecht!
    »Jeder Christenmensch, der reinen Herzens ist, wird Eure Worte freudig unterschreiben«, sagte Cornelius. »Umso weniger ist freilich zu verstehen, dass Seine Heiligkeit sich nicht dazu durchringen kann, das Nötige zu tun. Auch wenn der Kaiser vermutlich nur auf das Geld erpicht ist, das sich mit der Inquisition verdienen lässt, hat er immerhin ein redliches Motiv auf seiner Seite - seinen Krieg gegen die Türken, der gewaltige Summen verschlingt.«
    Carafa strich sich mit einem Seufzer über das Kinn. »Wir hatten solche Hoffnung, als Alessandro Farnese den Stuhl Petri bestieg. Er hat geschworen, die Inquisition in Portugal einzusetzen. Doch nun, da er als Paul III. auf dem Thron sitzt, erweist er sich als ebenso großer Zauderer wie sein Vorgänger. Statt uns freie Hand zu lassen, macht er allerlei Einwände, faselt von Barmherzigkeit und Nächstenliebe. >Weil du aber lau bist<, spricht der Herr, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.< Wahrscheinlich meidet dieser Papst die Inquisition nur, weil er selbst vor das Glaubensgericht gehört.«
    Heiliger Zorn erfüllte Carafas Miene, und tiefe Falten furchten seine Stirn. Doch plötzlich, als überfielen ihn Zweifel daran, ob er seinem Gegenüber trauen dürfte, verstummte er und trat an sein Pult, um in Papieren zu blättern, die dort lagen. »Wie ich sehe«, sagte er über die Schulter, »wart Ihr mehrere Jahre in Amerika, um den Heiden dort das Christentum zu bringen. Ein Amt, das allen Glaubensmut erfordert - sehr lobenswert! Wie habt Ihr zu Eurer Berufung gefunden?« »Lange Jahre bin ich in der Finsternis gewandelt, bevor die Muttergottes mich auf den rechten Weg führte«, erwiderte Cornelius. »Als junger Mann arbeitete ich im Kontor einer Antwerpener Handelsfirma. Die Firma gehörte einem Marranen, doch die Bezahlung war gut, und ich musste meine Mutter ernähren. Damit beruhigte ich zumindest mein Gewissen. Als aber meine Mutter starb, erschien mir an ihrem Totenbett die Jungfrau Maria. Sie trug mir auf, nicht länger für einen Juden zu arbeiten, sonst wäre ich zu ewigem Höllenfeuer verdammt. Noch am Tag der Beerdigung habe ich um Aufnahme in den Orden gebeten. Seitdem versuche ich, im Gehorsam des Herrn zu leben.« Demütig senkte er das Haupt, während Carafa weiter in den Papieren blätterte.
    »Der Leiter der Expedition berichtet von geschlechtlichen Ausschweifungen auf der Missionsstation?«
    »Wir waren im Reich des Bösen, Ehrwürdiger Vater. Doch mit Hilfe der Jungfrau habe ich allen Anfechtungen widerstanden.« »Seid Ihr dem Bösen begegnet?«
    »Gott hat es mir leichter gemacht, als ich Sünder es verdiene. Manche meiner Glaubensbrüder, würdigere Diener des Herrn als ich, wurden von den Wilden umgebracht. Sie starben mit dem Namen Jesu auf den Lippen. Ich habe sie um ihr Los beneidet.« Carafa legte die Unterlagen zusammen und wandte sich um. »Wäret Ihr bereit, für unseren Glauben an den gekreuzigten Heiland zu sterben?«
    Cornelius Scheppering hob den Blick und sah seinem Ordensmeister fest ins Gesicht.
    »Der Tod ist das Tor zum Leben. Wenn der Herr mir ein Zeichen gibt, welches Kreuz ich auf mich laden soll - gewiss! Ich werde nicht zögern, es anzunehmen.«
    Carafa nickte. »Dann will ich offen mit Euch reden. Die Verfolgung des Unglaubens ist mein heiliges Ziel. Wollt Ihr mir dabei helfen?«
    »Ich würde Gott auf Knien dafür danken.« »Die Inquisition muss in Portugal Einzug halten, um dem Treiben der verfluchten Marranen ein Ende zu setzen. Das Heil der Christenheit steht auf dem Spiel.«
    »Ich bin glücklich, diese Botschaft zu hören. Darf ich fragen, was Ihr zur Erreichung Eures Zieles zu tun gedenkt?« »>Im Anfang war das Wort<«, erwiderte Carafa. »Darum will ich vorerst auf die Macht des Logos bauen und lasse Beweise gegen die Juden sammeln. Beweise, denen sich weder der König noch der Papst verschließen kann. Ich werde die Wankelmütigen zwingen, der Inquisition stattzugeben. Ich habe bereits einen Glaubensagenten nach Lissabon geschickt, zur Hochzeit eines reichen Marranen, des größten Kaufmanns der Stadt. Ich
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