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Die goldene Galeere

Die goldene Galeere

Titel: Die goldene Galeere
Autoren: Ernst Vlcek
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sagte: »Da kommt etwas Grauenvolles auf uns zu. Ich spüre die Bedrohung, die davon ausgeht.«
    »Hat es etwas mit der Goldenen Galeere zu tun?« fragte Mythor.
    Der Caer wandte sich um. »Was weißt du von der Goldenen
    Galeere?«
    »Ich habe Drundyr davon sprechen hören«, antwortete Mythor. »Was hat es damit auf sich?«
    »Die Goldene Galeere ist ein Geisterschiff, über das es unzählige Geschichten gibt«, antwortete Calcos. »Die Legende besagt, dass sie Prinz Nigomir aus den Eislanden gehören soll.
    Das ist ein geheimnisumwittertes Land im hohen Norden. Es heißt, dass Nigomir aus rasender Eifersucht seine heißgeliebte Stiefschwester Karen niedergestochen habe und dann auf seiner Goldenen Galeere vor der Rache seines Vaters, König Irkens, geflohen sei. Auf Geheiß des Königs wurde der Prinz jedoch verfolgt und in die Düsterzone getrieben. Als die Goldene Galeere in der Zone der Düsternis verschwand, da wurde der Fluch des Königs wirksam. Seither geistert die Goldene Galeere mit diesen Seelenlosen über die Meere und spukt in den Köpfen der Seeleute. Viele wollen das Geisterschiff gesichtet haben, aber noch niemandem gelang es, sich ihm zu nähern oder gar seinen Fuß an Bord zu setzen.«
    Die Durduune durchlief eine heftige Erschütterung. Calcos rutschte auf den glitschigen Planken aus und fiel der Länge nach hin. Sein Schrei erstarb, als sich seine Halsleine spannte. Das Schiff wurde ein zweites Mal erschüttert. Diesmal war wie fernes Donnergrollen das Krachen berstenden Holzes zu vernehmen.
    Die Ruderer verließen schreiend ihre Bänke und liefen durcheinander. Die Stimme des Kapitäns verhallte ungehört.
    »Was bedeutet das?« fragte Mythor Nyala, die ihres Vaters Kopf in ihren Schoß gebettet hatte. Sie blickte ratlos und hilfesuchend zu Mythor auf.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Aber wir können unmöglich schon die Insel erreicht haben. Vielleicht lässt das Meer irgendeinen seiner Schrecken gegen dieses verfluchte Schiff los.«
    Mythor sah, wie Kapitän Yardin einen seiner Männer zur Reling stieß. Der Seemann schwang eine Schnur, an der ein faustgroßes Gewicht hing. Er warf das Lot über die Reling und ließ die Schnur nach. Mythor erkannte, dass er die Meerestiefe messen wollte.
    »Wie tief?« fragte Kapitän Yardin, als der Seemann das Lot wieder einholte.
    »Fünf Faden etwa«, kam die Antwort, während der Caer das Lot wieder auswarf. Gleich darauf sagte er: »Vier Faden nur noch, Kapitän. Wir laufen auf Grund. Da!«
    Der Nebel brach auf einmal auf, und Mythor sah, wie sich steuerbords aus den diffusen, vom Fackelschein erhellten Schwaden ein bizarres Gebilde herausschälte. Im ersten Moment hatte er den Eindruck einer Moorlandschaft mit geknickten Bäumen, aus deren Stümpfen sich schlangenartige Kletterpflanzen rankten. Die geborstenen Stämme lagen kreuz und quer und stachen spitz in die Höhe. Irgendwelche Pflanzen, die in trompetenförmigen Trichtern endeten, wanden sich und zuckten in Richtung des Schiffes, als seien sie von unheimlichem Leben erfüllt. Die Durduune trieb steuerbords geradewegs darauf zu.
    »Eine Insel!« rief irgendjemand.
    »In diesem Gewässer gibt es keine Inseln«, widersprach Kapitän Yardin. »Das ist ein Vallsave!«
    Von den Heckaufbauten erklang ein Schrei, der sich mit dem Krachen berstenden Holzes vermischte. Mythor sah, wie das Seitenruder brach, als es gegen ein Hindernis stieß. Der Steuermann wurde von dem schwingenden Ruder getroffen und über Bord geschleudert. Sein Schrei endete in einem Gurgeln.
    Mythor blickte zu Drundyr, der seinen Platz am Altar noch immer nicht verlassen hatte. Der Caer-Priester kniete nun und hatte die dünnen Arme emporgereckt, so als wolle er damit höhere Mächte zu seinem Schutz einfangen. Drundyr schien in einer eigenen Welt zu leben und von den Geschehnissen ringsum nichts zu bemerken.
    Da traf ein neuerlicher Schlag die Durduune, der viel heftiger war als die beiden vorangegangenen. Einige Männer gingen über Bord. Die Bordwand vor Mythor wurde eingedrückt, und er sah, wie sich spitze, gezackte Stacheln von Übermannslänge durch die dicken Bohlen bohrten. Das ganze Schiff wurde an Backbord hochgehoben. Mythor rutschte auf den schrägen Planken ab und wurde gegen den Mast gedrückt. Er hatte sich von dem Aufprall noch nicht erholt, als ihn zwei schwere Körper trafen. Er erkannte, dass es sich um Nyala und um Herzog Krude handelte. Unwillkürlich griff er nach der Tochter des Herzogs und drückte sie
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