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Die goldene Galeere

Die goldene Galeere

Titel: Die goldene Galeere
Autoren: Ernst Vlcek
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ihnen, was du kannst.«
    Wieder durchschnitt die Peitsche mit dumpfem Laut die Luft, aber der Nebel geriet nicht in Bewegung. Calcos sprang japsend hoch und begann mit trippelnden Schritten um den Mast herumzugehen. Mythor und Nyala halfen dem Herzog von Elvinon auf die Beine. Als dieser stand, stieß er jedoch die helfenden Arme von sich. »Ich kann mich aus eigener Kraft halten«, sagte er würdevoll.
    Mythor sah, wie sich Yardin abwandte und zu den Heckaufbauten hochstieg.
    »Er sucht Drundyrs Rat«, raunte ihm Calcos zu, während er neben ihm trippelte. »Aber wenn es ernst wird, dann schert der Priester sich nicht um das Schiff und uns. Er wird nur an sich alleine denken.«
    »Was könnte einem so großen Schiff wie der Durduune denn gefährlich werden?« fragte Mythor und blickte besorgt zu dem Knotenpunkt am Mast hoch, wo alle vier Leinen zusammenliefen. Als er sah, dass der Strang aus den vier Schnüren um Unterarmlänge zugenommen hatte, hielt er Calcos zurück und wartete, bis Nyala und ihr Vater sie erreicht hatten.
    »Es gibt Meeresbewohner, die drei- und viermal so groß sind wie dieses Schiff«, erklärte Calcos. »Die Vallsaven etwa.«
    »Das sind Fabelwesen«, fiel Nyala ihm ins Wort. »Ich kenne keinen Menschen, der jemals ein solches Untier mit eigenen Augen gesehen hätte.«
    »Weil keiner, der einen Vallsaven je gesehen hat, dies überlebte«, erklärte der Caer.
    Um sie war eine unheimliche Stille. Der Nebel schluckte selbst das Geräusch ihrer Schritte. Kein Ruderschlag war zu hören, obwohl Mythor undeutlich an den sich krümmenden und streckenden Rücken der Ruderer erkannte, wie sie sich in die Riemen legten.
    Plötzlich vernahm er einen erstickten Laut und sah, wie Herzog Krude, der sich in die falsche Richtung bewegte, von der sich spannenden Leine zurückgeschnellt wurde. Bevor er sich jedoch um ihn kümmern konnte, erklang eine flüsternde Stimme an seinem Ohr. Sie kam aus Richtung der Heckaufbauten und gehörte offenbar Drundyr. Mythor verstand die Worte so deutlich, als stehe der Caer-Priester neben ihm. Dabei war er einige Mannslängen entfernt und in dem dichter gewordenen Nebel nur noch zu erahnen.
    Er hörte Drundyr sagen: »... im Fahrwasser der Goldenen Galeere...« Mehr war nicht zu verstehen.
    »Mythor!« Das war Nyala. Er eilte sofort zu ihr. Sie hatte sich über ihren am Boden liegenden Vater gebeugt. Herzog Krudes Gesicht war dunkel verfärbt, und er rang verzweifelt nach Luft. Die Halsschlinge drohte ihn zu erwürgen.
    Mythor versuchte, mit zwei Fingern unter die Schlinge zu greifen, um sie zu lockern, aber dadurch schnitt er des Herzogs Atemwege nur noch mehr ab.
    »Da hilft nur Meerwasser«, sagte Calcos. »Das Salzwasser macht die Fasern geschmeidig und dehnt sie.«
    Noch während der Caer sprach, entdeckte Mythor einen hölzernen Eimer, der an einem Tau befestigt war. Er holte ihn mit schnellen Bewegungen ein und schleuderte ihn dann weit über die Reling. Kein Geräusch war zu hören, als der Eimer ins Wasser fiel. Mythor wollte den Eimer sofort wieder einholen. Aber er schien irgendwo festzuhängen, denn obwohl er mit aller Kraft an dem Tau zog, gab es nicht nach. Als Calcos ihm zu Hilfe kam und sie mit vereinten Kräften zogen, riss das Tau.
    Im selben Moment gab es eine Reihe dumpfer Laute wie von brechendem, morschem Holz.
    »Die Ruder!« rief Calcos aus.
    Mythor sah im Nebel hinter der Reling irgendetwas splittern, und er hatte tatsächlich den Eindruck, als würden die dicken Riemen brechen. Etwas spritzte auf und quoll dann dickflüssig über die Reling. Langsam floss es über das leicht schräge Deck auf sie zu.
    »Wie zähflüssig es auch ist, es ist Meerwasser«, sagte Calcos zu dem zögernden Mythor, der es daraufhin mit beiden Händen schöpfte. Das Salzwasser, das gerade noch so dick wie Honig gewesen war, wurde in seinen hohlen Händen wieder dünnflüssig. Ohne zu zögern, träufelte er es auf Herzog Krudes Hals, während Nyala in fiebriger Hast die Schlinge damit einrieb. »Es hilft«, sagte sie erleichtert. »Die Schlinge wird lockerer.«
    Mythor schöpfte noch zweimal beide Hände voll Meerwasser, bis deutlich zu erkennen war, dass die Schlinge des Herzogs Hals nicht mehr einschnürte.
    »Vater lebt«, sagte Nyala. »Aber er hat das Bewusstsein verloren.«
    Während Mythor sich die feuchten Hände an seiner Halsschlinge abwischte und bald merkte, dass sie daraufhin nachgab, wandte er sich Calcos zu, der in den undurchdringlichen Nebel starrte und
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