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Die Giftköchin

Die Giftköchin

Titel: Die Giftköchin
Autoren: Arto Paasilinna
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anderen russ i schen Wörter eingefallen, vielleicht sei es gedankenlos gewesen, vor ihren Rettern solche Bänkellieder aus der Kriegszeit von sich zu geben. Wenn man als alte Frau zusammen mit einer Leiche Stunde um Stunde auf dem nebligen Meer dahintreibe, verliere man eben die Fa s sung. Sie habe, der Not gehorchend, starkes Bier tri n ken müssen, da im Boot kein Trinkwasser gewesen sei.
    Troitalew befahl der Mannschaft, ihm das Bier ausz u händigen. Neun kalte Büchsen wurden in den Küh l schrank des Salons gestopft. Als man wieder unter sich war, bat Linnea den Kapitän, das finnische Bier zu probieren. Nach all den Erschütterungen werde sie auch ein wenig davon trinken, falls es ihm recht sei.
    »Nicht schlecht, eigentlich schmeckt es besser als u n ser Piwo«, lobte der Kapitän. »Aber ich mag eigentlich kein Bier, das ist mehr ein Getränk der Mannschaft.«
    Linnea war derselben Meinung. Auch sie trinke im allgemeinen kein Bier, höchstens mal nach der Sauna eine halbe Flasche gegen den Durst. Aber jetzt sei eine Ausnahmesituation.
    Troitalew schlug wieder einen offizielleren Ton an und erklärte, die Dame befinde sich jetzt auf dem Mine n suchboot »Stachanow«, und sie müsse alle Fragen, die man ihr stelle, wahrheitsgemäß beantworten. Zunächst solle sie erzählen, was sich zugetragen habe, und sich vor allem zu der Leiche äußern, die sich dem Verne h men nach in ihrem Boot befunden habe.
    Linnea gab einen kurzen Bericht über die Ereignisse von dem Moment an, da Kauko Nyyssönen sie in He l sinki gekidnappt und in sein Boot gesetzt hatte. Troit a lew kritzelte irgendwelche Notizen. Er fragte, ob sie auf dieser ungewöhnlichen Bootsfahrt Grund gehabt habe, um ihr Leben zu fürchten. Linnea erwiderte, nicht daß sie wüßte, abgesehen vom Nebel und dem steuerlosen Treiben auf dem Wasser. Bei dem Toten handle es sich um ihren Pflegesohn Kauko Nyyssönen, der unglücklich ums Leben gekommen sei, nachdem er das Ruder auf den Kopf bekommen habe.
    Der Funker erschien und fragte, ob man über die Le i che und die gerettete Frau eine Meldung nach Paldiski schicken müsse. Troitalew beschloß, es sei nicht nötig, noch nicht. Der Schiffsarzt erstattete Bericht. Der Tote sei oberflächlich untersucht worden, man habe ihn als Finnen identifiziert, die Todesursache sei Schädelbruch. Die Leiche weise außerdem Knochenschäden auf, ein Oberschenkel sei gebrochen, ebenso die beiden unte r sten Rippen auf der linken Seite.
    Troitalew ordnete an, die Leiche in die Kühlräume zu schaffen. Da behauptete der Idiot von Stewart doch glatt, das gehe nicht, in den Kühlräumen habe man erst eine Woche zuvor Proviant gebunkert, sie seien voll mit geschlachteten Schweinen und Rindern.
    »Ziehen Sie einen von den ranzigen Schweinskadavern raus, zerkleinern Sie ihn, würzen Sie damit die Koh l suppe, und stopfen Sie den Finnen stattdessen rein!«
    Anschließend wurde ein detailliertes Vernehmung s protokoll aufgesetzt, in drei Exemplaren, die der erste Steuermann handschriftlich anfertigte und die Linnea Ravaska und Kapitän Troitalew durch ihre Unterschri f ten bestätigten. Linnea fragte, ob man auf dem Schiff keine Schreibmaschine habe, weil die Dokumente per Hand angefertigt wurden.
    Troitalew knurrte, auf diesem Schrottkahn gebe es nicht mal einen Samowar für das Grogwasser, dies sei ein Minenboot und keine schwimmende Kanzlei. Man könne froh sein, wenn man einen schreibkundigen Offizier finde, der das Protokoll aufsetzen könne.
    Linnea konstatierte darauf, er habe ähnliche Chara k terzüge wie ihr verstorbener Mann, Oberst Rainer R a vaska. Der Oberst habe an der finnischen Ostfront gegen die Rote Armee gekämpft. Sie betonte, die Motive ihres Mannes seien nicht auf persönliche Feindschaft zurückzuführen, sondern er sei Berufssoldat gewesen.
    Der Kapitän erzählte, auch sein Vater, Wladimir Tro i talew, habe in den Bodentruppen gekämpft, zufällige r weise ebenfalls an der Ostfront, und das waren aus Sicht der sowjetischen Armee die Kriegshandlungen gegen die Japaner in der Mandschurei. Zu den Motiven seines Vaters wollte Troitalew keine Stellung nehmen.
    Hieraus entspann sich ein interessantes und herzl i ches militärpolitisches Gespräch, das bis zum Morgen dauerte. In seinem Verlauf erzählte Troitalew ausfüh r lich von der eigenen Laufbahn in der Roten Flotte. Li n nea ihrerseits gab einen Einblick in die militärischen Bemühungen Finnlands während des Zweiten Wel t kriegs, insbesondere den Anteil
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