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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2
Autoren: cook
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eines Schiffes zu stehen, den Wind im Haar zu spüren und zu fühlen, wie das Gleichgewicht zwischen Wind und Wellen in den Planken unter meinen Füßen vibrierte. Es machte mir nichts aus, dass die Besatzung missmutig und unleidlich war. Ich konnte nichts dafür.
    Weil Alex Contessa über Bord geworfen hatte, würden wir es vor Sonnenuntergang nicht mehr in den nächsten Hafen schaffen. Normalerweise wäre das nicht weiter schlimm gewesen, weil Kapitän Borlett ebenso wie die Kapitäne der begleitenden Kriegsschiffe bei Nacht ebenso gut segeln konnten wie bei Tage. Doch der nahende Sturm verunsicherte die Leute. Ich wusste, dass sie, irgendeiner absurden männlichen Logik folgend, mir die Schuld daran gaben. Alex konnten sie keine Vorwürfe machen, und weil Frauen auf Schiffen angeblich Unglück brachten, hatte sich der eine oder andere von ihnen vermutlich auch schon irgendwann einmal gewünscht, sie über Bord zu werfen. Ich hatte Haron sogar brummeln hören: »Wir hätten eben nicht umkehren sollen.«
    Meine Finger packten die Reling fester, als eine Böe uns traf und das leichte Schiff langsam krängte. Ich wandte den Kopf, so dass mir die Haare ins Gesicht peitschten, und sah mich nach Haron am Steuer um, der sich breitbeinig sicheren Stand verschafft hatte. Sein bärtiges Gesicht verschwamm in der herabsinkenden Dämmerung, doch seine Haltung sagte mir, dass er froh war, wieder in Bewegung zu sein. In seiner Nähe standen Kapitän Borlett, Duncan und Jeck.
    Ich runzelte die Stirn. Sie schienen in eine angeregte Unterhaltung vertieft zu sein, und ich machte mich sofort auf den Weg zu ihnen. Etwas flatterte in meinem Magen, als ich einen verstohlenen Blick auf Jeck warf. Er war einen Kopf größer als alle anderen und sah in seiner schwarzgrünen Misdever Uniform schneidig und elegant aus. Der Wind zupfte sein tiefschwarzes, leicht gewelltes Haar über den kleinen Ohren hin und her. Er hatte sich das Rasieren ebenfalls angewöhnt, und seine Wangen hatten den gleichen dunklen Schimmer gut geölten Holzes angenommen wie seine restliche Haut.
    Die schwarz-silberne Schärpe um seine Taille war das einzige Abzeichen seines hohen Ranges, seit der offizielle, übertrieben schneidige Hut mit der herabhängenden Feder gleich am ersten Tag über Bord gegangen war. Ich wusste, dass Jeck ihn absichtlich verloren hatte, weil er zu Recht fand, dass das Ding an ihm lächerlich aussah. Er war nicht viel älter als ich, doch dank seines verborgenen Status als Spieler war er schneller durch die Ränge aufgestiegen als allgemein üblich. Sein kantiger Kiefer und die muskulösen Arme ließen allerdings keinen Zweifel daran, dass er sich nicht allein dadurch den Posten eines Hauptmanns verschafft hatte. Der Mann besaß genug Muskelkraft, um sich das, was er wollte, mit Gewalt zu holen, wenn seine Magie ihn nicht weiterbrachte. Und diese Eigenschaft machte mich misstrauisch.
    Er hatte ein anderes Schwert am Gürtel als sonst, und ich nahm an, dass Alex nun Jecks beste Klinge trug. Jeck sah meinen Blick auf das Heft gerichtet, als ich näher kam, und zuckte kaum merklich mit den breiten Schultern. Er warf mir einen leicht belustigten Blick zu, während er mit Kapitän Borlett sprach. Er fand die ganze Sache spaßig. Dass Contessa beinahe gestorben wäre, war für ihn nur komisch. Was für ein Schohschaufler.
    »Guten Abend, meine Herren«, sagte ich und unterbrach sie dreist, indem ich mich zwischen Kapitän Borlett und Duncan schob. Ich berührte meinen noch feuchten Haarknoten, um mich zu vergewissern, dass meine Pfeile noch da waren, wo sie bleiben würden, solange Jeck an Bord war.
    »Madam«, sagte der gedrungene Kapitän der Strandläufer, der mich als ebenbürtig in den Kreis aufnahm. Das war erfrischend, und meine Gereiztheit ließ nach.
    »Hallo, Tess. Du siehst gut aus«, bemerkte Duncan und betrachtete demonstrativ aufmerksam das Kleid, das ich trug, wenn wir an Land gingen, wo es auf den äußerlichen Eindruck ankam. Ich wusste, dass ich viel zu protzig gekleidet war, aber dies war das einzige saubere, trockene Kleidungsstück, das ich hatte.
    »Danke.« Ich lächelte ihn aufrichtig an und sah Jeck einen Schritt zurückweichen; er seufzte entnervt. »Wann werden wir denn voraussichtlich einlaufen, Kapitän?«, erkundigte ich mich, um vielleicht so herauszufinden, worüber sie gesprochen hatten.
    Der stämmige Mann zog die Lippen zwischen die Zähne, so dass sein grauer Schnurrbart hervorragte. Seine Hände glitten in die
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