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Die gesandte der Köingin Tess 2

Die gesandte der Köingin Tess 2

Titel: Die gesandte der Köingin Tess 2
Autoren: cook
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und da wir erst heute vor Sonnenaufgang den letzten Hafen verlassen hatten, war er auch glatt rasiert.
    Duncan hatte schon immer gut ausgesehen – sein etwas schalkhaftes Gesicht passte zu seinem schlanken Körper, den breiten Schultern und der schmalen Taille. Aber jetzt, da er all das mit einem gewissen bescheidenen Wohlstand zur Schau stellte, war er geradezu attraktiv. Und schlimmer noch – das wusste er auch.
    Der selbsterklärte Falschspieler begegnete meinem Blick, und seine Lippen verzogen sich zu einem durchtriebenen Lächeln, als er bemerkte, dass ich ihn wieder einmal beobachtete. »Mithalten oder aussteigen«, sagte er, und seine gelassene Stimme entsprach dem leicht neckenden Ausdruck in seinen Augen. Ich errötete und schob eine der Süßigkeiten, die uns als Spieleinsatz dienten, in die Mitte des Tisches. Als ich die nächste Karte vom Ablagestapel abhob, wäre ich beinahe zusammengezuckt, als ich feststellte, dass er nicht auf den Tisch abgelegt, sondern die Karte irgendwo an sich versteckt hatte. Kaulköder, das ist mir entgangen. Wenn ich jetzt verlor, geschah mir das ganz recht.
    Die streitenden Stimmen meiner Schwester und ihres neuen Ehemanns wurden plötzlich lauter, und ich fuhr zusammen, als etwas am Heck laut krachte. Die Stimmen wurden wieder gedämpft, und ein Schatten erschien aus den hinteren Tiefen des Schiffes. Der vollkommen sichere, breitbeinige Gang sagte mir, dass es Haron war. Hier und da musste er seitwärts gehen, so eng wurde der Mittelgang, und dann betrat er die winzige Kajüte am Fuß der Treppe. Der erste Offizier der Strandläufer stapfte an uns vorbei, das wettergegerbte Gesicht vor Ärger verzerrt. Er trampelte die Treppe hinauf, und sein Schatten tauchte den Tisch und unsere Hände kurz ins Dunkel. Er brummte beständig und sehr respektlos vor sich hin, wie dumm und gefährlich es sei, eine Frau auf dem Wässer dabeizuhaben, und dass wir alle dadurch den Tod finden würden, wofür man ihm aber dann nicht die Schuld geben könne.
    Die leichte Berührung an meinem nackten Fuß, als Duncan die langen Beine ausstreckte, riss meine Gedanken abrupt zu unserem Spiel zurück. Den Augenblick der Ablenkung hatte Duncan genutzt, um die Karte aus seinem Ärmel zu einem sichereren Versteck zu bewegen. Ich hatte es nicht gesehen, wusste aber, dass genau das passiert war, weil er sich demonstrativ streckte, um deutlich zu zeigen, dass sich nichts in seinem Hemdsärmel befand. Sein Hut saß jedoch ein wenig anders als zuvor, und ich hätte meine sämtlichen Karamellbonbons darauf verwettet, dass die Karte jetzt darunter steckte.
    Ich ärgerte mich darüber, dass ich schon wieder etwas verpasst hatte, hielt meine Miene aber sorgfältig ungerührt. Dass ich mich von Duncan derart hatte ablenken lassen, war unentschuldbar.
    »Willst du jetzt ablegen oder nicht?«, fragte er und verbarg seine Täuschung zusätzlich unter aufgesetzter Ungeduld.
    Ich beäugte den ach so schuldlosen Mann und steckte mir langsam eine meiner Kamellen in den Mund.
    »He!« Er lächelte belustigt. »Die darfst du nur essen, wenn du sie gewonnen hast.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. »Oder wenn ich dich ertappe.«
    Einen Moment lang sah er mich überrascht an, dann spannte sich sein Kiefer. »Brennende Schohgruben«, fluchte er, sank in sich zusammen und wandte den Blick ab. Mit abrupten Bewegungen fing er an, seine Karten einzusammeln.
    »Duncan, warte doch«, sagte ich, denn als er mir die Karten aus den Fingern riss, tat er mir plötzlich leid. »Ich habe nur die eine gesehen. Nur die, die du in den Ärmel gesteckt hast. Alles andere war perfekt. Und ich wusste nur, wonach ich schauen musste, weil du mich ständig abgelenkt hast.«
    Er kniff die braunen Augen zusammen. »Du hast gesehen , wie ich sie eingesteckt habe?«
    Ich nickte, wünschte aber inzwischen, ich hätte meinen Stolz heruntergeschluckt und den Mund gehalten.
    »Das ist die Kälte«, sagte er, blickte auf seine linke Hand hinab und krümmte die Finger. Mit geschürzten Lippen stopfte er die Karten in die Lederhülle, in der er sie aufbewahrte. Ich fühlte mich schuldig und schwieg. Es lag nicht an der Kälte – die warme Meeresströmung an der Küste verhinderte, dass der Schnee sich lange hielt. Es war das Gift, das immer noch nicht ganz aus seiner Hand verschwunden war.
    Dass er sich vor nicht allzu langer Zeit an meiner Haarnadel gestochen hatte, war ein Unfall gewesen, aber ich hatte deswegen trotzdem ein schlechtes Gewissen. Ich war aus
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