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Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)

Titel: Die Geliebte des gelben Mondes (German Edition)
Autoren: Susanne Pilastro
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liebevoll umhüllend beschützte und aus der ich schließlich schmerzerfüllt
gerissen wurde.
    Ich lag in einer Hütte und hatte das merkwürdige Gefühl,
in die Vergangenheit versetzt worden zu sein. So hatte es sich damals
angefühlt, als ich in Meister Gishins Hütte erwacht war – nur, dass das
unmöglich die Hütte meines damaligen Retters sein konnte. Wie in aller Welt
hätte ich in meinem Zustand die Strecke über den Berg geschafft? Nein – ich war
an einem anderen Ort. Aber wo? Und wo war Bao?
    Kraftlos versuchte ich, mich zu bewegen, doch
alles schmerzte. Ich hob meine Hand, um sie mir anzusehen; dann die andere;
alles schien in Ordnung. Schließlich winkelte ich ein Bein an. Oh, das ließ ich
besser. Das zweite zu bewegen war vollkommen unmöglich; alleine der Gedanke
daran schmerzte.
    „Hallo?“, rief ich in den kleinen, dunklen Raum.
„Ist da jemand?“
    Doch es blieb still.
     
    Die Sonne erhellte den Tag und ich entdeckte neben
meinem Kopf in erreichbarer Entfernung einen Krug. Mühsam richtete ich mich, so
gut es ging, auf und sah hinein; er war mit Wasser gefüllt und ich versuchte,
davon zu trinken. Das kühle Nass befeuchtete meine ausgetrocknete Kehle und mir
stiegen vor stechenden Kopfschmerzen Tränen in die Augen.
    Meine Kraft reichte nur für ein paar Schlucke aus
und ich ließ mich zurück auf den Boden gleiten.
    Der Tag neigte sich schließlich dem Ende zu und
brachte eine weitere Nacht. Niemand kam und sah nach mir. Schon wollte ich
verzweifeln; die Schmerzen wurden mehr und ich verlor hin und wieder das
Bewusstsein. Schließlich war mir, als beugten sich zwei Menschen über mich.
Etwas in mir änderte sich und eine wohlige Wärme durchfuhr meinen Körper. Wie
durch einen Nebel hörte ich Männerstimmen.
    „Ich hoffe, sie lebt noch, Herr. Wie froh bin ich,
dass ich Euch gefunden habe!“, sagte die eine Stimme.
    „Das bin ich auch, mein Sohn“, sagte eine weitere.
„Vor allem bin ich froh, dass wir rechtzeitig gekommen sind. Sie hätte nicht
mehr lange alleine hier liegen können.“
    „Was hätte ich anderes tun können, Herr?“,
verteidigte sich die erste Stimme. „Ich habe versucht, mit ihr zusammen zu
reiten; aber ihr Zustand ließ es einfach nicht zu. Ich wusste ja auch nicht, wo
genau ich Euch finden würde. Es grenzt ohnehin an ein Wunder, dass Ihr mir über
den Weg gelaufen seid!“
    „Wunder gibt es nicht, mein Sohn.“ Diese Stimme
kam mir bekannt vor – und auch die andere. Verzweifelt suchte ich in meiner
Erinnerung nach Gesichtern, die ich ihnen beiden zuordnen konnte. Noch bevor
ich sie parat hatte, antwortete mein Körper mechanisch: „Meister Gishin. Das
ist ein Trugbild, nicht wahr?“
    „Still, mein Kind! Du musst dich schonen. Du hast
einen schrecklichen Weg hinter dir. Aber jetzt bist du für immer in
Sicherheit.“
    „Ich danke Euch, Meister“, antwortete ich, bevor
ich wieder in meinen wohligen Schlaf fiel.
     
    „Für immer in Sicherheit“, war der erste Gedanke,
der mir kam, als ich mit klarem Kopf erwachte. Sofort rief ich nach Meister
Gishin und war schon darauf gefasst, keine Antwort zu bekommen. Es grenzte an
das Unmögliche, dass der gleiche Mensch mich zweimal in meinem Leben retten
konnte. Doch ich hatte es mir nicht eingebildet.
    „Ihr seid wach – wie schön!“
    „Was macht Ihr hier?“, fragte ich fassungslos und
doch überglücklich.
    „Euer treuer Freund hat mich geholt.“
    „Bao? Bao ist hier?“ Mein Gesicht erhellte sich
vor Freude. Ein Schatten erschien in der Tür und ich blickte hinüber.
    „Nein. Ich bin es. Ketùn.“ Er hielt inne. „Ich
hoffe, Ihr seid nicht all zu enttäuscht.“
    „Wo ist Bao?“, wollte ich wissen und wünschte im
gleichen Moment, dass ich ein wenig mehr Taktgefühl hätte aufbringen können.
Der junge Mann liebte mich noch immer, das konnte ich ihm ansehen.
    „Bao wurde nach Qin berufen. Aber er hat gesagt,
dass er zurückkehrt, sobald es ihm möglich ist.“
    Enttäuschung machte sich in mir breit und ich
hatte weder die Kraft noch die Lust, sie zu unterdrücken.
    „Wichtig ist doch, dass Ihr lebt.“ Itosus Stimme
holte mich aus meinen düsteren Gedanken. „Und Ihr scheint in diesem Leben
beweisen zu wollen, dass Ihr stark und voller Überlebenskraft seid! Was habe
ich Euch gesagt bei unserem Abschied?“
    Ich schloss die Augen. „Ich kann alles schaffen,
wenn ich nur daran glaube.“
    „Ihr habt es Euch also gemerkt“. Itosu lachte verschmitzt.
„Das freut mich.“ Dann wurde er etwas
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