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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)
Autoren: Klaus Funke
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Würstchen. Und zu Klara: Lass uns hineingehen!
    Man begab sich ins Esszimmer, einen einfach, aber geschmackvoll eingerichteten Raum, der durch allerlei silberne Teller und tönernes Gefäß auf Regalleisten und an den Wänden geziert war. Das Dienstmädchen und die Köchin standen neben der Tür und knicksten, als die Eheleute eintraten – zwei junge Mädchen, beide kaum zwanzig, rotwangig, blühend und gesund. Blond die eine, rothaarig die andere. May tätschelte sie im Vorbeigehen, zwackte sie in die strammen nackten Oberarme. Die eine kicherte. Klara fuhr herum und machte ein drohendes Gesicht, schwieg aber und setzte sich an den Tisch. Zuerst aßen sie schweigend, die Köchin bediente, Klara folgte ihren Bewegungen und Handreichungen mit misstrauischem Blick. Man würde diese „Karline“ entlassen müssen, dachte sie, sie nimmt sich zu viel heraus. Erst gestern hat sie wieder eine unbotmäßige Bemerkung gemacht. Die andere, das Dienstmädchen Hedy, hat sich verplappert. Es wäre kaum zu glauben, soll die Köchin gesagt haben, dass der Herr Doktor ein Pferdekenner und guter Reiter sei, sie hätte ihn beobachtet, wie er an ein Postpferd herangetreten sei, oh, da wäre viel Angst und Unsicherheit gewesen – sie kenne sich aus; während ein Freund von ihr, Garde-Dragoner in der Residenz, das ganz anders täte, von vorn und mit Zureden nämlich, wie es sich gehört, hätte sich der Doktor von hinten angeschlichen, fast so, als ob er sich fürchtete. Nein, ein erfahrener Reiter wäre er gewiss nicht. Klara beschloss, sich die Köchin erst einmal allein vorzunehmen, ehe sie die Sache Karl vortragen und eine Entscheidung fordern wollte. Man stelle sich vor, dachte sie weiter, das dumme Ding redete von ihren Beobachtungen in der Nachbarschaft oder die Garde-Dragoner, bei denen ihr Freund diente, alles große May-Leser, würden davon erfahren. Gerüchte entstünden, die gerade jetzt, wo an allen Ecken Stimmung gegen Karl gemacht würde, gefährlich werden konnten … Außerdem kochte sie einfach zu gut, Karl ging in letzter Zeit häufig in die Küche, um zu naschen. Wer weiß, ob man bei der Gelegenheit nicht auch schäkerte. Hübsch ist sie ja, der rote Teufel …
    Klara schaute über den Tisch zu ihrem Mann. Der ahnte nichts von ihren Gedanken, er aß mit sichtlichem Behagen; aber,
wie
er die Hühnersuppe löffelte,
wie
er genießerisch den Mund spitzte und die Augen verdrehte, dies schien ihre Vermutung von der guten Köchin zu bestätigen: Vielleicht denkt er beim Essen sogar an sie. Und das Luder steht neben der Tür, fröhlich grienend, lauernd, erwartet womöglich ein Lob und Aufmunterung. Und tatsächlich, Karl May, der den Blick seiner Frau bemerkt hatte, hob den Kopf, warf rasch ein schnelles Augenzwinkern zu der neben der Tür stehenden Rothaarigen. Seine blauen Augen blitzten. Und Klara glühte, indes beherrschte sie sich. Nein, sie würde jetzt nicht den Kopf drehen, obwohl sie wetten könnte, dass das Luder triumphierend lächelte. Oh, schon morgen würde sie sich die freche kleine Person vornehmen, schon morgen, jawohl. Und dann …
    Klara legte den Löffel hin.
    Sag mal, mein Herzle, hat sich nicht für morgen Max Dittrich angemeldet?
    May nickte, behielt aber den Löffel in der Hand und rührte gedankenverloren in der Nudelsuppe. Ja, du weißt, ich muss mich mit ihm noch einmal in dieser ekelhaften Münchmeyer-Sache beraten. Er kennt die Namen der Schmierfinken, die sich an meinen Texten vergriffen haben. Die muss ich unbedingt erfahren. Und dann müssen wir gemeinsam so eine Art Strategie entwerfen. Mit Maxe kann ich wie mit keinem Klartext reden, der versteht mich …
    Klaras Blick verdüsterte sich, ihr ernstes Gesicht wurde noch strenger, als sie leise antwortete, sie wisse wohl, warum er Max Dittrich sprechen wolle, und im Falle Münchmeyer dürfe man keine Skrupel kennen, weil die Pauline ebenfalls vor nichts zurückschrecke, indes ändere dies nichts an ihrer Meinung, dass ihr diese Männerfreundschaft aus alten Anstaltstagen ganz und gar nicht gefalle. Immer, wenn Dittrich da wäre, habe sie das Gefühl, er verberge etwas vor ihr oder er lasse sie fühlen, dass er von meinem Karl Dinge wisse, die sie niemals erahnen könne und die ihr auch von ihm, ihrem lieben Herzensmann, verschwiegen würden … er habe so ein unverschämtes Lächeln, der Dittrich, das ihr dreist vorkomme, und sie denke dann immer, dies sei eine Art Anstaltslächeln, was er im Gefängnis erlernt habe, wo das geheime Wissen
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