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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
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welcher Sorte gehört er dann?«
    »Du wirst dir gleich selbst ein Urteil bilden können. Das dort ist Rosehill.«
    Ich sah nach vorn, entdeckte aber nur ein kleines, niedriges Cottage, das dicht am Straßenrand stand und Licht und Wärme durch seine Fenster ausströmte. »Was, das dort?«
    »Nein. Das«, erklärte er mit der Geduld eines Nachhilfelehrers, »ist das Cottage des Verwalters. Dort geht die Auffahrt ab, siehst du? Sie führt den Hügel hinauf bis zu dem großen Haus zwischen den Bäumen …«
    »Rosehill«, riet ich.
    »Richtig.«
    Auf dem Hügel konnte ich zunächst überhaupt kein Haus erkennen, sondern nur einen bedrohlich aufragenden Block aus Dunkelheit, umgeben von noch dunkleren, nur schemenhaft wahrnehmbaren Bäumen. Doch dann fuhr der Wind in die Bäume und bewegte die Äste, und ich sah einen Schimmer gelblichen Lichts zwischen ihnen aufblitzen. Es wirkte längst nicht so anheimelnd wie das Licht in dem kleinen Cottage. Dort wohnt bestimmt eine Familie, dachte ich, als Adrian in die Auffahrt einbog und wir an den leuchtenden Fenstern vorbeiglitten. Eine junge Familie, die gemütlich zusammen vor dem Fernseher sitzt.
    Das Licht im Herrenhaus war ganz anders. Es sah nach geistiger Arbeit und Intellekt aus, nach Zurückgezogenheit – es erinnerte mich an die Kerze eines Studenten, die nachts in einem einsamen Dachzimmer brennt. Wer dort wohnte, wollte keine Gesellschaft. Er wollte ungestört sein.
    Der seltsame Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, daß in der ganzen riesigen Festung von einem Haus nur dieses eine Fenster im Erdgeschoß erleuchtet war. Ich runzelte die Stirn. »Sieht aus, als wäre er schon zu Bett gegangen.«
    »Um neun Uhr abends? Sehr unwahrscheinlich. Nein, da heute Donnerstag ist und die Köchin frei hat, wette ich, daß unsere Fabia zum Essen ausgegangen ist und der alte Herr sich mit ein paar Eiern und Pommes frites in sein Arbeitszimmer zurückgezogen hat.«
    »Fabia?«
    »Quinnells Enkelin. Ein ziemlich attraktives junges Ding. Blond. Jedenfalls sagt Quinnell, sie sei seine Enkelin«, korrigierte er sich. Dann sah er mein Gesicht und grinste, als er den Wagen das letzte steile Stück der Auffahrt hinaufjagte. »Keine Sorge, Darling, der alte Knabe ist genauso harmlos wie ich.«
    »Aha.«
    »Sag nicht immer ›aha‹ in diesem überlegenen, spitzen Tonfall.« Er schaltete den Motor aus und drehte sich zu mir herüber. »Wirklich, Verity, dein Mangel an Vertrauen zu mir ist erschreckend. Womit habe ich das nur verdient?«
    Jetzt war ich an der Reihe zu grinsen. »Möchtest du eine Liste?«
    »Uuh«, schnaufte er, als hätte er Schmerzen, »der Todesstoß. Mein Ego hat nicht die geringste Chance, wenn du in meiner Nähe bist, stimmt’s? Trotzdem«, lenkte er ein, während er sich an mir vorbeilehnte, um die Beifahrertür zu öffnen und dabei die Wirkung seiner Berührung zu testen, »freue ich mich, daß wir wieder zusammenarbeiten werden. Wir waren wirklich ein tolles Team.« Das verwegene Lächeln kam meinem Mund im Halbdunkeln sehr nahe. Vor drei Jahren wäre ich vielleicht noch darauf hereingefallen, aber jetzt war ich glücklicherweise immun dagegen.
    »Nun«, sagte ich, »noch habe ich die Stelle ja nicht.« Ich stieß meine Tür auf, und die kalte Nachtluft wirbelte herein und vertrieb die intime Stimmung. Er lachte und machte eine Bemerkung, die ich nicht hörte, weil der Wind sie fortriß. Dann schlug die Fahrertür zu, und er kam um den Wagen herum, um mich über eine ebene Kiesfläche zum Haus zu begleiten.
    Ich war froh, daß ich nicht stolperte, während wir auf den riesigen, kompakten Schatten vor uns zugingen. Ohne Licht konnte ich keinerlei Einzelheiten der Hausfront ausmachen und mußte mich auf Adrian verlassen, der mich eine seitlich angebrachte, steinerne Treppe hinauf zur Eingangstür führte. Wenigstens nahm ich an, daß es sich um die Eingangstür handelte, denn er klopfte mit einem Türklopfer daran, und nach einer scheinbar endlosen Weile hörte ich, wie ein Riegel zurückgeschoben wurde, und sah die Tür schwerfällig nach innen aufschwingen. Ein gedämpfter Fluch, ein scharfes Klicken, und der Flur dahinter wurde in strahlende Helligkeit getaucht.
    Ich fand es später sehr bezeichnend, daß meine Augen geblendet waren, als ich Peter Quinnell zum erstenmal sah.
    Ich versuchte verzweifelt, in dem plötzlichen grellen Licht etwas zu erkennen, während vor meinem Blick lauter kleine Punkte herumtanzten und die große schwarze Gestalt an der Tür
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