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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
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meiner Mutter vor mir auf. »Sprich nie mit Fremden …« Aber ich verscheuchte das Bild und lächelte ihn liebenswürdig an.
    Der Busfahrer sprach über seine Schulter hinweg mit mir, während er weiterfuhr. »Sind Sie auf Urlaub hier?«
    Da von dem Mann neben mir keine weitere Reaktion kam, schenkte ich mein Lächeln dem Fahrer. »Eher im Gegenteil. Ich bin unterwegs zu einem Vorstellungsgespräch.«
    »Oh, tatsächlich?« Er hatte seine Sprechweise höflich dem Englischen angepaßt, wie die meisten Schotten, wenn sie mit Nicht-Schotten reden, und obwohl der Akzent immer noch deutlich zu hören war, konnte ich jetzt besser verstehen. »Was ist das für ein Job, um den Sie sich bewerben?«
    Tja, das war die große Frage. Ich wußte es selbst nicht so genau. »Irgendeine Museumsarbeit«, antwortete ich ausweichend. »Ich soll mich bei einem Mann vorstellen, der etwas außerhalb von Eyemouth wohnt …«
    Der dunkelhaarige Mann aus dem Moor unterbrach mich. »Doch nicht etwa bei Peter Quinnell?«
    »So heißt er, ja, aber woher …«
    »Lieber Himmel, nun sagen Sie bloß, Sie sind Adrians Freundin aus London?« Endlich lächelte er, und das veränderte seinen finsteren Gesichtsausdruck völlig. »Wir hatten Sie erst für morgen erwartet. David Fortune«, sagte er und streckte mir seine Hand zur Begrüßung hin. »Ich arbeite auch mit Quinnell zusammen.«
    Ich schüttelte die dargebotene Hand. »Verity Grey.«
    »Ich weiß, ich kenne Ihren Namen schon. Ich muß sagen«, gestand er und lehnte sich wieder zurück, »Sie sind überhaupt nicht so, wie ich Sie mir vorgestellt habe.«
    Das sagten alle. Museumsangestellte, hatte ich mit der Zeit erfahren, stellte man sich als alte Damen mit Nickelbrille vor und nicht als Neunundzwanzigjährige mit kurzem Rock. Ich nickte geduldig. »Ich bin jünger, meinen Sie das?«
    »Nein. Aber weil Adrian Sie empfohlen hat, habe ich gedacht, daß Sie, na ja …«
    »Daß ich groß, blond und sexy bin?«
    »So ungefähr, ja.«
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Meines Wissens war ich die einzige dunkelhaarige Frau, die jemals auch nur eine Einladung zum Abendessen von Adrian Sutton-Clarke erhalten hatte, und sein Interesse an mir hatte gerade mal so lange vorgehalten, bis die nächste Blondine des Wegs gekommen war. Doch obwohl unsere Romanze nur von kurzer Dauer gewesen war, kreuzten sich unsere Wege berufsbedingt immer wieder und bildeten eine Art schicksalhaftes Geflecht. Wahrscheinlich sah ich Adrian jetzt sogar öfter als zu der Zeit, als wir unsere Affäre hatten. Wenn man nicht gerade in diesen Mann verliebt war, konnte er ein angenehmer und unterhaltsamer Kollege sein. Adrian zeigte außerdem als einer der wenigen Verständnis für meinen Drang nach Abwechslung und Unabhängigkeit, der mich dazu verleitet hatte, meine feste Anstellung am Britischen Museum aufzugeben und freiberuflich mein Glück zu versuchen. Und er wußte, daß ich keiner Herausforderung widerstehen konnte.
    Interessiert betrachtete ich den Mann neben mir und versuchte, aus dem wenigen, was ich wußte, abzuleiten, was mich erwartete. Da Adrian an dem Projekt beteiligt war, ging ich davon aus, daß die Arbeit, für die ich mich vorstellen sollte, etwas mit einer archäologischen Ausgrabung zu tun hatte. Adrian war einer der besten Vermessungsingenieure unseres Fachs. Ich warf einen Blick auf David Fortunes Hände und unternahm einen Vorstoß, um meine Theorie zu testen. »Wie groß ist die Ausgrabungsstätte denn?« fragte ich ihn. »Wie viele Leute gehören zum Ausgrabungsteam?«
    »Bis jetzt nur wir vier.«
    »Oh.« Einen Augenblick lang war ich versucht zu fragen, wonach sie denn gruben, aber ich hielt meinen Mund, um nicht preiszugeben, daß ich die weite Reise unternommen hatte, ohne überhaupt zu wissen, worum es eigentlich ging.
    Er schielte zu meinem kleinen Koffer hinunter. »Sie kommen also direkt aus London?«
    »Ja. Ich bin einen Tag zu früh, ich weiß, aber die Stelle klang sehr interessant, und ich sah nicht ein, weshalb ich in London herumsitzen sollte, wenn ich auch hier an Ort und Stelle warten kann, verstehen Sie …«
    Er nickte. »Klar. Ich würde mir deshalb keine Sorgen machen. Quinnell ist selbst ein ungeduldiger Mensch.«
    Wir fuhren jetzt dicht am Meer entlang. Ich konnte schaumgekrönte Wellen durch die sich lichtende Nebelwand sehen und die vorspringenden Silhouetten zerklüfteter Felsen. Der Regen hatte aufgehört. Zwischen den dahinjagenden Wolken brach ein plötzlicher
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