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Die Geisel von Zir

Titel: Die Geisel von Zir
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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umringt von vier gepanzerten Gardisten. Der riesige Regent trug das krishnanische Äquivalent eines Grinsens auf dem Gesicht.
    Reith gab einen erstickten Laut von sich. Die krishnanische Legende von den beiden Liebenden Sivandi und Zerre schoss ihm durch den Kopf. Letzterer hatte die erstere aus den Klauen des Riesen Damghan gerettet. Auf der Flucht waren sie stehen geblieben, um sich zu lieben. Der Riese, der ihnen gefolgt war, hatte sie in coitu erwischt und beide mit einem einzigen Stoß seines Speers an die Erde genagelt. Reith fragte sich, ob Tashian etwas Ähnliches vorhatte. Ein nackter Mann in seiner derzeitigen Lage war so schutzlos, wie man überhaupt nur sein konnte.
    »Steht schon auf!« sagte Tashian. »Ihr könnt nicht die ganze Nacht dort herumliegen, und wir haben wichtige Dinge zu erledigen.«
    Reith, der im ersten Moment vor Schreck wie gelähmt gewesen war, löste sich von Vázni und stieg mit zitternden Knien aus dem Bett. »Au!« rief er, als er mit einem seiner nackten Füße auf einen von Váznis Juwelen auf dem Boden trat.
    »Mach nicht solch ein ängstliches Gesicht, Erdenmann!« sagte Tashian grinsend. »Ich will dich weder morden noch verstümmeln. Zum Glück gibt es einen weniger blutigen Weg, den Schaden, den du unserer Familienehre zugefügt hast, wiedergutzumachen, wenn du nur tust, was ich verlange.«
    »Darf – darf ich meine Kleider anziehen?«
    »Sicher! Es würde ohnehin wider den Brauch verstoßen, nackt zu heiraten, wie es die Wilden von Zhamanak machen. Du auch, Vázni!«
    »O Tashian!« rief Vázni. »Ist das dein Ernst?« Reith fand, dass sie entschieden zu fröhlich aussah.
    »Gewiss«, versetzte der Regent. »Ich meine im allgemeinen auch das, was ich sage, abgesehen von diplomatischen Angelegenheiten.«
    »Heißt das, dass er mein werden soll?«
    »Ja, mein kleiner Flaumkopf. Beeilt Euch mit dem Anziehen, Meister Ries. Ach, Vater Khorsh, da seid Ihr ja! Ihr könnt hereinkommen; sie sind angezogen.«
    »Guten Abend, Meister Ries!« begrüßte ihn der Priester erfreut. »Es ist eine ganze Weile verstrichen, seit ich das letzte Mal das Vergnügen Eurer Gesellschaft hatte. Und nun wünscht Ihr also mit der Douri in den Stand der Ehe zu treten?«
    »Schluck«, machte Reith mit einem kurzen Blick auf die fünf blanken Schwerter.
    »Das bedeutet ›ja‹ in einer der zahlreichen terranischen Sprachen«, sagte Tashian.
    »Und Ihr, meine Dame?«
    »Von ganzer Leber!« hauchte Vázni verklärt.
    »Nun, sehr gut.« Der Priester sprach ein langes Gebet zu Bákh, dem Reith nicht folgen konnte, da es in Alt-Varastou war. Danach fragte er das Paar, ob es Mann und Frau werden wolle. Während Vázni ihr ›ja‹ fast hinausjubelte, nuschelte Reith ein kaum hörbares »Mmm«. Als dann verkündete Khorsh: »So erkläre ich euch hiermit kraft meines priesterlichen Amtes nach den Gesetzen von Dur und besiegelt mit dem Segen der unsterblichen Götter für getraut, auf dass ihr einander liebet und achtet, bis dass der Tod euch scheidet. Haltet fest zueinander in Freud wie in Leid!«
    Dann zog er eine Urkunde mit verschnörkelten Hieroglyphen hervor. Obwohl Reith kein Wort von dem Text entziffern konnte, unterzeichnete er an der Stelle, auf die Khorsh mit dem Finger tippte. Vázni unterzeichnete ebenfalls.
    Khorsh stimmte erneut ein archaisches Gebet an und schloss mit einem Segen. Tashian überreichte ihm eine goldene Münze. Khorsh bedankte sich, steckte sich die Münze in den Gürtel, verbeugte sich vor Reith und Vázni und ging hinaus.
    »So, verehrter Schwippvetter«, sagte Tashian, »ein paar einfache Worte haben dich unter die Großen dieses mächtigen Reiches eingereiht und dich zum Prinzgemahl meiner Wohlgestalten Base erhoben. Du tätest gut daran, dich in Frieden darein zu schicken und dich an deinem Los zu erfreuen. Und denke nicht, dass du entfliehen kannst. Du wirst streng bewacht werden. Solltest du dennoch unbesonnenerweise zu flüchten versuchen, so wisse, dass es da ein gewisses Eiland namens Pak gibt, auf welches ich solche Untertanen verbanne, deren Freiheit für den Staat von Gefahr ist. Noch nie ist jemand von dort geflohen oder zurückgekommen.«
    »Aber … aber meine Touristen!« krächzte Reith. »Ich bin dafür verantwortlich, dass sie heil nach Novo zurückkommen!«
    »Dafür ist bereits Sorge getragen. Khorsh wird sie begleiten.«
    »Aber er spricht kein Englisch, und sie sprechen kein Portugiesisch!«
    »Dann werden sie sich mit Zeichensprache verständigen müssen.
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