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Die geheimnisvolle Tuer

Die geheimnisvolle Tuer

Titel: Die geheimnisvolle Tuer
Autoren: Manfred Mai
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Verschwindet!«
    »He, du bist wohl völlig durchgeknallt«, sagt eine ältere Schülerin, die eben aus der Toilette kommt. Und Herr Simmack, der vom Fenster aus alles beobachtet hat, ruft Alexander zu: »Ganz ruhig bleiben, mein Junge, ich hol sofort einen Arzt.«
    Wenig später ist der Arzt zur Stelle. Er legt Alexander eine Hand auf die Stirn, misst seinen Puls, untersucht die Augen, leuchtet ihmin Mund und Ohren, prüft mit einem Hämmerchen die Reflexe von Händen und Beinen.
    »Also ich kann nichts feststellen«, sagt er. »Der Junge scheint mir völlig gesund zu sein.«
    Herr Simmack tippt sich kurz an die Stirn, um dem Arzt zu signalisieren, wo seiner Meinung nach bei Alexander etwas nicht stimmt. »Er ist wie ein Verrückter über den Schulhof gerannt und hat dabei ›Weg mit euch! Haut ab! Verschwindet!‹ gebrüllt.« Herr Simmack geht zwei Schritte auf den Arzt zu und flüstert: »Obwohl außer ihm kein Mensch auf dem Schulhof war.«
    »Aha«, sagt der Arzt, hebt mit dem Zeigefinger Alexanders Kinn hoch und starrt ihm in die Augen, als wolle er ihn hypnotisieren. »Vor wem bist du weggelaufen?«, fragt er.
    »Ich?«
    »Natürlich du, wer denn sonst?« Der Arzt lässt den Blick nicht von Alexander.
    »Vor zwei Wespen«, sagt Alexander. »Die wollten mich stechen.«
    »Wespen?« Der Arzt lässt Alexanders Kinn los. »Und deswegen hetzen Sie mich hierher,als ginge es um Leben oder Tod«, sagt er zu Herrn Simmack.
    »Aber er   … ich   … er   …«, stammelt Herr Simmack.
    Der Arzt packt seine Sachen zusammen. »Ich habe schon viel erlebt, aber so etwas ist mir noch nicht vorgekommen. Unglaublich«, murmelt er. »Unglaublich.« Grußlos lässt er die beiden stehen.
    Herr Simmack schimpft Alexander, bevor er mit ihm zurück ins Klassenzimmer geht.
    Die Kinder tuscheln.
    »Ruhe!« Herr Simmack schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. Dann macht er weiter mit dem Unterricht.
    Alexander versucht zwar aufzupassen, aber seine Gedanken schleichen immer wieder in die Unterwelt. Und je mehr er sich anstrengt, nicht daran zu denken, desto stärker werden diese Gedanken.
     
    Auch nach der Schule kann er kaum etwas anderes denken. Und als er zu Hause ankommt, traut er sich nicht mehr in den Aufzug.
    Doch da fängt ihn Daniel im Treppenhaus ab. Alexander will vorbei, aber Daniel hält ihn fest, schiebt ihn in den Aufzug und steuert mit dem Zeigefinger genau auf den U-Knopf zu.
    »Nein, nicht!«, ruft Alexander und reißt Daniels Hand nach unten.
    »Keine Angst, ich drück da nicht drauf«, sagt Daniel. »Ich bin ja nicht bescheuert. Ich wollte nur mal sehen, ob du noch daran denkst.«
    Während der Fahrt nach oben starrt Alexander die ganze Zeit den U-Knopf an.
    »Nie da draufdrücken!«, sagt Daniel noch einmal, bevor er aussteigt.
    Alexander kann den Blick nicht von dem U-Knopf lassen. Er macht ihm Angst und zieht ihn gleichzeitig magisch an.
    Langsam hebt Alexander den Arm. Sein Zeigefinger nähert sich dem unheimlichen Knopf. Alexander will nicht draufdrücken, aber der Finger gehorcht ihm nicht mehr. Er zielt auf das U und trifft es genau.
    Die Tür schließt sich, die Fahrt beginnt.

2.
Fahrt in die Unterwelt
    »Nein!«, schreit Alexander »Nein! Nicht! Anhalten!«
    Zu spät. Der Aufzug lässt sich nicht mehr stoppen. Alexander lehnt mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen an der Rückwand. Er hat keine Ahnung, wie lange die Fahrt dauert.
    Zehn Sekunden, zehn Stunden oder zehn Tage. Er verliert jedes Zeitgefühl.
    Irgendwann wird der Aufzug langsamer und bleibt schließlich stehen. Alexander drückt sich an die Wand und hält den Atem an. Die Tür öffnet sich, Alexander starrt in einen schwarzen Schlund.
    Es dauert eine Weile, bis er sich bewegen kann. Schritt für Schritt geht er vorwärts, verlässt den Aufzug, aus dem noch ein schwacher Lichtschein fällt. Mit einem Zischlaut schließt sich die Tür, und Alexander wirdvon der Dunkelheit verschluckt. Er tappt den leicht abschüssigen Weg entlang, tastet mit den Händen suchend nach allen Richtungen, greift jedoch überall ins Leere. Obwohl sich seine Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnen, kann Alexander nichts erkennen, absolut nichts.
    Und außer seinen Schritten ist auch nichts zu hören. Wenn er stehen bleibt, hört er nur seinen Atem und ein Summen in den Ohren. Sonst nichts, absolut nichts.
    Vorsichtig setzt er Fuß vor Fuß, dabei immer mit den Händen vor sich hertastend, damit er nirgendwo anstößt. Aber wo sollte er hier denn
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