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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
Autoren: Frank Tenner
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Eingangstür kommen, wird uns der Discjockey anpöbeln, warum wir als letzte kämen und alle Gäste mit dem Büfett auf uns warten mussten.“
    „Warum sollten die Gäste auf uns warten? Die können doch ohne uns anfangen?“
    „Dachte ich auch, aber der Wirt hat angeordnet zu warten, bis die letzten Gäste, nämlich wir, eingetroffen sind. Es wird gleich eine peinliche Situation geben. Bereite dich darauf vor!“ Das war der Anfang von einer Kette ähnlicher Situationen, die mir im Laufe des Jahres im Voraus einfallen sollten. Glücklich war ich nicht darüber, meine Frau schon gar nicht und überzeugt wohl auch nur ein ganz klein wenig. Wir bekamen den dritten Preis, saßen an einem Sechspersonentisch, einer der beiden netten älteren Paare hieß „Schmidt“ und der Empfang war mehr als peinlich.
    Meine Frau nahm dies nicht als Wunder, sondern vermutete, ich hätte beim Bestellen den Sitzplan mit den Namen gesehen, das Messer-Set beim Wirt, den ich gut kannte, quasi als Preis bestellt (wir wollten uns ohnehin neue Messer zulegen) und der Empfang war halt so peinlich, weil der Wirt uns zu liebe die Eröffnung des Büffets hinausgezögert hatte. Woher ich wissen konnte, dass wir von sechsundachtzig Gästen die letzten zwei sein würden, fragte sich meine Frau allerdings nicht.
    Etwas schnippisch meinte sie auf dem Nachhauseweg: „Vielleicht könntest du beim nächsten Mal deine Visionen früher bekommen, dann hätten wir eher losgehen und pünktlich da sein und uns das Geraune und Gefrage der Leute ersparen können.“
    Ich verzichtete in den kommenden Wochen auf Diskussionen über dieses Thema oder über meine Geistesverfassung. Allerdings fielen mir die großen Ereignisse des Jahres 2008 ein und ich fragte mich, ob ich nicht versuchen sollte, in irgendeiner Form Einfluss zu nehmen. Mir war klar, dass ich den Lauf der Dinge nicht grundsätzlich ändern konnte, aber vielleicht ließen sich doch einige Hundert Millionen EURO der deutschen Anleger und Sparer retten. Einer meiner Auftraggeber, Bundestagsabgeordneter einer bürgerlichen Partei, hatte eine Rede vor Vertretern des Berliner Mittelstandes zu halten. Diese Rede hatte ich vorbereitet. Unter dem Gesichtspunkt der bevorstehenden Finanz- und Wirtschaftskrise schrieb ich sie um. Ich rechnete damit, dass es zu einer Diskussion kommen würde. Ich hatte mich gut darauf vorbereitet. In meiner Tasche befand sich Max Ottes Buch von 2006: „Der Crash kommt. Die neue Weltwirtschaftskrise und wie Sie sich darauf vorbereiten.“ Außerdem hatte ich mir einen Artikel aus dem Internet ausdrucken lassen. Der Verfasser war Nouriel Roubini, der New Yorker Ökonom und ehemalige Präsidentenberater, der ebenfalls schon lange die Krise vorhergesehen und davor gewarnt hatte. Und ich unterstelle, dass er keine Sanduhr in Paris gekauft hat.
    Ich stand auf verlorenem Posten. „Das kann ich doch den Unternehmern nicht erzählen. Die geraten in Panik.“
    „Sie sollen keine Panik verbreiten, sondern sachlich auf die wachsenden Gefahren aufmerksam machen. Der amerikanische Subprime-Markt ist am zusammenbrechen. Wenn Sie sich die Zahlen ansehen, wissen Sie, dass es nur noch wenige Monate dauern wird, bis alle möglichen Banken involviert sein werden. Es wird ein Sog entstehen, der auch die deutschen Banken nicht verschont. Wenn Ihre Wähler einen Teil ihres Privat- oder Betriebsvermögens retten können, werden Sie Ihnen dankbar sein.“ Er schüttelte den Kopf. „Der Dax steht nicht schlecht, der Trend zeigt langfristig nach oben und“ – dabei nahm er das von mir mitgebrachte Buch in die Hand, „ich kenne den Otte persönlich, das ist ein notorischer Schwarzseher und was die Analyse von Roubini anbelangt, Sie wissen doch, dass er in den USA nicht besonders ernst genommen wird. Er hat nicht zufällig den Spitznamen Doktor Untergang. Seine Aussagen sind subjektiv, er arbeitet mit bloßen Analogien. Die empirische Substanz ist einfach zu dünn.“
    „Nun, diese Argumente hat man auch gegen die Klimaforscher vorgebracht, die den Klimawandel seit Jahrzehnten beobachtet und vor Katastrophen gewarnt haben.“
    „Lassen wir das jetzt. Klima ist ein anderes Thema.“
    „Ich dachte, Wirtschaft und Klima sind nicht mehr voneinander zu trennen?“
    „Ach, Frank, werden Sie jetzt nicht spitzfindig. Ich kann ja in der Rede andeuten, dass man natürlich immer mit Schwankungen und Kurseinbrüchen rechnen müsse und es nicht von Nachteil wäre, auch Reserven anzulegen.“
    Ich überlegte
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