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Die geheimnisvolle Limousine

Die geheimnisvolle Limousine

Titel: Die geheimnisvolle Limousine
Autoren: W. Saparin
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eben gründlich
    davon überzeugt, daß sie ganz allein war.
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    Wieder die grüne Limousine
    Es vergingen fünf bis zehn Minuten. Der Wagen stand
    nach wie vor an der Freitreppe. Weder stieg jemand aus
    dem Auto, noch kam jemand aus dem Haus.
    Soja erging sich in Vermutungen. Der Gedanke, daß der
    Wagen extra für sie geschickt worden sei, entfiel sogleich
    wieder. Wenn der Ingenieur aus irgendeinem Grunde
    nicht selbst erscheinen konnte und ihr diese Höflichkeit
    hätte erweisen wollen, so wären die Autotüren von selbst
    aufgegangen und eine Stimme aus einem in der Karosse-
    rie versteckten Apparat hätte sie eingeladen, Platz zu
    nehmen. Außerdem waren Soja auch die Aktentasche
    und der Männerhut auf dem hinteren Sitz unerklärlich.
    Trotz allem entschloß sich Soja endlich, mit diesem Auto
    zu fahren. Sie hatte keine Lust mehr, in dem einsamen
    Landhaus zu sitzen und auf Ingenieur Bobrow zu warten.
    Wo mochte er sein? Daß Bobrow nicht eintraf, be-
    unruhigte sie. Sollte ihm etwas zugestoßen sein? Sie
    wollte zum Bystriner Kraftwerk fahren. Vielleicht traf sie
    ihn dort an.
    Soja drückte auf die Klinke, öffnete die Wagentür und
    setzte sich ans Lenkrad. Ein wenig wartete sie noch. Einen
    Augenblick lang glaubte sie, daß der Wagen von selbst
    anfahren und sie zu Bobrow bringen müsse. Aber die
    Limousine blieb stehen wie ein ganz gewöhnliches1 Auto,
    und Soja beschloß daher, den Wagen auch wie ein ganz
    gewöhnliches Automobil zu behandeln. Sie ließ den Motor
    an, rückte die Kupplung ein, schaltete den Gang ein,
    wendete auf dem kleinen sandigen Platz vor der Frei-
    treppe und fuhr los. Kurz vor dem Tor hupte das Auto.
    Das Tor öffnete sich, als hätte es auf dieses Signal ge-

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    wartet, und Soja rollte auf die Asphaltstraße hinaus, die
    vom Landhaus des Ingenieurs zur Chaussee führte.
    Der Wagen ließ sich gut lenken. Lautlos und leicht jagte
    Soja die Straße entlang, vorüber an hellen Birkenwäld-
    chen, in denen das Sonnenlicht über zitternde Blätter
    tanzte, vorbei an Feldern mit blühendem Klee und dunk-
    len, nach Harz duftenden Nadelwäldern.
    Die rasche Fahrt hob Sojas Stimmung. Aber ein Gedanke,
    der ihr Unterbewußtsein erfüllte, ließ ihr keine Ruhe. Sie
    grübelte, aber das Gedächtnis versagte. Doch plötzlich fiel
    es ihr wieder ein: Die Hupe! Ja, so war es gewesen. Als
    sie an das Gartentor herangefahren war, hatte sich dieses
    auf ein Hupensignal geöffnet. Aber wer gab das Signal?
    Soja selbst hatte den Knopf nicht angerührt. Als das Auto
    plötzlich hupte, war sie einen Augenblick verwundert
    aufgeschreckt, aber da ihr gerade andere Gedanken durch
    den Kopf gingen, hatte sie diesem Vorfall weiter keine
    Beachtung geschenkt. Ihr war heute schon so viel Selt-
    sames begegnet, daß ein weiteres Wunder ihr fast natür-
    lich erschien.
    Soja war so in Gedanken vertieft, daß sie gar nicht
    merkte, wie gefährlich schnell ein vor ihr fahrender Last-
    kraftwagen anwuchs. Die Gefahr wäre ihr noch nicht ein-
    mal bewußt geworden, wenn die Limousine selbst nicht
    plötzlich laut und anhaltend gehupt hätte.
    Soja schreckte auf und schaute mit entsetzten Augen auf
    den jetzt anhaltenden Kraftwagen. Zwei Arbeiter standen
    im Wagenkasten, fuchtelten wild mit den Armen und
    riefen ihr etwas zu. Einen Augenblick später, und Sojas
    Unaufmerksamkeit wäre ihr teuer zu stehen gekommen.
    Doch da fühlte sie, wie das Lenkrad sich mit ihren
    daraufliegenden Händen drehte und der Wagen genau
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    nach Verkehrsvorschrift links abbog. Einen kurzen Augen-
    blick lang hatte sie das Gefühl gehabt, daß unsichtbare
    Hände, stärker als die ihren, die Führung der Limousine
    übernommen hätten: Die Bremsen quietschten, noch bevor
    Soja das Pedal berührte, der Ganghebel zog ihre Hand mit
    und schaltete auf den ersten Gang.
    „So ein Verrückter!" schrie einer der Arbeiter, der sich
    über den Wagenrand beugte. „Bist du blind?"
    Aber als er Soja hinter dem Steuer sitzen sah, fügte er
    mit Bewunderung in der Stimme hinzu:
    „Hat sich geschickt herausgezogen! So ein Mädchen!"
    Soja saß der Schreck noch so in den Gliedern, daß sie
    den Zuruf gar nicht beachtete. Mit verminderter Ge-
    schwindigkeit — die die Maschine selbst bestimmt
    hatte — fuhr sie weiter und versuchte allmählich, ihre
    Gedanken zu ordnen und sich den Vorfall zu erklären.
    Mit der Hupe — das ist eine Kleinigkeit! beruhigte sie
    sich. Es läßt sich leicht einrichten, daß ein Auto hupt,
    wenn ein Hindernis in
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