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Die geheimnisvolle Limousine

Die geheimnisvolle Limousine

Titel: Die geheimnisvolle Limousine
Autoren: W. Saparin
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Auskunft erklang ein Knacken im Apparat —
    anscheinend hatte der Anrufer aufgelegt.
    Soja ließ langsam den Hörer auf die Gabel sinken und
    blieb neben dem Tisch stehen. Völlig überraschend war
    eine neue Vermutung in ihr aufgetaucht:
    Sie befand sich ganz allein im Haus . . . Weder der In-
    genieur war anwesend — wer weiß, wo er sich aufhalten
    mochte —, noch existierte irgendein Sekretär. Das waren
    einfach nur Sprechautomaten, höfliche Worte, auf Ton-
    band aufgenommen und durch einen Mechanismus wieder-
    gegeben. Dieser automatische Sekretär, der irgendwo
    hinter dem Schrank in der Wand eingebaut war, erteilte
    Auskünfte, unterhielt sich mit den Besuchern und ant-
    wortete auf Telefonanrufe. Soja war entschlossen, sich zu
    überzeugen, ob sie allein im Haus war. Schließlich hatte
    sie lange genug in dem leeren Arbeitszimmer gesessen
    und nun ein Recht zum Handeln. Sie warf energisch den
    Kopf in den Nacken und verließ das Zimmer,
    Sie lief durch das ganze Haus. Vor ihr taten sich lautlos
    und gehorsam alle Türen auf und schlössen sich geräusch-
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    los wieder, wenn sie hindurchgeschritten war. Das er-
    innerte sie an ein Märchen von einem verzauberten
    Schloß, dem sie in ihrer Kindheit einmal gelauscht hatte.
    Soja mußte sich davon überzeugen, daß sich außer ihr
    keine Seele im Hause aufhielt. Wenn wenigstens ein
    Hund gebellt hätte oder eine aufgescheuchte Katze vom
    Diwan heruntergesprungen wäre! Aber alles blieb still.
    Trotzdem konnte sich Soja, als sie durch die Zimmer
    schritt, nie ganz des Gefühls erwehren, daß sich außer ihr
    noch jemand im Hause befinden müsse, ein Unsichtbarer,
    der ihr lautlos auf den Fersen folgte.
    Diese sorgfältig in die Wände eingebauten Apparate, die
    wie unsichtbare Diener vor ihr die Türen öffneten oder in
    allen dunklen Ecken, kaum, daß sie nähertrat, Licht ein-
    schalteten, ließen unwill-
    kürlich die Vermutung auf-
    kommen, daß ein lebendiges
    Wesen hierbei seine Hand
    im Spiele habe.
    Soja blieb vor einem Bü-
    fett mit einer kunstvollen
    Schnitzerei stehen. Als sie
    ihre Hand danach aus-
    streckte, öffneten sich die
    Türen.
    Das ist ja toll! Bei diesem
    Entgegenkommen des Mo-
    biliars ist es ja eine Klei-
    nigkeit, das ganze Haus
    auszuräumen. Ein Dieb hat
    es hier leicht. Es sei denn,
    dieses Büfett schreit Zeter
    2 Die geheimnisvolle Limousine
    und Mordio, wenn man etwas aus ihm herausnehmen
    will! Zur Probe langte sie nach einer Keksdose. Aber das
    Büfett erhob deswegen kein Geschrei. Im Gegenteil! Das
    Regal, auf dem die Keksdose stand, schob sich ein wenig
    vor, damit man bequemer hinlangen konnte.
    Soja lachte laut auf.
    „Mein lieber verehrter Andrei Nikolajewitsch Bobrow!
    Sie haben sich wahrhaftig ulkige Sachen ausgedacht. Ge-
    wiß macht Ihnen Ihr Spielzeug ebensoviel Spaß wie
    meinem Brüderchen Tolja sein kleiner Mähdrescher. In
    jedem Mann steckt eben ein Junge, und wenn er auch
    schon graue Haare hat, wird er sich doch noch für jeden
    technischen Hokuspokus interessieren."
    Ein Hupen unterbrach ihre Rede. Sie trat ans Fenster und
    sah eine niedrige grüne Limousine auf das Haus zufahren.
    Rasch lief Soja auf die Veranda hinaus.
    Na endlich! Sie atmete erleichtert auf. Er geruht zu
    kommen! Aber wem hatte er das Signal gegeben? Im
    Haus war doch niemand. In diesem Augenblick öffnete
    sich das Tor. Die grüne Limousine rollte hindurch, be-
    schrieb einen Bogen und blieb vor der Freitreppe stehen.
    Es verging eine Minute, noch eine, doch niemand stieg aus.
    Mit wachsendem Erstaunen betrachtete Soja die Limou-
    sine. Bobrow bringt es fertig, sogar im Auto in aller Ruhe
    sitzen zu bleiben, dachte sie. Langsam schritt sie die
    Stufen der Veranda hinab. Je näher sie aber der grünen
    Limousine kam, desto höher hoben sich ihre Brauen. Sie
    lief rings um den Wagen herum, schaute hinein und
    schüttelte den Kopf. Es saß niemand darin. Auf dem
    Vordersitz lagen Handschuhe mit Lederstulpen, hinten
    eine Aktenmappe und ein Hut.
    War es möglich! Das Auto war allein hier angekommen?
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    Soja fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Ihr kam in
    den Sinn, daß Ingenieur Bobrow ins Elektrizitätswerk
    fahren mußte. Vielleicht war der Wagen deshalb vorge-
    fahren? Wenn sich der Ingenieur soviel Dinge dienstbar
    zu machen verstand, warum sollte da nicht auch das Auto
    zur festgesetzten Stunde eintreffen? Also mußte er sich
    doch im Hause befinden! Nein, das konnte wiederum auch
    nicht stimmen, denn Soja hatte sich doch
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