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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel
Autoren: Jules Verne
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eine neue Oeffnung brechen? – Doch darin liegt nicht die Gefahr! Kapitän Nemo hat es geahnt! Nein, darin liegt die Gefahr nicht!«
    Cyrus Smith betrat den großen Bergkamm, dessen Ausläufer den engen Haifisch-Golf umringten. Von hier aus konnte er die alten Lavastreifen leicht genug übersehen. Ihm war es nicht zweifelhaft, daß die letzte Eruption einer längst vergangenen Zeit angehörte.
    Dann ging er denselben Weg zurück, horchte auf das unterirdische Rollen, das wie ein fortgesetzter schwacher Donner klang, in das sich von Zeit zu Zeit lautere Detonationen mischten. Um neun Uhr morgens kam er wieder nach der Hürde.
    Ayrton erwartete ihn.
    »Die Thiere sind versorgt, Herr Smith, sagte Ayrton.
    – Gut, Ayrton.
    – Sie scheinen unruhig, Herr Smith.
    – Ja wohl, der Instinct spricht aus ihnen, und der Instinct täuscht nicht.
    – Wenn es Ihnen recht ist …
    – Nehmen Sie eine Fackel und ein Feuerzeug, Ayrton, antwortete der Ingenieur, und dann wollen wir aufbrechen.«
    Ayrton that, wie ihm geheißen war. Die losgekoppelten Quaggas liefen in der Hürde umher. Die Thür ward äußerlich verschlossen, und Cyrus Smith, der Ayrton vorausging, wendete sich nach Westen zu dem kleinen, nach der Küste führenden Fußsteige.
    Sie gingen jetzt über einen, durch die aus den Wolken fallenden pulverförmigen Substanzen gleichsam gepolsterten Weg. Kein Thier zeigte sich im Walde. Selbst die Vögel schienen entflohen. Sie mußten schnell ein Taschentuch vor die Augen und den Mund halten, denn sie liefen Gefahr, geblendet und erstickt zu werden.
    Cyrus Smith und Ayrton konnten unter diesen Verhältnissen nicht schnell marschiren. Dazu war die Luft so schwer, als wäre ihr Sauerstoff zum Theil verbrannt und sie unathembar geworden. Aller hundert Schritte mußten sie stehen bleiben, um Athem zu schöpfen. So kam die zehnte Stunde heran, bevor der Ingenieur und sein Genosse an die basaltreiche Küste gelangten.
    Ayrton und Cyrus Smith begannen den steilen Abhang hinunter zu steigen, wobei sie ungefähr jenem abscheulichen Wege folgten, der sie in der Gewitternacht nach der Höhle geführt hatte. Bei vollem Tageslichte war dieser Weg zwar minder gefährlich, und übrigens gestattete die Aschenschicht auf den oft glatten Felsen den Füßen sicherer aufzutreten.
    Die Erhöhung am Gestade, welche längs desselben hinlief, war bald erreicht. Cyrus Smith erinnerte sich, daß dieselbe in sanfter Neigung bis zur Oberfläche des Meeres abfiel. Obwohl jetzt die Zeit der Ebbe war, lag der Strand doch nirgends frei, und die mit vulkanischem Staube gemischten Wellen schlugen unmittelbar an die Basalte des Ufers.
    Cyrus Smith und Ayrton fanden ohne Mühe den Eingang zur Dakkar-Krypte.
    »Das eiserne Boot muß sich dort befinden, sagte der Ingenieur.
    – Es ist da, Herr Smith, antwortete Ayrton und zog das leichte Fahrzeug, das noch unter dem Schutze des Bogeneinganges lag, hervor.
    – Steigen wir ein, Ayrton.«
    Es geschah. Eine leichte Wellenbewegung setzte sich bei dem niedrigen Wasser ein Stück in den Gang hinein fort und Ayrton zündete nun die Fackel an. Dann ergriff er beide Ruder, und nachdem die Fackel an der Spitze befestigt worden war, nahm Cyrus Smith das Steuer und leitete das Boot mitten in die Dunkelheit der Krypte.
    Jetzt war der Nautilus nicht mehr vorhanden, um mit seinen Feuern die dunkle Höhle zu erhellen. Vielleicht strahlten die aus mächtiger Quelle genährten elektrischen Flammen im tiefen Abgrunde immer noch, doch kein Lichtschein drang von da empor, wo Kapitän Nemo ruhte.
    Das, wenn auch unzureichende Licht der Fackel gestattete dem Ingenieur doch vorwärts zu dringen, indem er der rechten Wand der Höhle folgte. Grabesstille herrschte unter diesen Gewölben, wenigstens in deren vorderen Theilen, denn bald vernahm Cyrus Smith sehr deutlich ein Grollen und Poltern aus den Eingeweiden des Berges.
    »Das ist der Vulkan!« sagte er.
    Kurz darauf verriethen sich auch verschiedene chemische Verbindungen durch ihren Geruch und schwefelhaltige Dämpfe schnürten dem Ingenieur und seinem Gefährten die Kehle zu.
    »Das ist es, was Kapitän Nemo fürchtete, murmelte Cyrus Smith, dessen Antlitz leicht erbleichte. Und doch muß ich bis an’s Ende vordringen.
    – Also vorwärts!« antwortete Ayrton, der sich in seine Ruder legte und das Boot weiter in die Höhle hinein trieb.
    Nach fünfundzwanzig Minuten gelangte das Fahrzeug an die Wand am Ende der Höhle und hielt hier an. Cyrus Smith erhob sich und strich mit der
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