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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel
Autoren: Jules Verne
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sie bis jetzt nach Norden zu ausgestoßen. Und doch …
    – Und doch, fiel der Reporter ein, da wir keinen Vortheil von einer solchen Eruption haben werden, wäre es weit besser, sie unterbliebe ganz.
    – Wer weiß? erwiderte der Seemann. Vielleicht steckt da im Krater irgend eine nützliche und kostbare Substanz, die er so freundlich ist auszuspeien, und aus der wir später Vortheil ziehen.«
    Cyrus Smith schüttelte den Kopf wie Jemand, der sich von der so plötzlich auftretenden Naturerscheinung nichts Gutes versprach. Er nahm die Folgen eines Ausbruchs nicht so leicht, wie Pencroff. Wenn die Lavamassen auch in Folge der Gestaltung des Kraters die bewaldeten und cultivirten Theile der Insel nicht bedrohten, so konnten doch andere Complicationen eintreten. Denn wirklich sind Eruptionen nicht selten von Erderschütterungen begleitet, und ein Stück Land von der Natur der Insel Lincoln, welche aus so verschiedenen Materialien bestand, aus Basalten auf der einen Seite, Granit auf der andern, aus Lava im Norden und lockerem Boden im Süden, aus Bestandtheilen also, welche nicht fest mit einander verbunden sein konnten, lief wohl Gefahr, dabei zum Theil gesprengt zu werden. Wenn von der Ausbreitung der vulkanischen Massen auch nichts Besonderes zu fürchten war, so mußte doch jede Bewegung des Gerüstes der Erde für die Insel sehr ernsthafte Folgen nach sich ziehen.
    »Mir scheint, sagte Ayrton, der sein Ohr auf den Erdboden gedrückt hatte, mir scheint, ich höre ein entferntes Rollen, wie von einem mit Eisenstangen beladenen Wagen.«
    Die Colonisten horchten mit gespannter Aufmerksamkeit und mußten bestätigen, daß Ayrton sich nicht täuschte. Dem rollenden Tone mischte sich bald ein unterirdisches Poltern bei und bildete ein
Crescendo
und
Decrescendo
, welches endlich ganz schwieg, so als habe ein starker Wind im Innern der Erde geweht. Noch ließ sich aber keine eigentliche Detonation hören. Man konnte also daraus schließen, daß Rauch und Dampf durch den centralen Kamin noch einen unbehinderten Ausgang fanden und daß, wenn das Sicherheitsventil genügend weit war, keine Verschiebung der Bergmassen und keine Explosion stattfinden werde.
    »Nun, begann Pencroff, wollen wir dann nicht wieder an die Arbeit gehen? Mag doch der Franklin-Berg rauchen, rollen und poltern, Feuer und Flammen speien, so viel er will, das ist doch für uns kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen! Vorwärts Ayrton, Nab, Harbert, Herr Cyrus, Herr Spilett, heute muß Jeder mit Hand anlegen! Wir wollen die Barkhölzer befestigen und dazu wird ein Dutzend Arme nicht zu viel sein. Ich will unsern neuen Bonadventure – denn diesen Namen behalten wir doch bei, – in zwei Monaten auf dem Wasser des Ballonhafens schwimmen sehen! Wir haben also keine Stunde zu verlieren!«
    Alle Colonisten, deren Hilfe Pencroff angerufen hatte, begaben sich nach dem Zimmerplatze und gingen daran, die Barkhölzer anzulegen; es sind das dicke Planken, welche ein Fahrzeug umschließen und die Rippenpaare des Rumpfes fest verbinden. Das verursachte eine lange und beschwerliche Arbeit, an der Alle sich betheiligen mußten.
    Man war also am 3. Januar den ganzen Tag über unausgesetzt thätig, ohne sich um den Vulkan zu bekümmern, der übrigens vom Strande vor dem Granithause aus gar nicht sichtbar war. Wiederholt verschleierten aber dunkle Wolken die Sonne, welche der Wind nach Westen hinaustrieb. Cyrus Smith und Gedeon Spilett bemerkten diese vorübergehenden Verfinsterungen sehr wohl und sprachen mehrmals von den Fortschritten, welche die vulkanischen Erscheinungen machten, ohne dabei ihre Arbeit zu unterbrechen. Zudem war es von höchstem Interesse, das Schiff in möglichst kurzer Zeit zu vollenden. Die Sicherheit der Colonie schien im Angesicht der drohenden Eventualitäten dadurch umfassender gewährleistet. Wer konnte sagen, ob dieses Schiff ihnen vielleicht nicht noch einmal die letzte Zuflucht bot?
    Nach dem Abendessen begaben sich Cyrus Smith, Gedeon Spilett und Harbert wiederholt nach dem Plateau. Schon ward es dunkel und mußte man dabei leichter zu erkennen vermögen, ob sich dem Rauche vielleicht Flammen oder glühende Auswurfstoffe beimischten.
    »Der Krater steht in Feuer!« rief Harbert, welcher, flinker als seine Gefährten, zuerst das Plateau erstiegen hatte.
    Der etwa sechs Meilen entfernte Franklin-Berg erschien wie eine riesenhafte Fackel, an deren Spitze rauchige Flammen züngelten. Wahrscheinlich waren sie noch mit zu viel Rauch und
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