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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel
Autoren: Jules Verne
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erwiderten kein Wort auf die Behauptung des Ingenieurs. Sie verstanden jetzt, welche Gefahr ihnen drohte.
    Man muß übrigens zugestehen, daß Cyrus Smith in keiner Weise übertrieb. Manche haben wohl schon den Gedanken gehabt, daß man die Vulkane, die sich fast stets nahe der Küste des Meeres oder größerer Seen erheben, löschen könne, indem man dem Wasser Eintritt in dieselben verschaffe. Sie bedachten dabei aber nicht, daß man gleichzeitig Gefahr liefe, einen Theil der Erde in die Luft zu sprengen, wie ein Dampfkessel explodirt, wenn seine Dämpfe plötzlich überhitzt werden. Denn wenn sich das Wasser in einen geschlossenen, vielleicht auf mehrere Tausend Grade erhitzten Raum stürzt, müßte es so plötzlich verdampfen oder zersetzt werden, daß keine umschließende Wand ihm widerstehen könnte.
    Es unterlag also keinem Zweifel, daß die von einer schrecklichen und nahe bevorstehenden Verschiebung ihres Gefüges bedrohte Insel eben nicht länger bestehen werde, als die Wand der Dakkar-Krypte aushielt. Das war aber keine Frage von Monaten oder Wochen, sondern eine solche, welche vielleicht in Tagen oder in wenigen Stunden zum Austrag kommen mußte.
    Ein tiefer Schmerz bemächtigte sich zuerst der Colonisten. Sie dachten nicht an die Gefahr, die ihnen direct drohte, sondern an die Zerstörung des Stückchens Erde, das ihnen einst ein Asyl geboten, dieser Insel, deren Fruchtbarkeit sie entwickelt hatten, die sie so sehr liebten, und deren zukünftige Blüthe ihnen so sehr am Herzen lag. So viele Mühe sollte unnütz verschwendet, so viel Arbeit verloren sein!
    Pencroff konnte eine große Thräne nicht zurückhalten, die über seine Wange stoß, ohne daß er sie zu verbergen suchte.
     

    Dort drang durch kaum sichtbare Spalten … (S. 693.)
     
    Noch eine Zeit lang währte dieses Gespräch. Die Aussichten, welche den Colonisten noch verblieben, wurden erörtert, führten aber nur zu der einstimmigen Ansicht, daß man der Vollendung des Schiffes jede Stunde zu widmen und auf diesem noch die einzige Rettung zu suchen habe.
     

    Auf der Flucht. (S. 699.)
     
    Alle Arme wurden also in Thätigkeit gesetzt. Was konnte es ferner nützen zu ernten und einzuheimsen, zu jagen und die Kammern des Granithauses zu füllen? Die vorhandenen Vorräthe versprachen für jetzt auszureichen und auch das Schiff für eine beliebig lange Reise zu verproviantiren. Eines that allein Noth: daß Letzteres den Colonisten vor Eintritt der Katastrophe zur Verfügung sei.
    Mit fieberhaftem Eifer wurde die Arbeit wieder aufgenommen Am 23. Januar war das Schiff zur Hälfte beplankt. Bis dahin hatte sich am Gipfel des Vulkanes nichts geändert. Immer quollen Dämpfe, Rauch und dazwischen lodernde Flammen mit glühenden Steinmassen daraus hervor. Als in der Nacht vom 23. zum 24. Januar aber die Lavamassen den ersten Bergabsatz des Vulkanes erreichten, wurde dessen hutförmige Spitze von ihm abgedrängt. Ein entsetzliches Krachen ward hörbar. Die Colonisten glaubten zuerst, der Untergang der Insel sei gekommen. Sie stürzten eiligst aus dem Granithause.
    Es mochte gegen zwei Uhr Morgens sein.
    Der Himmel stand in Flammen. Der obere Kegel, eine Masse von 1000 Fuß Höhe und Milliarden von Pfunden schwer, war auf die Insel, deren Boden erzitterte, herabgestürzt. Zum Glück leitete die nördliche Neigung dieses Kegels ihn nach jener mit Tuffsteinen und Sand bedeckten Strecke zwischen dem Vulkane und dem Meere. Der jetzt weit offene Krater strahlte ein so intensives Licht nach dem Himmel aus, daß in Folge des Widerscheins die ganze Atmosphäre zu brennen schien. Gleichzeitig floß ein breiter Lavastrom in langen Streifen durch die neue Mündung ab, wie das Wasser aus einem übervollen Gefäße, und tausend Feuerschlangen krochen die Abhänge des Vulkanes hinunter.
    »Die Hürde! die Hürde!« rief Ayrton.
    In der That strömten die Lavamassen in Folge der Lage des neuen Kraters nach der Richtung der Hürde zu ab, und folglich waren jetzt die fruchtbaren Theile der Insel, die Quellen des Rothen Flusses und der Jacamarwald einer unmittelbaren Zerstörung ausgesetzt.
    Auf den Schrei Ayrton’s hatten sich die Colonisten eiligst nach den Quaggaställen begeben. Der Wagen ward angespannt. Alle beseelte nur der eine Gedanke, nach der Hürde zu eilen und die dort eingeschlossenen Thiere in Freiheit zu setzen.
    Vor drei Uhr Morgens langten sie bei der Hürde an. Ein schreckliches Geheul verrieth das Entsetzen der Ziegen und Schafe darin. Schon ergoß
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