Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë
Autoren: Syrie James
Vom Netzwerk:
hatte, und kümmerte sich in den sechs Jahren, die Patrick Brontë noch lebte, getreulich um den alten Herrn. Als Patrick starb, hinterließ er alles seinem »geliebten und hochgeschätzten Schwiegersohn, dem Reverend Arthur Bell Nicholls«. Sollte Arthur jedoch erwartet haben, dass er, nachdem er still und gewissenhaft sechzehn lange Jahre die Pflichten eines Hilfspfarrers in der Gemeinde versehen hatte, nun mit der Pfarrstelle von Haworth belohnt werden würde, so wurde er bitter enttäuscht. Ob jemand diese Anstellung erhielt, hing davon ab, dass ihn die Kirchenvorsteher auf den Posten beriefen. Inzwischen hatte dort eine neue, jüngere Generation Einzug gehalten, die sich Patrick Brontë nicht mehr verpflichtet fühlte und die Arthur möglicherweise durch seine konventionelle und unbeugsame Art verärgert hatte. Mit fünf zu vier Stimmen wurde Arthurs Bewerbung kalt abgelehnt.
    Arthur packte seine Habseligkeiten, darunter verschiedene Erinnerungsstücke an die Brontës und viele von Charlottes persönlichen und literarischen Besitztümern, und kehrte nach Banagher in Irland zurück. Auch Plato, Patricks letzten Hund, nahm er dorthin mit. Die Royal School wurde immer noch von seinem Vetter James Bell geleitet. Arthurs Tante Harriette lebte in einem kleinen, hübschen, von acht Hektar Land umgebenen Haus oben auf einem Hügel. Arthur zog zu ihr und ihrer Tochter Mary Anna, gab seinen Beruf als Pfarrer ganz auf und führte ein beschauliches Leben als Bauer. Martha Brown, die Bedienstete der Brontës, die ihn zuerst so wenig gemocht hatte, wurde ihm eine gute Freundin und kam regelmäßig für längere Zeit zu Besuch.
    Mary Anna hatte ihren Vetter stets geliebt. Neuneinhalb Jahre nach Charlottes Tod heirateten sie und Arthur in aller Stille. Sämtlichen Berichten zufolge war diese zweite Ehe eine glückliche, wenn auch kinderlose Verbindung, die eher auf Freundschaft und gegenseitigem Verständnis als auf Leidenschaft beruhte. Arthur sprach mit Mary Anna offen über seine Gefühle und gestand ihr, er habe »sein Herz mit seiner ersten Frau begraben«. Man muss Mary Anna hoch anrechnen, dass sie Verständnis dafür hatte. Das von Richmond gemalte Porträt Charlottes hing über vierzig Jahre lang in ihrem Salon, bis zu dem Tag, an dem Arthur 1906 im Alter von achtundachtzig Jahren starb. Wenn man ihn dazu drängte, schrieb und sprach Arthur mit großem Stolz von seiner berühmten ersten Frau, scheute aber in seinem ganzen restlichen Leben das Licht der Öffentlichkeit.
    Während Arthurs letzter Jahre gab er einem ihrer Biographen Zugang zu einigen von Charlottes Jugendwerken, Bildern und anderen Erinnerungsstücken. Wäre Arthur tatsächlich der Bewahrer von Charlottes Tagebüchern gewesen, sohätte es seiner Natur – und seinem ausgeprägten Bedürfnis nach Privatheit – durchaus entsprochen, diese kostbaren Bände vor der Öffentlichkeit verborgen zu halten: versteckt, aber doch sorgfältig und liebevoll im Keller des Hauses auf dem Hügel in Banagher, Irland, aufbewahrt von dem Mann, der Charlotte immer angebetet hat.



 
    Auszüge aus dem Briefwechsel von Charlotte Brontë
ÜBER DAS LESEN UND DIE LIEBE
    Von Robert Southey, Poet Laureate
    12. März 1837
    Sehr geehrte gnädige Frau, … nicht um meinen Rat hinsichtlich der Richtung Ihrer Begabung haben Sie mich gebeten, sondern um meine Meinung dazu; und doch mag meine Meinung vielleicht nur sehr wenig wert sein, mein Rat jedoch viel. Sie besitzen offensichtlich und zwar in beträchtlichem Maße das, was Wordsworth »die Gabe zu Versen« nennt. Ich werte es keineswegs ab, wenn ich hinzufüge, dass diese Gabe heutzutage nicht selten ist … Wer den Ehrgeiz besitzt, sich damit auszeichnen zu wollen, der sollte auf Enttäuschungen gefasst sein. Aber Sie sollten diese Begabung nicht im Hinblick auf Ruhm pflegen, sondern Sie sollten Ihr eigenes Glück im Auge haben …
    Die Tagträume, die Sie sich regelmäßig gönnen, werden wahrscheinlich letztlich zu einem missgestimmten Geisteszustand führen; und in dem Maße, in dem Ihnen im Vergleich dazu alle gewöhnlichen Dinge dieser Welt fahl und unnütz vorkommen werden, werden Sie auch Ihre Eignung für derlei Dinge verlieren, ohne eine Eignung für irgendetwas anderes zu erwerben. Die Literatur kann nicht Gegenstand eines Frauenlebens sein und sollte es auch nicht werden. Je gründlicher eine Frau ihren eigentlichen Pflichten nachkommt, desto weniger Muße wird sie für die Literatur haben, auch als Fertigkeit oder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher