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Die geheime Reise der Mariposa

Die geheime Reise der Mariposa

Titel: Die geheime Reise der Mariposa
Autoren: Antonia Michaelis
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Ecuadorianer. Marits Vater winkte mit beiden Armen. Einen Moment lang dachte José, er winkte ihm. Nein. Sie hatten ihn nicht gesehen. Marits Vater winkte den Männern auf den Schiffen, um sie zu warnen. Und die Schiffe drehten tatsächlich ab. Sie machten jetzt einen Bogen um die Klippen. Aber José hatte das Gefühl, dass sie den Schuss missverstanden hatten. Sie flohen nicht vor den unsichtbaren Klippen. Sie flohen vor den Schüssen. Niemand an Bord der Schiffe winkte zurück.
    José blieb in seinem Versteck sitzen und beobachtete, wie sie ankerten und in zwei kleinen Beibooten an Land paddelten. Als sie aus den Booten stiegen, zählte er fünf Männer. Zu seiner Überraschung war einer von ihnen Waterweg. Er war also doch noch am Leben. Und dann sah José, dass er noch einen der Männer kannte. Den einzigen Einheimischen. Konnte es sein? War das da unten wirklich … sein Vater?
    José merkte, wie seine Hände feucht wurden vor Aufregung. Ein warmes Glücksgefühl durchströmte ihn, aber er verstand nicht, was sein Vater dort bei den anderen Männern tat. War er ihnen die ganze Zeit über gefolgt? Vielleicht war es besser, zunächst verborgen zu bleiben. Abzuwarten. Er sah die Männer die Serpentinen des Weges heraufkommen.
    Dann sah er oberhalb seines Verstecks Marits Eltern und den Ecuadorianer aus dem Schatten der Bäume treten. Sie kamen noch ein Stück den Weg herunter, dann blieben sie stehen, wenige Meter von José entfernt, der reglos am Boden kauerte.
    Sie hatten die Männer unten auf dem Weg entdeckt.
    Und jetzt hatten die Männer auch sie gesehen.
    »Halt«, sagte Lindsey. »Da oben. Auf dem Weg.«
    »Das«, sagte Parker leise, »sind keine schiffbrüchigen Kinder.«
    »Nein«, flüsterte Ben Miller. Er schämte sich immer noch, dass er schuld war an der ganzen Sache mit José. Es half nicht, dass er Hals über Kopf zusammen mit Josés Vater auf einem geliehenen Schiff losgesegelt war, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Er war jung, hatte eine Menge wiedergutzumachen, und deshalb flüsterte er, obwohl alle es sahen: »Viel eher sind es drei Männer, Sir. Und zwei von ihnen tragen Waffen. Einer von ihnen hat auf uns geschossen.«
    »Sie haben uns gesehen«, sagte Señor Fernandez, und in dem Moment, als er das sagte, hatte Lindsey seine Waffe in der Hand. Er war der Älteste und Erfahrenste der drei und gewöhnlich war er schwer aus der Ruhe zu bringen. Aber über die Isla Maldita hatte er schon zu viel gehört. Sie machte ihn nervös. Er hätte es niemals zugegeben: Er hatte Angst.
    Er wusste nicht, wie viele Männer noch dort oben im Wald waren und wer sie waren und was sie vorhatten. Er sah, wie einer der Männer seine Waffe von der Schulter nahm. Lindsey entsicherte das Gewehr.
    »Nein«, sagte Waterweg da auf einmal. »Warten Sie. Tun Sie das nicht!«
    Lindsey sah ihn nicht an. Er zielte. »Sie haben mir nichts zu befehlen«, sagte er mit einem unangenehmen Gefühl im Magen. Was war mit Waterweg los? Er war sein Mann. Er arbeitete für ihn, für Amerika, für den Frieden, er – er schlug Lindsey mit einer geübten Bewegung das Gewehr aus der Hand.
    »Sie dürfen nicht schießen!«, rief Waterweg. »Ich –«
    Weiter kam er nicht. Es ging alles zu schnell. Später wurde oft über die Reihenfolge der Dinge gesprochen, aber später war es zu spät. Ben Miller sah seine Chance, endlich etwas Nützliches zu tun. Im Grunde seines Herzens wollte auch er ein Held sein, wie der Junge, den er versehentlich auf den Pazifik hinaus-geschickt hatte. Als er sah, wie Thomas Waterweg seinen Vorgesetzten angriff, sprang er nach vorn und rang Waterweg zu Boden. Lindsey hob sein Gewehr auf, Waterweg rollte zur Seite und plötzlich war da eine Pistole in seiner Hand. Er richtete sie auf Bens Gesicht.
    »Wenn Sie schießen, Lindsey, schieße ich auch«, sagte er kalt. »Ich weiß, wer die dort oben sind.«
    »Deutsche«, sagte Parker.
    »Ihre Leute«, sagte Lindsey.
    »Ja«, sagte Waterweg. »Meine Leute. Aber …«
    »Komisch«, sagte Parker. »Ich habe es die ganze Zeit geahnt. Es hat mich von Anfang an gewundert, dass Sie, Sie als Deutscher, für uns arbeiten.« Er stieß mit dem Fuß nach Waterweg und die Pistole segelte durch die Luft. Ben hielt Waterweg noch immer am Boden fest. Er wehrte sich nicht.
    »Sie verstehen nicht!«, flüsterte Waterweg. »Es ist alles ganz anders, ich … ich kann es Ihnen erklären …«
    Und da spürte Ben, dass Waterweg Angst hatte. So viel Angst, dass er die Kontrolle über
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