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Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Birgit Erwin
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das Laubwerk mit warmen Glanzfingern. Bald würden die Herbstfarben das Grün ablösen, und dann würde es Winter werden. Udalrich drehte sich um und betrachtete Wendelgard, die jetzt wieder an der Seite ihrer Dienerin ritt.
    »Graf!«
    Udalrich fuhr hoch und bemerkte, dass er verstohlene Blicke auf sich zog. Niemand ließ den König zweimal rufen.
    Heinrich hatte angehalten und sich im Sattel umgedreht, sodass er nicht nur die Gesellschaft, sondern auch den Weg überblickte. Sein dunkelblondes Haar leuchtete. Die Blätter an den niedrig hängenden Zweigen raschelten immer lauter. Mit aller Kraft wehrte Udalrich sich gegen die Erinnerungen. Tage wie dieser hatten ihn als einsamen Flüchtling im Wald gesehen. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er, das dunkle Unterholz zu durchdringen. Überall konnten Gefahren lauern, überall …
    »Graf!« Die Stimme des Königs klang gereizt. »Träumt Ihr?«
    »Kein Traum.« Udalrich holte mühsam Atem. »Nur eine Erinnerung.«
    »Bei Gott, der Mann hat Ahnungen!«, rief Heinrich spöttisch. »Reden mag er nicht über die Vergangenheit, aber durch einen Wald zu reiten, fällt ihm ganz offensichtlich schwer. Ich glaube fast, der Graf von Buchhorn ist nicht mehr der Mann, der er einmal war.«
    Um sie herum wurde unterdrückt gelacht.
    Wendelgard schoss das Blut in die Wangen. Sie öffnete den Mund. Udalrich hörte, dass ihre Worte hitzig und ein wenig schrill klangen, aber was sie sagte, verstand er nicht. Er drehte den Kopf hin und her auf der Suche nach dem Ursprung der Gefahr. Sein Verstand brüllte ihm zu, dass er sie sich nur einbildete, doch sein Körper hörte nicht. Über seinem Kopf raschelte es. Ein großer Vogel, größer als der Falke, zu groß … etwas blitzte im Sonnenlicht.
    Ohne nachzudenken warf Udalrich sich herum und fiel Heinrichs Pferd in die Zügel. Das Tier stieg mit einem schrillen Wiehern auf die Hinterbeine. Der König verlor das Gleichgewicht und wurde mit rudernden Armen aus dem Sattel geschleudert. Sekundenlang herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Diener packten Udalrichs Arme, doch er riss sich los. In der nächsten Sekunde teilten sich die Zweige. Ein Mann sprang in geduckter Haltung von einem der niedrig hängenden Äste. Der Aufschrei der Umstehenden wiederholte sich. Hastig vergewisserte sich Udalrich, dass Heinrich immer noch auf dem Boden lag. Sein Gesicht war vor Schmerz verzerrt, während er versuchte, auf die Füße zu kommen.
    »Helft dem König!«, brüllte Udalrich, während er sich vom Pferd warf. Schmerz schoss aus seinen Hüften in den Rücken und nahm ihm den Atem. Als er wieder klar sehen konnte, bemerkte er gerade noch, wie der Mann sein Messer aus dem Hals eines der Diener zog, der blutend in die Arme seiner Gefährten taumelte. Mit einem wütenden Schmerz in der Brust erkannte Udalrich, dass es der Junge war, der ihn vor wenigen Stunden zur Jagd gerufen hatte. Er stieß einen Schrei aus, als der Meuchelmörder erneut das Messer hob. Der Mann schien zu zögern. Mit hassverzerrtem Gesicht wandte er sich seinem neuen Gegner zu. Doch Udalrich hob seine eigene Waffe nur noch halbherzig. Es war nicht mehr nötig. Die Gefolgsleute des Königs fielen über den Mörder her und hackten ihn in Stücke.
    Udalrich senkte die Lider. Als er sich wieder gefangen hatte, war das Blutgericht vorbei. Mit einem Anflug von Ekel betrachtete er den zerstückelten Leichnam. Als er den Kopf hob, begegnete er dem starren Blick seines Königs.
    »Ich scheine Euch mein Leben zu verdanken. Gottes Wege sind wahrhaftig unergründlich.«
    »Aber heute war er uns allen gnädig. Es geht Euch gut, Herr?«
    »Mein Bein …« Heinrich stöhnte auf, als er das Gewicht verlagerte. Erst jetzt sah Udalrich, dass er von zweien seiner Gefolgsleute gestützt wurde. »Wie habt Ihr den Mörder sehen können?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen. Es muss … so etwas wie eine Ahnung gewesen sein.«
    Heinrich hob die Augenbraue, sagte aber nichts. Sein Gesicht war blass und hart. Er beugte sich über den Toten. »Kennt Ihr ihn?«
    »Nein.«
    »Ihr habt ihn gar nicht angesehen!«
    »Weil ich meine Frau suche! Im Übrigen haben Eure Leute kaum genug übrig gelassen, was ich mir anschauen könnte. Wo ist Wendelgard?«
    Heinrich machte eine vage Geste. »Zum Glück war sie ein Stück hinter uns, das hat ihr vielleicht das Schlimmste erspart. Welche Idee, eine schwangere Frau mitzunehmen!« Er warf Udalrich noch einen wütenden Blick zu, ehe er seinen Begleitern befahl,
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