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Die Gassen von Marseille

Die Gassen von Marseille

Titel: Die Gassen von Marseille
Autoren: Gilles Del Pappas
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gestimmt …
    »Hallo? Hallo? Seid ihr da?«
    »Piep … Wir sind nicht zu Hause, aber … piep.«
    »Hallo, Juanita, ich bin’s, Constantin. Ich wollte mich für mein Verhalten vorhin entschuldigen. Eigentlich ist es unverzeihlich, ich weiß … Aber vielleicht hat ein sensibles, intelligentes karibisches Mädchen wie du Verständnis für einen cacou mit gebrochenem Herzen. Es wäre schön, wenn wir uns noch einmal sehen könnten, bevor ihr abreist … Bei einem dieser Abende voll erotischem Zauber, auf die sich Jean-Michel so gut versteht! Macht’s gut, ihr beiden.«
    So, das wäre geschafft. Heute fängt mein neues Leben an. Gleich danach rufe ich Mateis an, um ihn zum Essen einzuladen und ihm von dem Vorfall heute Nachmittag zu erzählen. Ich erwische ihn sofort.
    »Ah, der Grieche! Das trifft sich gut … Große Geister finden zueinander. Bist du zu Hause?«
    »Äh, ja, ich wollte dich für heute Abend zu mir zum Essen einladen.«
    Ich mache eine Pause, um seine Neugier zu wecken.
    »Und halt dich fest, Esther hat Polenta gemacht.«
    Stille. Ich bin überrascht, denn Philippe ist ein großer Schlemmer vor dem Herrn, und dieses Schweigen sieht ihm gar nicht ähnlich – kein begeisterter Ausruf, gar nichts.
    »Hey? Was ist los? Magst du keine Polenta mehr? Esthers Polenta! Oder bist du womöglich auf Diät?«
    Philippe neigt dazu, etwas fülliger zu werden. Ich versuche es mit überzeugenden Argumenten.
    »Und wenn schon, Polenta ist ein ganz leichtes Essen!«
    Er seufzt.
    »Sicher! Allein vom Anschauen nimmt man schon ab.«
    Ich lache, aber er fährt genervt fort: »Verdammt, Constantin, hörst du eigentlich jemals deinen Anrufbeantworter ab?«
    Meinen Anrufbeantworter?
    »Äh, nein, darum habe ich mich noch nicht gekümmert, ich bin gerade erst nach Hause gekommen. Warum? Hast du mir eine Nachricht hinterlassen? Warte, ich hör gleich mal rein.«
    Ich werfe einen Blick auf den AB. Tatsächlich, es blinkt, ich habe neue Nachrichten. Vollkommen richtig, ich vernachlässige diesen Apparat. Macht aber Sinn, bei dem, was meistens drauf ist!
    »Warte, gleich werde ich deine liebliche Stimme hören.«
    »Nicht nötig«, fällt er mir ins Wort. »Ich habe Inspektor Raoul Guidoni zu dir geschickt, um dich abzuholen. Ich brauche dich … Rühr dich nicht vom Fleck, er ist jeden Moment da.«
    »Was? Wir essen also nicht zusammen? Was ist mit Esthers Polenta? Meine Nachbarin kommt gleich hoch, weißt du …«
    »Die kann warten. Die Polenta, meine ich. Geh einfach runter vors Haus, und ich rufe Esther an und sage ihr, dass wir das Essen um eine Stunde verschieben.«
    Ich wundere mich über seinen herrischen Ton.
    »Phillou … Was ist denn los? Sag doch.«
    »Sieh zu, dass du herkommst, ich hab jetzt keine Zeit …«
    Und schon hat er aufgelegt.
    Ich bleibe einen Moment nachdenklich stehen … Was ist los? Mein Blick fällt auf den quietschbunten Sechzigerjahrevorhang, hinter dem ich meine Socken und Unterhosen verstecke. Eine kleine Pfote schiebt sich unter dem Baumwollstoff hervor. Ich ziehe den Vorhang mit einem Ruck zurück, um mir den Eindringling anzuschauen. Große goldene Augen starren mich ängstlich an.
    Es ist eine winzige, vollkommen schwarze Katze. Hochträchtig liegt sie auf einem der Pullover, die Esther für mich gestrickt hat. Nein, sie ist doch nicht ganz schwarz. Sie hat eine schmucke weiße Nasenspitze, und die Spitzen ihrer Pfötchen sind ebenfalls weiß.
    »Miau! Guten Tag!«
    Eine schüchterne Begrüßung. Ich strecke die Hand aus, um ihr das Köpfchen zu streicheln. Sie senkt die Ohren.
    »Was will der Kerl von mir?«
    Ich kraule ihre Stirn.
    »Alles klar?«
    Sie lässt ihren Motor an und schnurrt mir etwas vor.
    »Na, meine Große, willst du deine Babys etwa hier zur Welt bringen?«, frage ich sie.
    In der Tür zum Balkon gibt es ein Loch. Manchmal adoptiere ich für eine mehr oder weniger lange Zeit eine Straßen- oder, besser gesagt, eine Dachkatze.
    Ich gehe hinauf in die Küche und hole ihr eine Schale Milch und etwas zerpflückten Schinken. Vorsichtig stelle ich beides neben sie. Sie schleckt ein wenig Milch, verschmäht aber den Schinken. Die Kleinen werden bald kommen.
    Aber ich habe auch noch anderes zu tun, Katze! Kommissar Mateis wartet auf mich.
    Ich gehe die Treppe hinunter, und gerade als ich zur Tür rauskomme, taucht am Ende der Straße ein Kerl auf. Ein echter Marseiller, Nebulonis an den Füßen, ein Goldkettchen auf der behaarten, entblößten Brust und ein fettes Gliederarmband
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