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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen
Autoren: Ralf Isau
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McCauley beschwichtigende Gesten. Seine Männer wurden merklich lockerer.
    »Na sehen Sie, es geht doch«, freute sich Theo. Er schlenderte jetzt in die Mitte des Raumes und machte nicht den Eindruck, als stehe er unter besonderem Stress. Im Gegenteil wirkte er fast euphorisch.
    Vielleicht hat er wieder einen Drogencocktail gemixt, dachte Alex. Diesmal, um sich aufzuputschen.
    Als habe er sie erst jetzt bemerkt, verbeugte sich Theo in ihre Richtung und sagte: »Auch dir ein herzliches Willkommen, Schwester. Ich muss dir ein Kompliment machen: Du hast dich wacker geschlagen.«
    Alex spürte, wie die Hand auf ihrer Schulter zuckte.
    »Was soll dieses Theater, Theo?«, fragte sie trotzig.
    »Du wirst die Antwort sofort bekommen, Alex. Doch zunächst bitte ich die Medienvertreter, wieder ihre Aufnahmegeräte einzuschalten. «
    »Tu das nicht, Theo«, sagte unvermittelt Cadwell. Wohl nicht nur Alex wunderte sich über den vertrauten Ton des ArtCare-Chefs.
    »Ich bestehe darauf – Vater«, antwortete Theo. Ein Raunen ging durch den Raum.
    »Das hier ist eine persönliche Sache zwischen dir und mir. Habe ich Recht?«
    »Längst nicht so persönlich, wie du glaubst, Vater.« Theo wandte sich wieder den Medienvertretern zu und sagte mit frostiger Freundlichkeit: »Wenn Sie Lust haben, noch ein bisschen länger zu leben, dann sollten Sie jetzt endlich Ihr Equipment anschmeißen.«
    »Jetzt machen Sie schon!«, knurrte Lord Witcombe.
    Kameras und Sprachrekorder wurden eingeschaltet. Es klickten sogar einige Fotoapparate.
    »Keine Blitze!«, rief Colonel McCauley aufgeregt. »Die könnten allzu leicht für Mündungsfeuer gehalten werden.«
    Theo lachte lautlos in sich hinein. »Sehr rücksichtsvoll.«
    Der Lordkanzler trat einen Schritt vor. »Jetzt verbreiten Sie endlich Ihre Botschaft, Mr Kendish, damit wir die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter uns bringen.«
    »O ja, Mylord«, erwiderte Theo in spöttischem Ton. »Sie haben mit Sicherheit noch eine Menge Termine heute. Aber ich muss Sie enttäuschen. Die › Galerie der Lügen ‹ war Botschaft genug. Mehr habe ich zum Thema nicht zu sagen. Allerdings dürfte Dr. Cadwell noch einige erhellende Fußnoten liefern können.« Er wandte sich dem ArtCare-Chef zu. »Nicht wahr, Vater?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, brummte dieser.
    »Erzähle den Öffentlichkeitsvertretern, woher die Föten kommen, die sich in den Gläsern hier befinden.«
    »Das müsstest du besser wissen als ich.«
    »Du willst es nicht sagen? Na, dann fliegen wir eben alle mit deinem Vermächtnis an die Menschheit und den wunderschönen Meisterwerken in die Luft.« Es sah aus, als wolle Theo den Knebel an seiner Weste ziehen.
    Lord Witcombe funkelte Cadwell zornig an. »Sehen Sie nicht, dass der Bursche ernst macht? Jetzt reden Sie schon endlich!«
    »Sie haben mir gar nichts zu befehlen, Mylord«, erwiderte Cadwell kühl.
    »Muss ich Sie erst daran erinnern, dass ich der Justizminister bin? Ich kenne einige Gefängnisse in England und Wales, in denen ein Mann wie Sie immer noch recht ein sam verrotten kann. Wollen Sie’ s gerne ausprobieren?«
    »Das wäre Amtsmissbrauch und Rechtsbeugung, Mylord. Wollen Sie mir tatsächlich vor laufenden Kameras damit drohen?«
    »Nein, mein Lieber. Die Gesetzeslage reicht durchaus, um Sie für den Rest Ihres Lebens hinter Gitter zu bringen. Sie wissen, dass ich die Wahrheit kenne, und ich habe mich entschlossen, nicht länger zu schweigen. Es ist aus, Dr. Cadwell. Oder sollte ich Sie besser Dr. Frankenstein nennen? Dies ist die letzte Gelegenheit, Ihren Abgang zu gestalten.«
    Alex bemerkte, wie die Hände des Mannes, dem sie ihre Existenz verdankte, zu zittern begannen. Mit einem Mal wirkte er müde und gebrechlich. Sein Blick wanderte zu den erleuchteten Säulen. »Die Föten stammen von Leihmüttern«, sagte er leise.
    »Lauter!«, verlangte Theo gnadenlos. »Und etwas ausführlicher, wenn ich bitten darf.«
    Das Hin und Her zwischen den beiden ging noch eine Zeit lang weiter. Nach und nach trotzte Theo dem ehemaligen Projektleiter von HUGE jedoch ein Geständnis ab. Im Wesentlichen bestätigte Cadwell, was schon in der Nacht zuvor im Sel borne House gesagt worden war. Hier und da schloss Theo einige Wissenslücken, etwa in Bezug auf seinen Adoptivvater.
    Als Sicherheitschef von HUGE hatte Julian Kendish Zugang zu allen Bereichen des Laborkomplexes gehabt, der sich an der westlichen Peripherie von Edinburgh befand. Eines Tages entdeckte er
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