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Die furchtbaren Salomoninseln

Die furchtbaren Salomoninseln

Titel: Die furchtbaren Salomoninseln
Autoren: Jack London
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Bertie verabscheute, war Reis mit Curry, und so kam es, daß er der erste war, der von einer einladenden Omelette nahm. Er hatte gerade einen Teller voll gegessen, als Harriwell sich ebenfalls von der Omelette auflegte. Er nahm einen Mundvoll, spuckte aber mit einem kräftigen Fluch wieder aus. »Das ist das zweite Mal«, verkündete McTavish bedeutungsvoll.
    Harriwell räusperte sich und spuckte immer noch. »Was zum zweitenmal?« fragte Bertie zitternd. »Gift«, lautete die Antwort. »Der Koch wird noch gehenkt werden.«
    »Auf diese Weise ist der Buchhalter auf Cape Marsh ums Leben gekommen«, fuhr Brown fort. »Schrecklicher Tod. Auf der ›Jessie‹ erzählten sie, daß man ihn drei Meilen weit schreien hörte.«
    »Ich werde den Koch in Eisen legen«, sprudelte Harriwell. »Ein Glück, daß wir es rechtzeitig entdeckt haben.« Bertie saß wie gelähmt da. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er versuchte zu sprechen, brachte aber nur ein unartikuliertes Röcheln heraus. Alle sahen ihn ängstlich an.
    »Sagen Sie es nicht, sagen Sie es nicht«, rief McTavish mit gespannter Stimme.
    »Ja, ich habe davon gegessen, eine Menge, einen ganzen Teller voll!« rief Bertie aus wie ein Taucher, der plötzlich wieder an die Luft kommt.
    Das furchtbare Schweigen währte noch eine Minute, und er las sein Schicksal in ihren Augen.
    »Vielleicht ist es doch kein Gift«, sagte Harriwell trübe.
    »Rufen Sie den Koch herein«, sagte Brown.
    Herein kam der Koch, ein grinsender, schwarzer Bursche, die Nase von Nägeln durchbohrt und Pfropfen in den Ohren.
    »Hier du, Wi-Wi was heißt das?« brüllte Harriwell ihn an und wies anklagend auf die Omelette.
    Wi-Wi tat sehr natürlich erschrocken und verlegen. »Das gute Kai-Kai«, murmelte er zu seiner Verteidigung.
    »Lassen Sie es ihn essen«, schlug McTavish vor. »Das ist die beste Probe.«
    Harriwell füllte einen Löffel und ging damit auf den Koch los, der in panischem Schrecken floh. »Das sagt genug«, war Browns feierliche Verkündung. »Er will’s nicht essen.«
    »Mr. Brown, wollen Sie ihn bitte in Eisen legen?« Harriwell wandte sich vergnügt an Bertie: »Es ist gut, alter Freund, der Kommissar wird sich mit ihm befassen, und wenn Sie sterben, können Sie sicher sein, daß er gehenkt wird.«
    »Ich glaube nicht, daß die Regierung das tut«, wandte McTavish ein.
    »Aber, meine Herren, meine Herren!« rief Bertie. »Denken Sie doch auch an mich.«
    Harriwell zuckte mitleidig die Achseln.
    »Tut mir leid, alter Freund, aber das ist eines von den Giften der Eingeborenen, und dagegen kennt man kein Mittel. Versuchen Sie sich zu fassen, und wenn…« Zwei scharfe Flintenschüsse draußen unterbrachen die Unterhaltung. Brown trat ein, lud seine Büchse wieder und setzte sich an den Tisch.
    »Der Koch ist tot«, sagte er. »Fieber. Ein ganz plötzlicher Anfall.«
    »Ich erzählte gerade Mr. Arkwright, daß es kein Mittel gegen die Gifte der Eingeborenen gibt…«
    »Außer Schnaps«, sagte Brown.
    Harriwell nannte sich selbst einen zerstreuten Idioten und stürzte nach der Schnapsflasche.
    »Tüchtig, Mann, tüchtig«, ermunterte er Bertie, der ein zu zwei Drittel mit reinem Spiritus gefülltes Wasserglas hinunterstürzte und von dem scharfen Beißen hustete und schluckte, daß ihm die Tränen über die Wangen liefen.
    Harriwell fühlte ihm den Puls und maß seine Temperatur, zeigte sich sehr besorgt um ihn und zweifelte, daß die Omelette vergiftet gewesen sei. Brown und McTavish zweifelten ebenfalls; aber Bertie unterschied einen Klang von Unaufrichtigkeit in ihren Stimmen. Der Appetit war ihm vergangen, und er fühlte sich selbst heimlich unter dem Tisch den Puls. Keine Frage, er ging schneller, aber er dachte nicht daran, das dem Spiritus zuzuschreiben, den er genommen hatte. McTavish ging, mit der Flinte in der Hand, auf die Veranda hinaus, um zu rekognoszieren »Sie versammelten sich in Massen beim Küchenhaus«, lautete sein Bericht. »Und sie haben eine unendliche Menge von Snidergewehren. Ich schlage vor, daß wir uns von der andern Seite anschleichen und ihnen in die Flanke fallen. Wir müssen den ersten Schlag führen, verstehen Sie? Kommen Sie mit, Brown.«
    Harriwell aß ruhig weiter, während Bertie feststellte, daß sein Puls auf fünf Schläge gesprungen war. Nichtsdestoweniger fuhr er zusammen, als die Flinten zu knattern begannen. Aus dem Knattern der Snidergewehre konnte er Browns und McTavishs Winchesterbüchsen heraushören – alles vor einem
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