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Die furchtbaren Salomoninseln

Die furchtbaren Salomoninseln

Titel: Die furchtbaren Salomoninseln
Autoren: Jack London
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kleinen Staatsraum neben der Hauptkajüte. Das vordere Schott war mit einer Reihe Flinten dekoriert. Über der Koje hingen noch drei Flinten. Unter der Koje war ein großes Schubfach, das er beim Aufziehen mit Munition, Dynamit und mehreren Kisten voll Zündern gefüllt fand. Er zog es vor, auf dem gegenüberliegenden Sofa zu schlafen. Auf dem Tische war das Logbuch der »Arla« auffallend zurechtgelegt. Bertie wußte nicht, daß es extra für diese Gelegenheit von Kapitän Malu hergerichtet war, und las darin, wie am 21. September zwei Mann von der Besatzung über Bord gefallen und ertrunken waren. Bertie las zwischen den Zeilen und wußte es besser.
    Er las, wie das Walboot der »Arla« bei Su’u in einen Hinterhalt geraten war und drei Mann verloren hatte; wie der Schiffer entdeckte, daß der Koch Menschenfleisch auf dem Herd in der Kombüse briet, Fleisch, das von der Bootsbesatzung in Fui stammte; wie eine zufällige Entladung von Dynamit beim Signalisieren eine andere Bootsbesatzung getötet hatte; von nächtlichen Überfällen; von Häfen, aus denen man bei Tagesanbruch geflohen war; von Angriffen der Buschleute in den Mangrovesümpfen und ganzer Flotten von Salzwasserleuten in den breiten Sunden. Mit regelmäßiger Eintönigkeit kehrte auch der Tod an der Ruhr wieder. Mit Schrecken sah er, daß auch zwei Weiße, Gäste an Bord der »Arla« wie er selbst, daran gestorben waren.
    »Wissen Sie«, sagte Bertie am nächsten Tage zu Kapitän Hansen, »ich habe in Ihr Logbuch hineingeguckt.« Der Schiffer heuchelte schnell Ärger darüber, daß er das Logbuch hatte herumliegen lassen.
    »Und die Ruhr, nicht wahr, die ist ebenso ein Unsinn, wie das zufällige Ertrinken«, fuhr Bertie fort. »Was bedeutet Ruhr in Wirklichkeit?«
    Der Schiffer bewunderte offen den Scharfsinn seines Gastes, legte sich zuerst starrköpfig auf entrüstetes Leugnen und ergab sich dann auf Gnade und Ungnade.
    »Sehen Sie, Mr. Arkwright, es ist so: Diese Inseln haben sowieso schon einen recht schlechten Ruf. Es wird täglich schwerer, einen Weißen anzuheuern. Nehmen Sie an, ein Mann wird ermordet. Dann muß die Gesellschaft teures Geld bezahlen, um Ersatz zu bekommen. Wenn der Mann aber nur an einer Krankheit stirbt, dann hat es nichts zu sagen. Gegen Krankheiten haben die Neuen nichts. Erst wenn sie ermordet werden sollen, bedanken sie sich. Ich dachte, der Schiffer der »Arla« wäre an der Ruhr gestorben, als ich seine Stelle einnahm. Als ich dann die Wahrheit erfuhr, war es zu spät; ich hatte den Kontrakt unterschrieben.«
    »Außerdem«, fügte Mr. Jacobs hinzu, »geschehen allzu viele Unfälle durch Ertrinken. Das sieht nicht gut aus. Aber das ist Schuld der Regierung. Ein Weißer hat keine Aussicht, sich gegen Nigger zu verteidigen.«
    »Ja, nehmen wir nun die ›Prinzessin‹ und den amerikanischen Steuermann«, nahm der Schiffer den Faden wieder auf. »Sie hatte fünf Weiße außer einem Regierungsagenten an Bord. Kapitän, Agent und Superkargo waren mit zwei Booten an Land. Sie wurden bis auf den letzten Mann niedergemacht. Der Steuermann und der Bootsmann befanden sich mit etwa fünfzehn Mann von der Besatzung, Leuten aus Samoa und Tonga, an Bord. Eine Bande von Niggern kam vom Lande. Ehe der Steuermann etwas Böses ahnte, waren Bootsmann und Besatzung schon tot. Der Steuermann ergriff drei Patronengürtel und zwei Winchesterbüchsen und klomm in die Dwarssalinge. Er war der einzige Überlebende, und man kann ihm keinen Vorwurf daraus machen, daß er wütend war. Er knallte mit dem einen Gewehr drauflos, bis es so heiß war, daß er es nicht mehr gebrauchen konnte, und dann feuerte er mit dem andern. Das Deck war schwarz von Niggern. Er säuberte es von ihnen. Er knallte sie nieder, als sie über die Reling sprangen, knallte sie ebenso schnell nieder, wie sie ihre Ruder fassen konnten. Und als sie dann ins Wasser sprangen und sich anschickten, an Land zu schwimmen, traf er in seiner Wut noch ein halbes Dutzend dazu. Und was bekam er dafür?«
    »Sieben Jahre auf Fidschi«, fiel der Steuermann ein.
    »Die Regierung sagte, er sei nicht berechtigt gewesen, auf sie zu schießen, nachdem sie ins Wasser gesprungen waren«, erklärte der Schiffer.
    »Und deshalb sterben sie heutzutage an der Ruhr«, fügte der Steuermann hinzu.
    »Gute Idee«, sagte Bertie und sehnte sich nach dem Ende der Fahrt.
    Im Laufe des Tages sprach er mit dem Schwarzen, der ihm als Menschenfresser bezeichnet war.
    Der Bursche hieß Sumasai. Er hatte drei Jahre
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