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Die fünfhundert Millionen der Begum

Die fünfhundert Millionen der Begum

Titel: Die fünfhundert Millionen der Begum
Autoren: Jules Verne
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jener, uns immer etwas abstoßenden Erscheinungen. Sein Skelet verbarg sich von den Fersen bis zum Hinterhaupte unter einem großcarrirten Ueberrock und in der Hand trug er eine Reisetasche von lackirtem Leder.
    Diese Person trat in’s Zimmer, grüßte flüchtig, legte Reisetasche und Hut ab, setzte sich, ohne eine Aufforderung dazu abzuwarten, und sagte:
    »William Henry Sharp junior, Associé des Hauses Billows, Green, Sharp & Comp…. Ich habe doch die Ehre, Herrn Doctor Sarrasin….
    – Gewiß, mein Herr.
    – François Sarrasin.
    – Das ist mein Name.
    – Aus Douai?
    – Mein gewöhnlicher Aufenthaltsort.
    – Ihr Vater hieß Isidore Sarrasin?
    – Ganz richtig.
    – Wir gehen also davon aus, daß er Isidore Sarrasin hieß.«
    Mr. Sharp zog ein Notizbuch aus der Tasche und fuhr fort:
    »Isidore Sarrasin, gestorben zu Paris im Jahre 1857, 6. Arrondissement, Rue Taranne Nr. 54, Hôtel des Ecoles, jetzt abgebrochen.
     

    Dr. Sarrasin. (S. 5.)
     
    – Alles in Ordnung, bestätigte der Doctor mit wachsendem Erstaunen. Würden Sie mir nun erklären….

    – Seine Mutter hieß Julie Langevol, fuhr Mr. Sharp unbeirrt fort. Sie stammte aus Bar-le-Duc, war eine Tochter von Benedikt Langevol, wohnhaft in der Sackgasse Loriol, gestorben 1812, wie aus den amtlichen Registern genannter Stadt hervorgeht – diese Register sind eine höchst schätzbare Einrichtung, mein Herr, eine ungemein unschätzbare – Hm!…. Hm!…. und Schwester von Jean Jacques Langevol, Tambour-Major des 36. leichten….
    – Ich gestehe Ihnen, fiel hier der über diese umfassende Kenntniß seiner Genealogie verwunderte Doctor ein, daß Sie über verschiedene Punkte besser unterrichtet scheinen, als ich es selbst bin. Wirklich lautete meiner Großmutter Familienname Langevol, das ist aber auch Alles, was ich von ihr weiß.
    – Sie verließ Bar-le-Duc im Jahre 1807 mit Ihrem Großvater Jean Sarrasin, den sie schon 1799 geheiratet hatte. Beide wandten sich zur Etablirung eines Klempnergeschäftes nach Melun und verblieben dort bis 1811, in welchem Jahre Julie Langevol, verehelichte Sarrasin, mit Tod abging. Ihrer Ehe entstammte nur ein einziges Kind, Isidore Sarrasin, Ihr Vater, mein Herr. Von hier ab weiß man nun nichts Weiteres bis auf den Todestag des Letzteren, der in Paris wieder auftauchte….
    – Den verlorenen Faden bin ich aber im Stande, wieder anzuknüpfen, sagte der Doctor, den diese wirklich mathematische Genauigkeit wider Willen mehr und mehr fesselte. Mein Großvater etablirte sich später in Paris, um sich die Erziehung seines Sohnes, der medicinischen Studien oblag, zu erleichtern. Er starb im Jahre 1832 in Palaiseau bei Versailles, woselbst mein Vater prakticirte und ich selbst 1822 geboren wurde.
    – Sie sind mein Mann, erklärte Mr. Sharp. Keine Brüder oder Schwestern?….
    – Nein. Ich war und blieb der einzige Sohn und meine Mutter starb schon, als ich erst zwei Jahre zählte. Doch werden Sie mir endlich mittheilen, mein Herr, wozu das….«
    Mr. Sharp erhob sich.
    »Sir Bryah Jowahir Mothooranath, sagte er, diese Worte mit all dem Respect aussprechend, den jeder Engländer gegenüber vornehmen Titeln beobachtet, ich schätze mich glücklich, Sie gefunden zu haben und als der Erste Ihnen meine Huldigung darzubringen.
    – Der Mann ist von Sinnen, dachte der Doctor, kommt ja bei »Todtenköpfen häufiger vor.«
    Der Sollicitor errieth seinen Gedanken.
    »Halten Sie mich um Alles in der Welt nicht etwa für geisteskrank, sagte er sehr ruhig. Zur Stunde sind Sie der einzige bekannte Erbe des Baronet-Titels, welcher auf Vorschlag des General-Gouverneurs einst Jean Jacques Langevol verliehen wurde, der 1819 in den englischen Unterthanenverband eintrat und später Witwer und Nutznießer der Besitzungen der Begum (Ehrentitel der indischen Fürstinnen) Gokool war, welche 1841 starb und nur einen Sohn hinterließ, der als Idiot ohne Nachkommen und ohne Testament im Jahre 1869 verschied. Die Nachlassenschaft betrug vor dreißig Jahren schon gegen fünf Millionen Pfund Sterling. Sie ward unter vormundschaftliches Sequester gestellt und während der Lebenszeit des schwachsinnigen Sohnes Jean Jacques Langevol’s fast durch die vollen Zinsenerträgnisse vermehrt. Im Jahre 1870 berechnete sich jene Verlassenschaft auf rund einundzwanzig Millionen Pfund Sterling oder fünfhundertfünfundzwanzig Millionen Francs. In Ausführung einer Entscheidung des Gerichtes in Agra, welche die höhere Instanz in Delhi und zuletzt auch der Geheime
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