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Die Früchte der Unsterblichkeit

Die Früchte der Unsterblichkeit

Titel: Die Früchte der Unsterblichkeit
Autoren: Ilona Andrews
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Stiele am Boden. Ein feuchtes Stück Papier klebte dazwischen. Ein Kärtchen mit dem Logo einer Schlange, die sich um ein Weinglas wand. Darunter stand: Bright Light Hospital, Thaumatologie, College of Atlanta.
    Ich klappte die Karte auf und las sie laut vor: »Es tut mir so leid. Dr. med. Ben Rodney, zertifizierter Heilmagier.«
    Raphael beugte sich hinunter und tippte auf das Kärtchen. »Alex war Patient dort. Ich weiß, was das zu bedeuten hat. Wenn sie gar nichts mehr für einen tun können, dann schicken sie dieses Regeln-Sie-Ihre-Angelegenheiten-Gesteck.«
    »Sie war also todkrank.«
    »Anscheinend schon.«
    »Zumindest haben wir jetzt die Verbindung zwischen ihr und Alex«, sagte ich mit einem Blick auf die Karte.
    Danach durchstöberten wir das Haus. Im Büro fanden wir einen ganzen Aktenschrank voller Krankenberichte. Bei Spinnen-Lynn wurde das Niemann-Pick-Syndrom Typ A und C festgestellt. Ihre Krankheit war unheilbar mit progressivem Verlauf. Milz, Leber und Gehirn wurden in Mitleidenschaft gezogen. Ihr fiel es schwer, den Blick nach oben und unten zu richten. Sehkraft und Hörvermögen waren am Schwinden. Schon bald wäre sie eine Gefangene ihres eigenen Körpers geworden und dann wäre sie gestorben.
    »Sieh dir das an«, rief Raphael.
    Ich folgte ihm in die Bibliothek. Aufgeschlagene Bücher lagen auf dem Boden verstreut. Raphael nahm sich eins. »›Und so ergriff Hades Persephone und fuhr mit ihr in seinem Wagen davon, in die Tiefen seines düsteren Schattenreiches. Ihre Mutter, die gütige Demeter, suchte vergeblich nach ihrer Tochter. Wie eine gewöhnliche Sterbliche gekleidet durchstreifte die Göttin der Fruchtbarkeit die Erde und ließ in ihrer Trauer Saat und Ernte verkommen. Ohne ihr segensreiches Wirken verwelkten die Blumen am Stängel, verloren die Bäume vor Schmerz ihre Blätter, verdorrte alles Grüne und Lebendige. Überall in der Welt herrschte Winter und die Menschen jammerten vor Hunger. Selbst die goldenen Äpfel in Heras Garten fielen von den kahlen Ästen des heiligen Baums.‹«
    »Sehr erhebend.« Ich schnappte mir ein paar der anderen Bücher. »Das Gleiche.«
    »Dieses Buch ist auf Griechisch geschrieben.« Raphael hielt einen verstaubten Schinken hoch und deutete auf eine offene Seite mit einem Apfel.
    »Offenbar ist sie völlig besessen von Hades und diesen Äpfeln. Was wissen wir über diese Äpfel?« Ich blätterte das Buch durch.
    »Hier ist noch was«, sagte Raphael. »›Eris, die Göttin der Zwietracht, war als Einzige nicht zur Hochzeit von Peleus und Thetis geladen. Still schmollte sie vor sich hin, bis ihr Verlangen nach Rache übergroß wurde und sie einen goldenen Apfel unter die Hochzeitsgesellschaft warf, auf dem die Worte eingeritzt waren:
kallistä
,
der Schönsten
. Und so nahm der Trojanische Krieg seinen Lauf …‹«
    »Ziemlich raffiniert, aber das bringt uns auch nicht weiter.« Ich blätterte in meinem Buch. »Hier geht es um die elfte Heldentat des Herakles. Er sollte die goldenen Äpfel der Unsterblichkeit aus Heras Garten stehlen.« Ich hielt inne und sah Raphael an.
    »Die Äpfel der Unsterblichkeit«, sagte er. »Sieh mal einer an.«
    Ich tippte mit einem Finger auf das Buch. »Was wissen wir bislang? Spinnen-Lynn ist unheilbar krank. Sie ist besessen von den Äpfeln der Unsterblichkeit, wohl weil sie glaubt, sie könnten sie heilen. Aus unerfindlichen Gründen hält sie Alex Doulos’ Schatten gefangen. Alex war der Priester des Hades.«
    »Hades raubte Persephone. Die ihrerseits war die Tochter Demeters, der Göttin der Fruchtbarkeit und Ernte, die über die Jahreszeiten gebot, was sich auch auf Heras goldene Äpfel auswirkte. Es ist so ein bisschen wie bei diesem Kleine-Welt-Phänomen, jeder kennt jeden über sechs Ecken.« Er blätterte die Seiten durch. »Hier steht, dass die Äpfel den Göttern als Nahrung dienten. Die Äpfel und Ambrosia verliehen ihnen ewige Jugend und Unsterblichkeit. Was meinst du, was passiert, wenn dieses Miststück davon isst?«
    »Bestimmt nichts Gutes.« Also hatten wir uns während des Flairs mit zwei Möchtegern-Göttern herumgeschlagen. Davon würde ich noch eine ganze Weile Albträume haben und Raphaels Gesicht nach zu urteilen, war er auch nicht gerade scharf auf eine Fortsetzung.
    »Wir müssen in das Haus einbrechen.«
    »Ja«, sagte Raphael mit finsterer Miene.
    Wir mussten also in ein Haus mit Elektrozaun und massivem Wehr dringen, das von einem riesigen Höllenhund bewacht wurde und in dessen Innerem sich
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