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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose
Autoren: Jutta Oltmanns
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Männer, als sich der Pferdewagen endlich in Bewegung setzte.
    „So, das wäre wieder mal geschafft!“ Garrelt wischte sich über die Stirn. „Und nun schnell unter Deck mit dir, Kind. Es ist alles abgesprochen. Am besten bleibst du unsichtbar, bis ihr in Ditzum angekommen seid.“ Mit einer unbeholfenen Geste zog er Inken in seine Arme. „Mädchen, halt die Ohren steif! Ich werde, derweil du auf Abenteuer bist, ein Auge auf euer Haus haben, und um die Ziege kümmere ich mich auch. Gräm dich nicht zu sehr. Wir Borkumer werden es schon schaffen, die Franzosen von der Insel zu vertreiben. Und wenn dieses Lumpenpack erst mal weg ist, dann kommst du wieder!“ Er drückte sie an sich. „Darauf freue ich mich heute schon!“
    Inken fühlte einen dicken Kloß im Hals. Sie ergriff die Hände des Austernfischers. „Garrelt, was würde ich nur ohne dich tun?“
    Der Fischer wurde verlegen. „Übertreib mal nicht.“ Er schob Inken in Richtung Fischerboot. „Nu man rauf mit dir. Grüß mir Tine ganz herzlich, und Inken“ – er zwinkerte ihr zu – „tu eine ordentliche Portion Tee in das Moorwasser, sonst kann man die braune Brühe nicht trinken. Lass dich nicht von der hasenfüßigen Tine anstecken. Mädchen, du schaffst das schon. Und deinen Vater, den werden wir auch bald wieder hier haben.“
    Nur zögernd kletterte Inken auf das Schiff. Helfende Hände streckten sich ihr entgegen. „Komm hoch, Junge. Wir decken dich mit Krabben zu, und dann sollen die Franzosen mal suchen!“ Die Fischer lachten, und Inken merkte, welche Genugtuung es ihnen bereitete, ihre Besatzer übers Ohr zu hauen. „Nein, im Ernst, geh ruhig unter Deck und versuch ein bisschen zu schlafen. Es wird noch dauern, bis wir hier wegkommen.“
    Seufzend verschwand Inken in der Kajüte, wo sie sich auf eine Bank sinken ließ, die Arme hinter dem Kopf verschränkte und trotz all der Aufregung sofort in einen unruhigen Schlaf fiel.
    Ein leichtes Schaukeln ließ Inken hochfahren. Das Schiff hatte wieder Wasser unter dem Kiel. Der Wind fuhr in die Segel, und trotzig streckte die Frauke von Ditzum ihren Bug in die Nordsee. Inken öffnete die Kajütentür und warf einen Blick nach draußen. Gischt spritzte vom Vorschiff aufs Deck. Die wettergegerbten Fischer bedeuteten ihr, wieder nach unten zu gehen, doch Inken ignorierte sie. Ihre Augen suchten die Insel und wollten sich nicht mehr von ihr lösen. Borkum lag schon weit entfernt und mutete inmitten des silbrigglänzenden Wassers wie ein Edelstein an. Der zweite Abschied in dieser Nacht!
    Der Edelstein wurde kleiner und kleiner. Erst als die Sandplatje , die kleine Sandnase im Westen, nicht mehr zu erkennen war, verschwand Inken unter Deck.
    „Ich werde wiederkommen“, dachte sie, und ihre Worte waren wie ein Versprechen. „Ich werde wiederkommen!“

2. Der Schmugglerkönig
    Emden, Sommer 1810
    „In der Absicht, diesem verbrecherischen Handel ein Ende zu machen und die Urheber daselbst zu bestrafen, sind folgende Maßregeln zu ergreifen:
    Jedwede Gemeinschaft mit den Engländern auf Helgoland soll als Verrat und Spionage angesehen werden .
    Jedwedes Fahrzeug, überführt, auf Helgoland gewesen oder von dort zurückgekommen zu sein, soll beschlagnahmt und der Kapitän des Schiffes mit dem Tode bestraft werden .
    Die Mannschaft wird dasselbe Schicksal haben, so sie schuldig ist. Wenn nicht, so sollen alle, die zum Seediensttauglich sind, bis Antwerpen transportiert und dort zum Dienst in der Marine übergeben werden .
    Diejenigen, die nicht zum Seedienst tauglich sind, sollen mit drei Monaten Gefängnis bestraft werden.“
    (Reichsmarschall Prinz von Eckmühl, Groningen)
Cirk Hoogestraat
    Der Seewolf war eine kleine Kneipe mit dunkel gebeizten Tischen und Stühlen, hinter dessen Tresen der bäuchige Wirthantierte und eine flinke Bedienung hin und her huschte. Obwohl es schon spät war, barst das Wirtshaus noch immer geradezu vor Gästen. Und Hugues, der Ditzumer Zöllner, führte Inken am Ellenbogen mit leichter Hand durch den überfüllten Schankraum.
    „Bonjour.“ Höflich nickte er nach allen Seiten und unterhielt sich im Vorbeigehen mit einigen Männern. Sein mit französischem Dialekt durchsetztes Holländisch hatte einen eleganten Klang, und seine zierliche Gestalt mit dem schwarzen Haar bot einen seltsamen Kontrast zu den übrigen Besuchern des Wirtshauses, die ihn überschwänglich begrüßten.
    Ein vollbärtiger Fischer brüllte nach der Bedienung. „Gib dem kleinen Zöllner einen
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