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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose
Autoren: Jutta Oltmanns
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Mann, der ihre Liebe errungen hatte. Ein Versprechen lag in den Augen des Sternenpflückers. Sie würde ein Teil seines Lebens werden. Und wie zur Bestätigung hob er ihr die Tasse entgegen. Sumi goss ein. Mit dem Dampf desTees verflogen die letzten Zweifel. Außerdem ging sie nicht alleine in die neue Welt. Der Tee würde sie begleiten und die Erinnerung an China bewahren.

1. Die Flucht
    Borkum, Ostfriesland, Sommer 1810
    Nach der Besetzung durch die Franzosen „Département Ost-Ems“
    „Über die Britischen Inseln wird die Blockade verhängt. Jeder Verkehr und Briefwechsel mit den Britischen Inseln ist verboten. Briefe und Pakete, die nach England oder an einen Engländer gerichtet oder in englischer Sprache geschrieben sind, sollen durch die Post nicht befördert, sondern beschlagnahmt werden .
    Jeglicher englische Staatsangehörige, gleich welchen Standes oder welcher Art, wird zum Kriegsgefangenen gemacht. Jeder Handel mit englischen Waren ist verboten. Jede Ware, die einem Engländer gehört oder aus englischen Fabriken und Kolonien kommt, wird für ,gute Prise‘ erklärt. Kein Schiff, das aus England oder seinen Kolonien kommt, darf in einen Hafen des Festlandes einlaufen.“
    (Öffentliche Bekanntgabe der von Napoleon Bonaparte verhängten Kontinentalsperre im Dezember 1806, Ostfriesland.)
Der Holländer
    Erschrocken fuhr Inken aus einem unruhigen Schlaf hoch. Ihre Hände hielten sich für einen Augenblick an der Decke fest, doch dann schob sie vorsichtig die Vorhänge ihres Wandbettes beiseite und setzte die Füße auf den Boden. Sie glaubte, etwas gehört zu haben! Unruhig und angestrengt lauschte Inken in die Dunkelheit und blickte sich um.
    Durch das Fenster drang Mondlicht ins Zimmer. Stille herrschte im Haus, doch dann hörte sie gedämpftes Rufen und Hämmern. Schnell griff Inken nach ihrem schwarzen Mantel und warf ihn sich über die Schultern.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Wer konnte das nur sein? Vielleicht ihr Vater, der einen Tag eher vom Walfang zurückkehrte? Inken schüttelte unmerklich den Kopf. Er würde sie niemals so in Schrecken versetzen.
    Wieder drangen Geräusche an ihr Ohr, eindringlicher und lauter diesmal. Einzelne Männerstimmen waren auszumachen.
    „Mein Gott, es sind Franzosen!“ Inkens Stimme war nur ein Flüstern, und erschrocken legten sich ihre Hände unwillkürlich auf den Mund.
    Fieberhaft überlegte sie, was die Soldaten nur wollen konnten. War ihrem Vater etwas zugestoßen? Doch nein, für solch eine Mitteilung hätte sich kein Franzose um den Schlaf gebracht und sich mitten in der Nacht auf den Weg hierher gemacht.
    Draußen im Hof wurden nun Türen aufgerissen, und Inken hörte das Meckern der Ziege. Befehle drangen durch die Nacht. Ein Schauer überlief Inken, als ihr schlagartig bewusst wurde, dass sie wehrlos und ganz allein in diesem großen Haus war. Sie rannte in die Küche, zog eine Schubladeauf und nahm ein kleines, aber gefährlich aussehendes Messer heraus.
    Jetzt hämmerte jemand fluchend gegen die Eingangstür. Inken wartete noch einen kurzen Augenblick, dann öffnete sie diese mit Schwung. Der davorstehende Soldat wäre fast ins Haus gefallen.
    Inken verschränkte die Arme vor dem Körper. „Was fällt Ihnen ein, nachts vor unserem Haus herumzulungern und so zu schreien?“ Beherrscht und mit mehr Mut, als sie in Wirklichkeit hatte, schleuderte Inken dem Mann die Worte entgegen, und obwohl sie von der Statur her zart und zerbrechlich wirkte, wichen die Franzosen einen Augenblick überrascht vor ihr zurück. In ihrem schwarzen Mantel und mit dem schmalen Gesicht, das von tausenden unbändigen Locken umrahmt war, wirkte Inken zwar einerseits vollkommen ruhig und entschieden, doch sowohl ihre Haare als auch ihre grünen Augen sprühten Funken.
    „Was soll dieser nächtliche Besuch? Ist es uns Ostfriesen jetzt nicht einmal mehr erlaubt, ruhig des Nachts in unseren Betten zu schlafen?“
    Der Befehlshabende war für einen Augenblick verunsichert. Dann nickte er jedoch einigen seiner Soldaten zu, die Inken daraufhin einfach zur Seite schoben und ins Haus eindrangen.
    „Ich möchte jetzt sofort wissen, was das alles bedeutet.“ Noch immer klang Inkens Stimme beherrscht und kühl, aber in ihrem Inneren fühlte sie sich zunehmend hilfloser, und ihre Angst wuchs. Dennoch stemmte sie ihre beiden Hände links und rechts von sich in den Türrahmen, um weitere Soldaten am Eindringen zu hindern.
    Der Anführer redete auf sie ein, doch Inken zuckte
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