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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley
Autoren: Monica McInerney
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unglaublich.«
    »Kann ich sie sprechen?«
    »Natürlich. Natürlich .« Luke sagte Emily Bescheid, dass er noch einmal kurz zu Lola müsse.
    Lola lag mit geschlossenen Augen auf ihrem Bett.
    Luke sagte sanft: »Lola?«
    Sie öffnete die Augen nicht. »Ja, Darling?«
    »Es tut mir leid, dass ich störe, aber ich habe jemanden am Telefon, der mit dir reden will.«
    »Wer ist es denn, Süßer?«
    »Es ist Alex.«
    Lola riss die Augen auf.

Kapitel 20
    Lola hatte sich kaum in ihrem Motelzimmer niedergelassen, da hörte sie ein Auto. Nur Augenblicke später stand ihr Sohn auf der Schwelle. Er eilte ins Zimmer und umarmte sie so heftig wie seit Jahren nicht. Geraldine folgte ihm. Sie umarmte Lola nicht, doch sie berührte sanft ihre Hand und bot dann an, für alle Tee zu kochen. Was Lola dankend annahm.
    »Das ist das letzte Mal, dass ich dich an Weihnachten allein lasse.« Jim zog einen Stuhl ans Bett seiner Mutter. »Und nicht nur über Weihnachten. Sondern überhaupt.«
    »Jetzt sei nicht albern, Jim. Habt ihr eine neue Pension gefunden?«
    »Lola, vergiss das mit der Pension. Was hast du dir bei alldem gedacht? Siehst du nicht, in was für eine gefährliche Lage du dich gebracht hast? Was alles hätte passieren können?«
    »Du meinst, ich hätte angegriffen werden können? Auf dem Hof sterben können? Ja, Jim. Aber auch du und Geraldine hättet bei einem Unfall auf eurem überstürzten Heimweg ums Leben kommen können. Oder Bett, falls sie im Meer von einem Hai gefressen wird. Oder Carrie, falls sie, ich weiß nicht, einen allergischen Schock auf ihre Feuchtigkeitscreme erleidet.«
    »Lola!«
    »Jim, mein kleiner Jim, ich bin ja nicht gestorben. Du musst nicht mit mir schimpfen, als wäre ich ein Kind. Mir geht es gut. Wirklich. Ich bin dem Schatten gefolgt. Ich habe, so oft es ging, um Hilfe gerufen. Ich hatte meinen Schal, um mich gegen die Sonne zu schützen. Ja, ich gebe zu, dass ich allmählich ziemlich durstig geworden bin und dieser Putzeimer auch nicht der bequemste Sitzplatz war, doch ich war mir sicher, dass ich irgendwann gerettet würde. Und Angst hatte ich nicht. Ich hatte doch Gesellschaft und Gespräch …«
    »Gespräch? Aber ich dachte, dich hätte niemand gehört?«
    »Ich habe die ganze Zeit mit Anna gesprochen. Ich habe ihr gesagt, dass es ihre Aufgabe wäre, mir einen Retter zu schicken, und dass sie bitte schnell machen solle, weil ich sehr ungern meine Tage auf dem Hinterhof unseres kleinen Ladens beenden würde. Weil ich viel lieber mit einem Glas Gin in der Hand und einem Lied im Herzen gehen würde.«
    »Und hat Anna dir geantwortet?«
    Lola lächelte. »Du glaubst, ich deliriere, oder? Nein, Darling, hat sie nicht. Wenn ich mit Anna rede, spreche ich auch ihren Part. Ich rede übrigens sehr oft mit ihr, seit ihrem Tod. Es ist mir ein großer Trost. Es wäre mir ein noch viel größerer Trost, wenn sie hin und wieder selbst ihr Sprüchlein sagen würde, aber womöglich wäre ich dann doch eher schockiert als erfreut. Ich weiß nicht, ob ich an Geister glaube. Ich weiß nicht einmal, ob ich an den Himmel glaube. Doch irgendwo da draußen ist sie, glaube ich, und ich glaube auch, dass sie da glücklich ist, und weil mir kein besseres Wort bekannt ist, will ich das für den Moment den Himmel nennen.«
    Jim war nicht in der Stimmung für eine theologische Debatte. »Ich kann nur sagen, Gott sei Dank, dass Luke und Emily da waren. Woher wussten die beiden überhaupt, wo du warst? Warum haben sie überhaupt nach dir gesucht?«
    Lola zögerte, dann entschied sie sich, ihm die Wahrheit zu sagen. Ihr Gespräch mit Alex war ihr kostbares Geheimnis, doch die Fakten konnte Jim erfahren. Kurz und knapp erklärte sie, welche Geschehnisse Luke und Emily zu ihr geführt hatten. Jim hörte aufmerksam zu.
    »Du erinnerst dich nicht mehr an Alex, oder?«, fragte sie zum Schluss. »Sicher nicht, du warst damals ja noch klein. Er war mir ein sehr lieber Freund, Jim. Nach dem Tod deines Vaters« – sie staunte immer noch, wie leicht ihr diese Lüge all die Jahre über die Lippen gegangen war und dass niemand je daran gezweifelt hatte – »war Alex der einzige Mann, den ich wirklich geliebt habe. Wenn er damals nicht nach Italien gemusst hätte«, sie machte eine Pause, »tja, wer weiß, was dann geworden wäre.«
    »Und, wirst du ihn wiedersehen? Dich mit ihm treffen? Nach all den Jahren?«
    Lola lachte. »Du klingst so besorgt, Darling. Hast du Angst, dass er hinter meinem riesigen, entschuldige, meinem nicht
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