Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley
Autoren: Monica McInerney
Vom Netzwerk:
nach, mit ihren kleinen Schwestern Weihnachten davonzulaufen?
    Ja, das tat sie. Und zum ersten Mal seit Wochen ließ das enge Gefühl in ihrer Brust ein wenig nach.
    »Klingt das nicht nach einem Abenteuer?«, sagte sie zu Belle und Chloe. »Einem richtigen Weihnachts-Abenteuer?«
    »Aber wo sollen wir denn hin?«, fragte Belle.
    »Damit fängt das Abenteuer ja schon an«, erwiderte Holly und gab »Hotel« und »Weihnachten« in ihre Suchmaschine ein.
    Noch bevor sie auf »Los« klicken konnte, hüpfte Belle von ihrem Schoß und lief in ihr Zimmer. Augenblicke später kam sie mit ihrer Bärchen-Sparbüchse wieder, die Holly ihr vor fünf Monaten zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie hatte die Dose für zehn Cent in einem Secondhandladen entdeckt. Sie hatte sie nur ein wenig säubern müssen. Belle liebte ihren Sparbär. Sie steckte nicht nur jede Münze hinein, die sie gefunden oder sich verdient hatte, sie schlief sogar nachts damit im Arm.
    Nun aber zog sie so lange am Bauch des Bärs herum, bis sich ein Spalt auftat und die Münzen auf den Boden prasselten. »Wir können mein Geld nehmen. Ich hab für was Tolles gespart!«
    »Ich hol meins!« Fünf Minuten später kam Chloe mit ihren Ersparnissen zurück, die sie in einem rosa Portemonnaie mit rotem Herzchenmuster hütete. Auch das war ein Geschenk von Holly, ebenfalls aus einem Secondhandladen.
    Holly brachte es nicht über das Herz, ihren Schwestern zu sagen, dass all ihr Geld, selbst wenn man Hollys bescheidene Rücklagen von ihrer Arbeit in der Bäckerei hinzurechnete, nicht einmal für ein Essen reichen würde, geschweige denn für eine oder mehrere Übernachtungen. Die beiden wirkten so aufgeregt, dass Holly ihnen den Spaß nicht verderben wollte.
    »Großartig«, sagte sie fröhlich. »Aber für so langweilige Sachen wie Motelzimmer und Essen nehmen wir mein Geld und eures nur für Eis oder Fritten, okay?« Beide drängten sich wieder dicht an Holly. »Also, wie alt wart ihr zwei noch mal? Ich hab’s schon wieder vergessen.«
    »Sechs!«, rief Belle.
    »Acht!«, sagte Chloe.
    »Das macht vierzehn. Gut, dann nehmen wir das vierzehnte Motel auf dieser Liste. Ihr zwei zählt.« Und so wanderten sie die Liste entlang, über Motels in Queensland, Tasmanien, Melbourne, Mildura, immer weiter nach unten, bis sie bei vierzehn waren. Holly hätte beinahe laut gelacht. Ein Abenteuer! Sie waren bei einem Motel gelandet, das keine zwei Stunden Autofahrt entfernt lag. Trotzdem spielte sie das Spiel noch mit.
    »Das Valley View Motel«, las Belle vor. »Nun klick schon, Holly.«
    Und sofort erschien die Webseite des Motels. »Ein Schwimmbad!«, rief Belle. Es gab tatsächlich einen Pool, wenn auch einen kleinen. Er schimmerte blau und verlockend. Die Bilder aus dem Innern zeigten einen hellen Veranstaltungsraum und einen einladenden Speisesaal.
    »Was gibt’s da Weihnachten zu essen?«, fragte Belle. Belle interessierte sich sehr für Essen. Sie träumte davon, einmal eine Konditoreikette zu gründen, die sie »Heiße Schnecken« nennen wollte. Holly hatte sich das Grinsen nur schwer verkneifen können.
    Sie klickte auf das Menübeispiel und las laut vor.
    »Lecker«, seufzte Belle bei jedem Wort.
    »Ich mag aber keine Krabben«, sagte Chloe mit ängstlichem Gesicht.
    »Du kannst bestimmt was anderes bestellen. Wie wär’s mit Vegemite auf Toast?«
    »Weihnachten und Toast? Du bist doch nicht bei Trost!«
    »Das reimt sich«, sagte Belle. »Weihnachten und Toast, du bist doch nicht bei Trost, ein Prost.«
    Die beiden Mädchen lachten. Chloe wies auf den Monitor. »Geht es da zur Buchung? Oh, bitte, Holly, mach.«
    Jetzt konnte Holly ihnen den Spaß erst recht nicht mehr verderben. Sie überflog die Webseite. Das Weihnachtsangebot. Drei Übernachtungen inklusive Weihnachtsmenü. Na schön, sie würde eine Mail schreiben und den Mädchen später sagen, das Motel sei so gut, es sei schon völlig ausgebucht, doch zum Trost würden sie zu Weihnachten Motel spielen. Sie würde alles aufbauen, einen kleinen Empfang, an dem sie einchecken konnten, die Betten einheitlich zurechtmachen, wie in einem richtigen Motel. Sie würde, wenn es sein musste, sogar Kellnerin und Zimmermädchen spielen …
    Sie füllte das Formular aus. »Wir bekommen sicher ein Familienzimmer«, sagte sie. Mittlerweile wünschte sie sich selbst, es würde Wirklichkeit. »Mit einem großen Fernseher. Und einem großen Bett für mich und zwei winzigen Bettchen in Kartons für euch.«
    »Ich schlaf nicht im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher