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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand
Autoren: Friedrich Christian Delius
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habe   … Sogar die Frau mit den drei Buchstaben, ja, die will plötzlich raus aus meinen geheimen Ecken   … Unsinn, für weise hab ich mich nie gehalten, und wenn man viel redet, wird vielleicht die Trefferquote höher, ich weiß nur, ich rede mehr als früher   … Meine Frau, die Kinder und die Freunde, denen will ich ja nicht auf den Wecker fallen mit meinen Sätzen, die so schnell keinen Punkt finden   … Ja, auch deshalb hab ich die drei Verabredungen arrangiert für drei lange Interviews, mit drei Vertretern der Medien, mit Ihnen und zwei anderen Herren   … Drei Vollmondnächte in diesem Sommer, da schlaf ich sowieso nicht, wieso soll ich die nicht für Interviews nutzen? Juli, August, September. Vielleicht eine spinnerte Idee, aber wenn wir Erfinder keine spinnerten Ideen mehr haben dürften, dann sähe es wirklich traurig aus in der Welt. Drei intensive Gespräche, darauf kommt es an, schöne, lange Gespräche. Ein bisschen Aufwand muss sein, wenn es um die Leistungen eines Lebens geht. Und um die Leidenschaften. Und wer etwas von mir will, wer sich für mich interessiert oder angeblich für mich interessiert, der muss es schon eine Nacht mitmir aushalten. Ein Dutzend Namen von Journalisten mit Interviewwünschen hatte ich auf der Liste, ich konnte wählen. Ich gebe zu, es hat mir Spaß gemacht, die meisten abzuschrecken mit der Drohung: Aber nur ein langes Gespräch von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens   … Das passt nicht in unser Format, hat einer gesagt. Da hab ich wieder was gelernt: Das Leben muss in Formate passen. Andere haben nachgefragt: Warum in der Nacht? Und bei meiner Antwort: Weil ich das Tageslicht zum Malen brauche! erst mal stumm reagiert und den Kopf geschüttelt. Das höre ich ja am Telefon, wenn jemand den Kopf schüttelt und keinen echten Respekt vor mir und keinen Respekt vor der Kunst hat   … Am Ende waren es nur noch drei. Und diesen Test haben Sie bestanden, gratuliere! Der zählt mehr als der Jägerschnitzel-Test   … Nein, ich hab Sie wirklich nicht ausgesucht, weil Sie aus Wehrda kommen, weil wir Nachbarn waren in den Fünfzigern   … Nein, selbst wenn Sie sagen, dass Sie fünf Kilometer von meiner Werkstatt entfernt laufen und lesen gelernt haben und wir beide Patienten bei Dr.   Huth waren, das wäre kein Grund. Oder weil Sie eher ein Buchschreiber sein wollen als ein Zeitungsschreiber. Da hab ich keinerlei Prioritäten. Schreiber bleibt Schreiber, also Schmarotzer, wie ich vorhin schon in aller Freundlichkeit gesagt habe, und Macher bleibt Macher. Nichts für ungut, aber so seh ich das. Wir Ingenieure ändern die Welt und sorgen für ein bequemeresLeben auch für euch, und ihr dürft dann meckern, so ist nun mal die Arbeitsteilung. Immerhin, Sie haben den Faust-Bonus, also machen Sie was draus   …

(Was wird am Ende nicht alles falsch verstanden)
     
     
     
    Nichts schlimmer als diese Fünfminutengespräche im Radio oder neuerdings drei Minuten: Bitte erklären Sie unseren Hörern, wie Sie damals den Computer erfunden haben, aber bitte in drei Minuten! Oder: Wie funktioniert der rechnende Raum? Oder: Was haben Sie falsch gemacht, dass Sie mit Ihren Erfindungen kein Millionär geworden sind?   … Das hat doch nichts mehr mit Journalismus zu tun. Am Telefon betteln sie stundenlang, fürs Telefonieren haben sie immer Zeit. Aber fürs Interview, für die Sache selbst oder für die Argumente soll man sich mit ein, zwei Sätzen begnügen. Nein, solche Galgenvögel kommen mir nicht mehr ins Haus und solche Galgenvögelinnen auch nicht, egal wie kess und dekolletiert sie sich anschmeicheln und mit ihrer properen Jugendlichkeit ablenken   … Da kann ich Sie beruhigen, Ihre beiden Kollegen haben genau wie Sie unterschrieben, keiner ist bevorzugt, keine Sorge, die Vereinbarung gilt für alle. Das hab ich Ihnen von Anfang an gesagt, was wir hier und heute produzieren, soll erst nach meinem Tod an die Öffentlichkeit. Den Text hab ich mir vom Anwalt formulieren lassen, wie Sie gemerkt haben, ichwill mich nicht ärgern nach meinem Tod und vorher erst recht nicht   … Auch die andern beiden, die im August und September mit mir reden, auch die dürfen die Gespräche verwerten, wie sie wollen. Man kann unmöglich die ganzen Stunden   … Mal sehen, wie weit wir kommen, man kann unmöglich achtzig Jahre einfangen und zusammenschnurren lassen, ein Artikel in der Zeitung, ein Buch, eine Radiosendung, das ist doch alles ziemlich dürftig. Ihr werdet viel
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