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Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Titel: Die Frau des Diplomaten (German Edition)
Autoren: Pam Jenoff
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Fragen, wenn sie auf mich einprügeln: Für wen haben Sie gearbeitet? Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben, Kommandant Richwalder zu töten? Wenn ich ihnen die Namen nenne, dann lassen sie mich in Ruhe, versprechen sie mir. Aber ich verrate nichts, also prügeln sie mich weiter, bis ich das Bewusstsein verliere. Ein paarmal haben sie mich zurückgeholt, um gleich wieder von vorn anzufangen. Aber meistens wache ich erst wieder auf, wenn ich allein in meiner Zelle bin, so wie jetzt auch.
    Trotzdem habe ich nichts verraten. Ich habe mich gut geschlagen, und innerlich muss ich lächeln. Doch dann ist meine Zufriedenheit auch schon wieder verflogen. Ich hatte fast gehofft, zu Tode geprügelt zu werden, als sie mich das letzte Mal holten. Aber ich lebe, und sie werden mich weiter foltern. Ich beginne zu zittern. Jedes Mal ist es schlimmer als das Mal zuvor. Ich ertrage es nicht länger. Bevor sie mich erneut abholen kommen, muss ich gestorben sein.
    Wieder jagt ein Stich durch meine Seite. Die Deutschen haben mir kurz nach meiner Ankunft hier die Kugel herausgeholt. Zu dem Zeitpunkt verstand ich nicht, warum sie sich die Mühe machten, mir das Leben zu retten. Aber da hatten sie auch noch nicht mit ihren Verhören begonnen. Der Schmerz wird stärker, ich beginne zu schwitzen. Plötzlich kommt es mir so vor, als sei es in der Zelle kälter geworden, und ich merke noch, wie ich abermals in eine Bewusstlosigkeit gleite.
    Irgendwann werde ich wieder wach. Der Gestank meiner eigenen Ausscheidungen hängt in der Luft. In weiter Ferne ist ein tiefes, ungewohntes Grollen zu vernehmen. Durch meine geschlossenen Augenlider bemerke ich einen schwachen Lichtschein. Wie viel Zeit ist vergangen? Ich nehme die Hände ans Gesicht. Mein rechtes Auge ist so geschwollen, dass ich es nicht öffnen kann. Ich reibe mein linkes Auge und wische die dicke Kruste weg, die sich im äußeren Augenwinkel gebildet hat. Blinzelnd sehe ich mich um. Den Raum kann ich so wie alles andere nur verschwommen wahrnehmen, da sie mir gleich nach meinem Eintreffen im Gefängnis die Brille abgenommen haben. Ich bemerke einen schwachen Strahl Tageslicht, der durch das winzige Fenster gleich unter der Decke in die Zelle fällt und eine kleine Wasserlache auf dem Boden bescheint. Meine ausgedörrte Kehle schmerzt. Wenn ich es nur bis zu dieser Pfütze schaffen könnte! Aber ich bin noch immer zu schwach, um mich von der Stelle zu rühren.
    Das Grollen verstummt, dann höre ich Schritte im Stockwerk über mir, schließlich auf der Treppe. Die Wachen kommen zu mir. Als die Tür aufgeschlossen wird, mache ich die Augen zu. Leise Männerstimmen dringen an meine Ohren, und ich muss mich dazu zwingen, ganz ruhig dazuliegen und nicht zu zittern. Sie sollen nicht wissen, dass ich wach bin. Die Schritte werden lauter. Ich rechne fest damit, brutal gepackt und geschlagen zu werden. Die Männer scheinen sich uneins zu sein, und dann auf einmal fällt mir auf, dass sie gar nicht deutsch reden. Ich strenge mich an, um etwas zu verstehen. „… zu krank“, sagt eine Stimme. Das ist auch nicht Russisch, und auch keine slawische Sprache. Englisch! Mein Herz macht vor Schreck einen Satz.
    „Sie muss hier raus.“ Ich öffne das linke Auge einen Spaltbreit. Zwei Männer in dunkelgrünen Uniformen stehen in meiner Zelle. Sind das Briten? Oder Amerikaner? Ich blinzle, kann aber nicht erkennen, welche Flagge sie am Ärmel tragen. Wurden wir etwa befreit?
    Der kleinere Mann steht mit dem Rücken zu mir, und über seine Schulter kann ich sehen, wie der andere in meine Richtung deutet. „Sie muss hier raus“, wiederholt er wütend, doch der Kleinere schüttelt den Kopf.
    Ich muss die beiden auf mich aufmerksam machen. Ich versuche mich aufzusetzen, doch die Schmerzen sind einfach zu stark. Stattdessen begnüge ich mich damit, einen Arm zu heben, während ich tief durchatme und zu husten beginne. Der größere der beiden Uniformierten schaut zu mir. „Sehen Sie?“, ruft er, als er mit hastigen Schritten auf mich zukommt. Der Kleinere antwortet nicht, sondern schüttelt abermals den Kopf und verlässt die Zelle.
    Der Soldat kniet sich neben mich. „Hallo.“
    Als ich etwas erwidern will, kommt nur ein Röcheln über meine Lippen. „Shht“, macht er und legt einen Finger auf meine Lippen. Er will nach meinem Arm greifen, doch ich zucke zurück. Zu lange hat jede menschliche Berührung für mich nur Schmerz bedeutet. „Schon okay“, sagt er leise und deutet auf die Flagge an seinem
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