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Die Formel der Macht

Die Formel der Macht

Titel: Die Formel der Macht
Autoren: Jasmine Cresswell
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registrierte er es nicht, weil er vollauf damit beschäftigt war, sich für die nächste Woche mit Rita zu verabreden. Angeblich, um die Schlussfolgerungen, die sich aus ihren Recherchen für den Artikel über Indien ergeben hatten, zu vertiefen, obwohl Rita aussah, als ob sie mehr als bereit wäre, sogar über Haartransplantationen oder das Problem von Tierkadaverbeseitigung zu sprechen, wenn sie dadurch in den Genuss seiner Gesellschaft kam. Summer konnte Rita nicht verstehen, vor allem, weil diese bereits eine sehr ernsthafte Beziehung hatte.
    Nachdem die Verabredung zum Lunch getroffen war, verabschiedete sich Duncan von Rita und hakte Summer unter, um sie zu ihrem Tisch zu begleiten, wo die acht anderen Gäste bereits saßen. Sie hatten kaum Zeit, sich vorzustellen, als auch schon das Orchester des Marinecorps anfing, die Nationalhymnen Brasiliens und der Vereinigten Staaten zu spielen, während eine Reihe weiß befrackter Kellner, beladen mit Silbertabletts, aus der Küche marschiert kam.
    Summer saß zwischen Duncan und einem japanischen Geschäftsmann, der so gut wie kein Englisch sprach. Mr. Fujito bemühte sich heldenhaft, seine Zunge um die störrischen englischen Konsonanten zu wickeln, und Summer verständigte sich so gut sie konnte in Zeichensprache, aber als die Gurkenkaltschale von Hummerravioli abgelöst wurde, schmerzte ihr vom vielen Lächeln derart der Kiefer, dass sie wenig später tatsächlich einen Anflug von Dankbarkeit verspürte, als Duncan sie fragte, ob sie tanzen wolle.
    “Danke, dass du mich gerettet hast”, sagte sie, während sie im flotten Rhythmus über die Tanzfläche glitten. “Die Unterhaltung mit Mr. Fujito war ein bisschen zäh. Er erzählte mir, dass er eine Tochtergesellschaft in São Paulo habe, die entweder Batterien oder Damenkorsetts herstellt. Ich habe die ganze Zeit überlegt, wie ich diese Frage auf eine höfliche Art durch Zeichensprache klären könnte.”
    Duncan lachte und wirbelte sie gekonnt an einem kleinen schwitzenden Herrn vorbei, der eine große dünne Dame in einem senfgelben Kleid im Arm hielt. “Mr. Fujitos Firma stellt die Batterien für zwei Drittel der Autos her, die in Brasilien gebaut werden.”
    “Puh, das ist eine Erleichterung. Ein Gespräch über Autos lässt sich in Zeichensprache wesentlich leichter führen als eins über Damenunterwäsche.”
    “Du könntest es mit Portugiesisch versuchen”, schlug er vor.
    Sie verdrehte die Augen. “Wirklich eine tolle Idee! Zuerst sage ich die Wochentage auf, und dann zähle ich bis zehn. Und dann, zum großen Finale, kann ich ja
bitte, danke
und
auf Wiedersehen
sagen. An diesem Punkt werde ich meine fließende Beherrschung der portugiesischen Sprache demonstriert haben.”
    “Ich dachte, du hättest vielleicht ein bisschen Portugiesisch gelernt, als du letztes Jahr in Brasilien warst.”
    “Ich war nur zwei Wochen dort, und ich lerne Sprachen nicht im Schlaf wie du. Davon abgesehen, war ich mit einem alten Freund da, der sich bei Bedarf als Dolmetscher betätigt hat.”
    “Wie findest du Brasilien?”, fragte Duncan. “Wir hatten nie Gelegenheit, über deine Eindrücke zu sprechen, dabei interessiert es mich sehr. Mir ist kürzlich aufgegangen, dass ich, je mehr der sogenannten harten Fakten ich bekomme, immer weniger verstehe, was in diesem Land wirklich vor sich geht.”
    Sie und Duncan waren seit ihrer Reise mit Joe Malone gezwungenermaßen mindestens ein Dutzend Mal zusammengetroffen, darum war es nicht ganz korrekt zu sagen, sie hätten noch keine Gelegenheit gehabt, ihre Eindrücke auszutauschen. In Wahrheit war es so, dass sie in Duncans Gesellschaft stets zu sehr damit beschäftigt war, Punkte gegen ihre Stiefmutter zu sammeln, als sich Zeit für ein richtiges Gespräch mit ihm zu nehmen. Jetzt verspürte Summer zu ihrer Überraschung einen leisen Stich des Bedauerns über ihre mangelnde Kommunikation.
    “Brasilien ist viel zu groß, um es mit ein paar flotten Sprüchen abzuhandeln”, sagte sie. “Aber ich war von der pulsierenden Lebendigkeit der Städte, der Geschichtsfülle und der atemberaubenden Landschaft überwältigt. Und was den Regenwald angeht …”
    Sie unterbrach sich, aber Duncan forderte sie auf, weiterzusprechen.
    Sie schüttelte den Kopf. “Es ist jetzt mehr als acht Monate her, und ich finde immer noch keine Worte dafür, was ich angesichts dieser so unvorstellbar üppigen Natur in Verbindung mit so viel durch Menschenhand bewirkte Zerstörung empfinde. In der einen
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