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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Simone Neumann
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ebenfalls zu lauschen.
    Tatsächlich, jetzt hörte er es auch.
    » Da schreit eine Frau « , sagte Konrad leise.
    » Also sind wir tatsächlich an der Schlucht angekommen. « Crispin war auf einmal äußerst unbehaglich zumute. » Dann stimmt es, was die Leute sich erzählen. «
    Die Schreie wurden immer deutlicher.
    Etwas zögerlich lenkten die beiden Reiter ihre Pferde weiter in Richtung der schrecklichen Laute.
    » Das hört sich ja entsetzlich an. «
    Konrad fühlte sich alles andere als mutig in diesem Moment. Er hatte nichts dagegen, offen von einem Feind angegangen zu werden, und konnte sich auch auf einen Angriff aus dem Hinterhalt einstellen, aber derart unheimliche Bedrohlichkeiten ließen auch einem Mann wie ihm die Knie zittern. Dennoch war er dieser Winselfrau, wie man sie in der Bergbausiedlung genannt hatte, dankbar, denn somit wussten sie jetzt immerhin, wo genau sie die besagte Schlucht zu suchen hatten. Fern war sie nicht mehr, es galt jetzt also allen Mut zusammenzunehmen, den Schreien zu folgen und nicht weiter darüber nachzudenken, was sie dort erwarten könnte.
    Je näher sie kamen, desto dunkler und gequälter wurden die Schreie der Frau.
    » Als würde sie sterben « , meinte Crispin, der hinter Konrad ritt.
    Doch dieser antwortete nicht. Wie gebannt suchte er nach einem Weg, und bald– sie und ihre Pferde waren bereits vollkommen von Dornen und spitzen Ästen zerstochen– fand er auch einen. Einen Trampelpfad. Niedergestampft von unzähligen emsigen Füßen und den Rädern einfacher, schmaler Karren. Es war der erste von Menschenhand geschaffene Weg, den sie seit zwei Tagen erreichten, und das inmitten der bislang unwirtlichsten aller Gegenden. Etwas zögerlich lenkte Konrad sein Pferd auf den Pfad. Crispin tat es ihm nach.
    Im selben Moment fand das Schreien ein abruptes Ende.
    » Weiter « , trieb Konrad den Freund an, doch meinte er damit vielmehr sich selbst, denn im Grunde wäre er liebend gern von diesem düsteren Ort geflüchtet. Ob nun ein klagender Geist in Frauengestalt oder aus noch jüngst heidnischen Zeiten beibehaltene finstere Rituale– ganz gleich, was es war, was hier sein Unwesen trieb, es war Konrad fremd.
    Der Weg führte weiter.
    In zahlreichen Schlingen und Windungen führte er nach unten. Tiefer und tiefer in den Wald und in eine Schlucht hinein, die jedoch nicht einsehbar war, denn Buschwerk und Geröll versperrten die Sicht und ließen den Pfad wie einen grünen Tunnelgang erscheinen.
    » Was ist das? « Konrad hielt sein Pferd an.
    Der Pfad war zu Ende. Doch er gab nicht etwa den Blick frei auf unberührten Urwald oder etwa einen sich vor ihnen auftuenden Abgrund. Nein, er gab den Blick überhaupt nicht frei, denn sie standen plötzlich vor einem Tor.
    Fragend blickte Konrad sich nach Crispin um.
    » Meine Mutter hat mir als Kind von Waldalben erzählt. Es würde mich nicht wundern, wenn dies der Eingang zu ihrem Reich ist « , flüsterte dieser kaum hörbar und prüfte mit staunendem Blick die felsigen und buschigen Seiten sowie das Blättergewölbe dieses natürlichen Tunnels, den sie entlanggeritten waren und der nun vor einem durchaus kunstvoll aus grobem Holz gezimmerten Tor mündete.
    » Wir stehen mitten im Wald und kommen nicht weiter. Nicht einmal mit einer Axt könnte man sich hier einen anderen Weg bahnen. Dieses Tor ist der einzige Durchgang « , meinte Konrad. Er war bereits vom Pferd gestiegen und nahm jetzt die Pforte in Augenschein, welche sich trotz heftigen Ruckens nicht öffnen ließ.
    » Zaubersprüche und Rätsel sollen in solchen Momenten hilfreich sein « , scherzte Crispin, ließ es sich aber nicht nehmen, ein Kreuzzeichen zu machen, denn im Grunde fand er diese Situation, in der sie sich befanden, alles andere als lustig.
    Doch dann– sie hatten nicht mehr damit gerechnet– hörten sie hinter dem Tor eine Stimme.
    » Wer da? «
    Es war die Stimme einer Frau, einer noch sehr jungen Frau. Jedoch nicht Marie, das erkannte Konrad sogleich.
    » Zwei Reiter, die um Einlass bitten. Wir sind auf der Suche nach einem Burschen namens Johann, einem Spielmann namens Regino und einem Weib namens Marie. Womöglich sind noch zwei weitere junge Frauen bei ihnen « , antwortete er, laut gegen das Holz sprechend.
    » Seid Ihr es, Ritter Konrad? « Die weibliche Stimme klang nun noch heller und aufgeregt.
    » So ist es. « Konrad war nicht minder nervös. » Adelheid? « , rief er dann und drehte sich pochenden Herzens zu Crispin um, dem das alles
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