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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Simone Neumann
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auch Crispin tat es ihm gleich, er jedoch verbarg weniger ein Grinsen als vielmehr eine beeindruckte Miene.
    Konrad von Tiefenbrunn war schon immer ein geschickter Diplomat gewesen. Verwegen im Kampf, aber geschmeidig in Verhandlungen, Letzteres eine Eigenschaft, welche dem etwas handfesteren, dafür frommeren Franzosen abging. Er war nie traurig darum gewesen, doch in diesem Moment fühlte er wirklich so etwas wie Stolz auf seinen Freund. Ihm könnte es nun gelingen, das Unterfangen dieser verlausten Gruppe von Obdachlosen, angeführt von einem windigen Gaukler und verfolgt von der Pest, königlich zu legitimieren. Wahrlich eine gute Tat!
    Jetzt musste nur noch zweierlei eintreten. Zum einen: Die schöne Marie, von der Konrad dem Freund durchaus verlegen zu berichten gewusst hatte, lebte noch und könnte sich über dieses Geschenk ihres verschollen geglaubten Liebsten freuen. Zum zweiten: Die Höhle gab es wirklich, und sie steckte tatsächlich voller Gold. Beides blieb abzuwarten.
    Abzuwarten blieb jedoch nicht die Ausstellung der Urkunde, welche noch vor Ort vorgenommen wurde. Und das vom König höchstselbst, der sich von seinem noch immer durch den Überfall erschrockenen Diener aus einem Beutel Federkiel und Tinte sowie ein bereits auf der Vorderseite beschriebenes Pergament reichen ließ.
    » Das ist die Echtheitsurkunde meiner Andreas-Reliquien. Ich hätte sie ohnehin fortgeworfen, denn sie ist mit falschem Namen unterzeichnet. Niemand braucht zu wissen, dass der König sich beim Erwerb von Dingen einer kleinen Flunkerei bediente « , lachte Karl, und auch Konrad lachte ein wenig verlegen, vielleicht auch erleichtert, während Crispin bloß: » Wohl wahr! Wohl wahr! « , murmelte und dem Freund dabei unmerklich in die Rippen stieß.
    Dann setzte Karl sich unweit der Stelle, wo die Leiche in der Pfütze lag, auf einen Baumstamm und begann, das Pergament auf den Knien, auf dessen Rückseite in deutschen, demnach verständlichen Lettern zu schreiben:
    » Wir, Karl von Gottes Gnaden Römischer König, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches und König zu Böhmen, verleihen öffentlich mit diesem Brief und tun kund all denen, die ihn sehen oder lesen hören, dass wir haben angesichts eines getreuen Dienstes, die Uns und dem Heiligen Römischen Reich die … «
    An dieser Stelle stockte der König und sah zu den etwas nervös abwartenden beiden ehemaligen Ordensrittern herüber.
    » Wie sind eigentlich Eure Namen? « , fragte er.
    » Johann unter der Oldenburg « , antwortete Konrad rasch.
    » Regino von Bunseborn « , stammelte Crispin weniger abgeklärt.
    » … zwei tapferen Johann unter der Oldenburg und Regino von Bunseborn unverdrossentlich getan haben und noch tun sollen. Und darum leihen Wir ihnen und ihren Erben und Nachkommen den Wald … «
    Wieder hielt der König inne.
    » …um die Dachsschlucht im Altvatergebirge. «
    » … um die Dachsschlucht im Altvatergebirge bei all ihren Würden, Rechten und Nutzen. Zugleich wird ihnen das königliche Regal zum Schürfen von Golde erteilt. Sollten sie in dem ihnen geliehenen Walde auf Gold stoßen, so ist es ihnen Pflicht und Ehre, den dritten Teil an die Krone zu Böhmen abzugeben.
    Besiegelt ist dieser Brief mit Unserem königlichen Insiegel, gegeben auf einem Pfade an der Donau, am Tage, als man zählte seit der Geburt Christi dreizehnhundert Jahre und neunundvierzig, am Tage des heiligen Adalbert von Prag, im vierten Jahr Unseres Reiches. «
    Und dann holte Karl aus den Tiefen seines Pilgerhemdes tatsächlich seinen königlichen Siegelring hervor, ließ sich von Crispin, der einen gelben Kerzenstumpf dabei hatte, ein wenig Wachs unter das Pergament träufeln und drückte den Ring hinein.
    Jetzt nahm die Zeremonie in verkürzter und der Umstände halber etwas absonderlicher Form ihren Lauf. Und danach konnten sich Konrad und Crispin, oder vielmehr Johann und Regino, als Lehnsnehmer des Königs fühlen.
    » Eine ungewöhnliche Urkunde, nicht wahr, mein König? « , sagte Konrad zum Abschied.
    » Nicht so ungewöhnlich wie die, die ich vor wenigen Monaten einem alten, zerlumpten Kerl ausstellen ließ, der sich doch tatsächlich als der tot geglaubte Markgraf Woldemar ausgegeben hat. Dieser Pilger nämlich ist nun nicht nur um ein kleines Waldstück reicher, nein, er hat gleich die gesamte Mark Brandenburg eingestrichen. «
    Konrads Züge entgleisten. Er konnte sich noch sehr gut an diesen Kerl erinnern, Jakob Rehbock mit Namen, dem er zusammen mit Regino und
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