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Die Flammen der Hölle

Die Flammen der Hölle

Titel: Die Flammen der Hölle
Autoren: Diana Gabaldon
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Oberfläche, als wäre sie die Haut eines Menschen.
    Hastig stellte er das Glas ab und sah dabei den Saphirring an seiner Hand blau aufblitzen. Er hätte das Feuer eines Leuchtturms sein können, sinnierte er voller Ironie, eine Warnung vor rauher See in der Zukunft.
    Und doch verlief die Unterhaltung weiterhin reibungslos, trotz Quarrys scherzhafter Erkundigungen nach Greys jüngstem Posten in der schottischen Wildnis und seiner Spekulationen über die weitere Offizierslaufbahn seines Bruders. Da ersteres terra prohibita (verbotenes Land) und letzteres terra incognita (unbekanntes Land) war, hatte Grey nur wenig zu erwidern, und das Gespräch ging zu anderen Dingen über: Pferden, Hunden, Armeegerüchten und ähnlichen, harmlosen Männerthemen.
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    Allerdings spürte Grey dann und wann die braunen Augen auf sich ruhen. Sie trugen einen Ausdruck der Spekulation, den Anstand und Vorsicht ihm zu interpretieren verboten. Es überraschte ihn jedoch nicht, daß er sich nach dem Verlassen des Clubs mit Gerald allein im Vestibül (Vorhalle) wiederfand -
    Quarry war von einem Bekannten aufgehalten worden, dem sie im Vorübergehen begegnet waren.
    "Es ist aufdringlich von mir, Sir." sagte Gerald und trat so nah an ihn heran, daß der Türsteher seine leisen Worte nicht verstehen konnte. "Doch ich würde Euch gern um einen Gefallen bitten, wenn euch das nicht allzu sehr widerstrebt?"
    "Ich stehe ganz zu Eurer Verfügung, das versichere ich euch."
    sagte Grey und spürte, wie die Wärme des Rotweins in seinem Blut dem Ansturm einer tieferen Hitze wich.
    "Ich möchte ... das heißt, ich hege Zweifel bezüglich eines Umstandes, auf den ich aufmerksam geworden bin. Da Ihr gerade erst nach London gekommen seid - das heißt, Ihr habt den Vorteil der Perspektive, die mir aufgrund meiner Vertrautheit mit den Dingen hier fehlen muß. Es gibt niemanden
    ..." Gerald suchte nach Worten, dann sah er Lord John an, und sein Blick war plötzlich zutiefst unglücklich. "Ich kann mich niemandem anvertrauen!" sagte er in plötzlichem, leidenschaftlichen Flüsterton. Mit überraschender Kraft ergriff er Lord Johns Arm. "Vielleicht ist es nichts, gar nichts. Aber ich brauche Hilfe."
    "Wenn es in meiner Macht steht, sollt Ihr sie bekommen." Greys Finger berührten die Hand, die seinen Arm umklammerte; Geralds Finger waren kalt. Quarrys Stimme hallte laut und jovial hinter ihnen durch den Flur.
    "Die 'Change, in der Nähe der Arkade." sagte Gerald rasch.
    "Heute abend, gleich nach Anbruch der Dunkelheit." Der Griff ließ von Greys Arm ab, und Gerald verschwand. Sein locker fallendes Haar hob sich lebhaft von seinem blauen Umhang ab.
    Grey verbrachte den Nachmittag mit notwendigen Besuchen bei Schneidern und Anwälten, dann mit Höflichkeitsbesuchen
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    bei lange vernachlässigten Bekannten, um die Stunden zu füllen, die bis zum Anbruch der Dunkelheit leer von ihm gähnten. Quarry, der nichts besseres zu tun hatte, hatte ihm angeboten, ihn zu begleiten, und Lord John hatte keine Einwände gehabt. Quarry hatte ein gutmütiges, joviales Temperament, und seine Gesprächsthemen beschränkten sich auf Karten, Zechgelage und Huren. Er und Grey hatten wenig gemeinsam, abgesehen von ihrem Regiment. Und Ardsmuir.
    Als er Quarry im Club wiedersah, war sein erster Gedanke gewesen, dem Mann aus dem Weg zu gehen, weil er es für das Beste hielt, diese Erinnerungen ruhen zu lassen. Und doch -
    konnte man eine Erinnerung wirklich ruhen lassen, solange ihre Verkörperung noch lebte? Einen Toten hätte er vielleicht vergessen können, nicht aber einen Mann, der einfach nur nicht anwesend war. Und Robert Geralds flammendes Haar hatte eine Glut neu entfacht, die er sicher erstickt geglaubt hatte.
    Vielleicht war es ja unklug, diesen Funken zu nähren, dachte er, während er seinen Soldatenumhang aus der Umklammerung eines lästigen Bettlers befreite. Offenes Feuer war gefährlich, das wußte er so gut wie jeder andere Mann.
    Ungeachtet dessen - die Stunden, in denen er sich durch das Gedränge Londons gekämpft hatte, gefolgt von Stunden gezwungener Geselligkeit, hatten ihn mit solch unerwarteter Sehnsucht nach der Stille des Nordens erfüllt, daß er sich plötzlich von dem Verlangen erfüllt fand, wenigstens von Schottland zu sprechen.
    Sie waren im Laufe ihrer Erledigungen an der Royal Exchange vorbeigekommen; er hatte einen verstohlenen Blick auf die Arkade mit ihrem schrillen Anstrich, ihren ramponierten Plakaten, den lauten Straßenhändlern und
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