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Die Firma

Die Firma

Titel: Die Firma
Autoren: John Grisham
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wartete eine Ewigkeit, und zwei Minuten später signalisierte sie abermals. Dreimal. Keine Antwort. Sie holte tief Luft und sagte sich: »Ganz ruhig, Abby. Er ist irgendwo dort draußen.« Sie ließ das Licht wieder dreimal aufblitzen. Keine Antwort.
    Mitch saß auf der Kante des Liegestuhls und beobachtete angespannt das Meer. Aus dem Augenwinkel heraus sah er eine Gestalt, die sich sehr schnell, fast rennend, von Westen her näherte und auf die Stufen der Pier sprang. Es war der Skandinavier. Mitch raste über den Strand hinter ihm her.
    Aaron Rimmer ging hinter den Anglern vorbei, um das kleine Gebäude herum, und musterte die Frau mit dem weißen Strohhut am Ende der Pier. Sie stand gebückt da und umklammerte etwas. Es blinkte wieder, dreimal. Er ging leise auf sie zu.
    »Abby.«
    Sie fuhr herum und versuchte zu schreien. Rimmer stürzte sich auf sie und drückte sie gegen das Geländer. Aus der Dunkelheit heraus fuhr Mitch mit dem Kopf voran gegen die Beine des Skandinaviers, und alle drei prallten auf den glatten Beton. Mitch spürte die Waffe im Rücken des Skandinaviers. Er holte mit einem Unterarm aus und verfehlte sein Ziel. Rimmer wirbelte herum und landete einen gemeinen Hieb auf Mitchs linkem Auge. Abby trat um sich und kroch beiseite. Mitch war blind und benommen. Rimmer stand schnell auf und tastete nach der Waffe, aber er erreichte sie nicht. Ray fuhr auf ihn los wie ein Rammbock und knallte den Skandinavier gegen das Geländer. Er landete vier geschoßähnliche Volltreffer auf Augen und Nase, und jeder brachte Blut mit sich. So etwas lernte man im Gefängnis. Der Skandinavier fiel auf alle viere, und Ray versetzte seinem Kopf vier kraftvolle Tritte. Er stöhnte jämmerlich und sackte mit dem Gesicht nach unten zusammen.
    Ray nahm ihm die Waffe ab und gab sie Mitch, der inzwischen aufgestanden war und versuchte, mit seinem unverletzten Auge klar zu sehen. Abby beobachtete die Pier.
    Niemand in Sicht.
    »Gib weiter Signal«, sagte Ray, während er das Seil von seiner Taille abwickelte. Abby wendete sich dem Wasser zu, schirmte die Signallampe ab, fand den Schalter und ließ das Licht immer wieder aufblitzen.
    »Was hast du vor?« flüsterte Mitch, der Ray und das Seil beobachtete.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten. Wir können ihm entweder das Gehirn wegpusten oder ihn ertränken.«
    »Oh, mein Gott«, sagte Abby, signalisierte aber weiter.
    »Nicht schießen«, flüsterte Mitch.
    »Danke«, sagte Ray. Er faßte ein kurzes Stück Seil mit beiden Händen, legte es dem Skandinavier fest um den Hals und zog. Mitch drehte ihm den Rücken zu und stellte sich zwischen den Skandinavier und Abby. Sie versuchte, nicht zuzusehen. »Tut mir leid. Wir haben keine andere Wahl«, murmelte Ray, fast für sich.
    Der Bewußtlose wehrte oder bewegte sich nicht. Nach drei Minuten stieß Ray laut den Atem aus und verkündete: »Er ist tot.« Er band das Ende des Seils an einen Pfosten, schob die Leiche unter dem Geländer hindurch und ließ das Seil lautlos ins Wasser hinab.
    »Ich gehe zuerst hinunter«, sagte Ray. Er kroch unter dem Geländer hindurch und glitt an dem Seil herunter. Zweieinhalb Meter unter der Deckfläche der Pier verband eine eiserne Querstrebe zwei der dicken Betonpfosten, die im Wasser verschwanden. Sie bot ein hübsches Versteck. Abby war die nächste. Ray ergriff ihre Beine, als sie das Seil umklammerte und herunterglitt. Mitch, der nur mit einem Auge sehen konnte, verlor das Gleichgewicht und wäre beinahe im Wasser gelandet.
    Aber sie schafften es. Sie saßen auf der Querstrebe, drei Meter über dem kalten, dunklen Wasser. Drei Meter über den Fischen und den Muscheln und der Leiche des Skandinaviers.
    Ray schnitt das Seil durch, damit der Tote auf den Grund absinken konnte, bevor er in ein oder zwei Tagen wieder auftauchte.
    Sie saßen da wie drei Eulen auf einem Ast, betrachteten die Leuchtbojen und die Fahrrinnen-Markierungen und warteten darauf, daß der Messias übers Wasser wandelte. Die einzigen Geräusche waren das leise Klatschen der Wellen unter ihnen und das stetige Klicken der Signallampe.
    Und dann Stimmen von der Pier über ihnen. Nervöse, besorgte, panische Stimmen, die nach jemandem suchten.
    Dann waren sie wieder fort.
    »Und was tun wir nun, kleiner Bruder?« flüsterte Ray.
    »Plan B«, sagte Mitch.
    »Und wie sieht der aus?«
    »Wir schwimmen los.«
    »Sehr witzig«, sagte Abby, weiterhin signalisierend.
    Eine Stunde verging. Die eiserne Querstrebe, obwohl ein ideales Versteck,
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