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Die Firma

Die Firma

Titel: Die Firma
Autoren: John Grisham
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Revier, eine Freistatt für diejenigen Anwälte, die begabt und ehrgeizig genug waren, um in der stillen Firma Bendini als Partner zu fungieren. Hier versammelten sie sich jeden Tag zum Mittagessen, das von Jessie Frances, einer massigen, temperamentvollen alten Schwarzen, zubereitet und von ihrem Mann Roosevelt serviert wurde, der dabei weiße Handschuhe trug und einen schlecht sitzenden, verblichenen und zerknitterten alten Smoking, den ihm Mr. Bendini selbst kurz vor seinem Tode geschenkt hatte.
    Hier trafen sie sich gelegentlich auch am Vormittag zu Kaffee und Kuchen, um Firmenangelegenheiten zu erörtern, und hin und wieder zu einem Glas Wein am Nachmittag, um einen guten Monat oder ein außergewöhnlich dickes Honorar zu feiern. Hier hatten nur die Partner Zutritt und vielleicht hin und wieder einmal ein Gast wie ein besonders zahlungskräftiger Klient oder ein in Aussicht genommener neuer Mitarbeiter. Die jüngeren Anwälte durften zweimal im Jahr hier spe i sen, nur zweimal - es wurde genau Buch geführt -, und auch das nur auf Einladung eines Partners.
    Neben dem Speisesaal lag eine kleine Küche, in der Jessie Frances arbeitete und in der sie vor sechsundzwanzig Jahren für Mr. Bendini und ein paar andere die erste Mahlzeit zubereitet hatte. Sechsundzwanzig Jahre lang hatte sie Südstaaten-Gerichte gekocht und Aufforderungen, zu experimentieren und Speisen zuzubereiten, deren Namen sie kaum aussprechen konnte, einfach ignoriert. »Wenn es Ihnen nicht schmeckt, brauchen Sie es ja nicht zu essen«, war ihre Standarderwiderung. Nach den Resten zu urteilen, die Roosevelt von den Tischen abräumte, schmeckte es ihnen, und zwar ausgezeichnet. Montags hängte sie den Speisezettel für die Woche aus, verlangte, daß sich die Partner jeden Tag bis zehn Uhr zum Essen anmeldeten, und war jahrelang sauer, wenn einer von ihnen absagte oder nicht erschien. Sie und Roosevelt arbeiteten vier Stunden täglich und bekamen tausend Dollar im Monat .
    Mitch saß mit Lamar Quin, Oliver Lambert und Royce McKnight zusammen an einem Tisch. Als Hauptgericht gab es vorzügliche Rippchen mit gebratener Okra und geschmortem Kürbis.
    »Heute hat sie sich mit dem Fett zurückgehalten«, bemerkte Mr. Lambert.
    »Es ist köstlich«, sagte Mitch.
    »Ist Ihr Organismus an Fett gewöhnt?«
    »Ja. In Kentucky wird auch so gekocht.«
    »Ich bin 1955 in die Firma eingetreten«, sagte Mr. McKnight,
    »und ich komme aus New Jersey. Aus purem Argwohn habe ich die meisten Südstaaten-Gerichte so weit wie möglich gemieden. Schließlich wird hier alles mit tierischem Fett begossen und darin gebraten. Dann beschließt Mr. Bendini, dieses kleine Café hier zu eröffnen. Er stellt Jessie Frances ein, und in den letzten zwanzig Jahren habe ich ständig Sodbrennen gehabt. Gebratene reife Tomaten, gebratene grüne Tomaten, gebratene Auberginen, gebratene Okra, gebratener Kürbis, alles und jedes gebraten. Eines Tages sagte Victor Milligan ein Wort zuviel. Er stammt aus Connecticut. Und Jessie Frances hatte uns gebratene Dill-Pickles vorgesetzt.
    Können Sie sich das vorstellen? Gebratene Dill-Pickles! Milligan sagte etwas Häßliches zu Roosevelt, und der berichtete es Jessie Frances. Sie kündigte und verließ das Haus durch die Hintertür. Blieb eine Woche lang weg. Roosevelt wollte weiterarbeiten, aber sie behielt ihn zu Hause. Schließlich brachte Mr. Bendini die Sache wieder ins Lot, und sie erklärte sich bereit, wiederzukommen, wenn sich niemand beschwerte.
    Aber sie schränkte auch den Fettgebrauch ein. Ich glaube, wir werden alle zehn Jahre länger leben.«
    »Es schmeckt wunderbar«, sagte Lamar und bestrich ein weiteres Brötchen mit Butter.
    »Es schmeckt immer wunderbar«, setzte Mr. Lambert hinzu, als Roosevelt gerade vorbeiging. »Das Essen ist üppig und macht dick, aber den Lunch versäumen wir selten.«
    Mitch aß vorsichtig, beteiligte sich ein wenig nervös an dem Geplauder und versuchte, einen völlig entspannten Eindruck zu machen. Es war schwierig. Umgeben von überaus erfolgreichen Anwälten, allesamt Millionäre, in ihrem exklusiven, kostbar eingerichteten Speisesaal, war ihm, als befände er sich auf geheiligtem Grund. Lamars Anwesenheit war tröstlich, ebenso die von Roosevelt.
    Als offensichtlich war, daß Mitch nichts mehr zu essen gedachte, wischte sich Oliver Lambert den Mund ab, erhob sich langsam und klopfte mit dem Löffel an sein Teeglas. »Meine Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit«
    Im Raum wurde es still, und die
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